Als VfL-Talent wechselte Eckhard Mitschke Mitte der 50er Jahre ins Ausland. Nach seiner Rückkehr schlug er dank Volkswagen Wurzeln.
Sein größter Fan, da ist Eckhard Mitschke ganz ehrlich, war Ludwig „Pipin“ Lachner eher nicht. Dass er es als Fußballer bis zum Schweizer Erstligaspieler brachte, hatte ein Stück weit aber auch mit dem VfL-Starcoach zu tun. „‘Immer mit links an die Wand schießen!‘“ war seine Ansage. Ich hab’s heute noch genau im Ohr“, erinnert sich Mitschke, der zusätzlich zu seiner Kopfball-, Lauf- und Zweikampfstärke dank des stumpfen, aber gezielten Einzeltrainings irgendwann nahezu beidfüßig war. Doch nicht nur auf dem Platz, auch daneben glänzte der heute 80-Jährige durch Vielseitigkeit.
Nah an den Aufstiegshelden
Handball hatte ihm ursprünglich besser gefallen. Am 1. Januar 1947 trat Mitschke der neuen VfL-Sparte bei, doch kam ihm eine Armverletzung früh in die Quere. Den Kumpels vom Bolzplatz folgte er deshalb zum Fußball. Mitschke, gebürtig aus Petershain in Niederschlesien, war mit 16 schon relativ alt, brachte aber trotzdem genügend Talent mit, um sich über den Nachwuchs schnell zu empfehlen. 1953 zog Lachner ihn hoch. „Mit gestandenen Leuten wie Helmut Bräutigam, Otto Kielich oder Günther Litzenberg zu trainieren, das war schon toll. Auch wenn ich nicht oft zum Zug kam, hat mich das unheimlich weitergebracht.“
Plötzlicher Lockruf aus der Schweiz
Als Stammspieler der Zweiten half der talentierte Außenläufer oft oben aus. Dass der Durchbruch beim VfL ausblieb, lag erstens an der großen Qualität im Kader der Ersten, die es 1954 im vierten Anlauf und damit überreif für den Aufstieg endlich in die Oberliga Nord, die damals höchste Spielklasse, schaffte. Zweitens erhielt Mitschke just zu dieser Zeit ein überraschendes Angebot der Young Fellows Zürich; bei einem Freundschaftsspiel war er den Schweizern aufgefallen. „Ich habe sofort gesagt: Das mache ich. Zumal ich dort auch in meinem Beruf arbeiten konnte.“
Rückkehr zu Volkswagen
Nach sechs Jahren im Werk, wo er sich ab 1949 zum Werkzeugmacher hatte ausbilden lassen, siedelte Mitschke also um. Vier Jahre blieb er als Lizenzspieler in der Schweiz, spielte dort in der ersten und zweiten Liga auch für den FC Sion und Concordia Basel. „Als ich 1959 aus familiären Gründen nach Wolfsburg zurückkam, war mir aber sofort klar, dass ich wieder bei Volkswagen arbeiten möchte. Und ab diesem Moment gehörte meine volle Konzentration dem Beruf. “ Im Presswerk fertigte Mitschke Karosserieteile für beispielsweise Käfer und Golf, war bald Gruppenführer im Schnittbau. Nach einer Weiterbildung zum Techniker wechselte er in die Konstruktion und von dort wiederum in die Planung, wo er bis zum Vorruhestand 1988 als Fertigungsplaner tätig blieb. „Das war genau mein Metier und die Art von Arbeit, die mir gefiel.“
Staunende Gegenspieler
Auch beim VfL knüpfte Mitschke an seine erste Ära wieder an, ließ sich reamateurisieren und spielte noch jahrelang bis zur Alten Herren weiter, gründete und betreute als Nachwuchstrainer 1979 zudem die grün-weißen F-Junioren. Die lebhaftesten Erinnerungen aber stammen aus seiner Wölfe-Zeit Anfang der 50er Jahre. „Ich hatte recht früh meine Haare verloren und trug deshalb im Alltag gern eine Perücke. Da hat mich nach dem Duschen mancher Gegenspieler nicht mehr wiedererkannt“, lacht Mitschke, der auch auf dem Rasen jedoch nicht immer blank trug. „Im Winter habe ich manchmal eine Pudelmütze getragen. Die Geschichte, wie ich sie während des Spiels einmal schnell abzog, um nach einer Flanke zum Kopfball hochzusteigen, verfolgt mich bis heute.“
Veröffentlicht in „Unter Wölfen“ am 19. April 2015. Anmerkung der Redaktion: Eckhard Mitschke ist am 22. August 2021 im Alter von 86 Jahren verstorben.
Bisher erschienene Porträts in „Mein Werk. Mein Verein. Eine Geschichte“: