Geschichte

Talent zur falschen Zeit

Bei Volkswagen gestaltet Gianni Lazzara Preise. Beim VfL empfahl er sich lange vergeblich.

Trainingsszene am Elsterweg 1990. Gian Piero Lazzara ist der Zweite von rechts, in der Mitte steht Trainer Ernst Menzel.

Der aufregendste Moment kam gleich zu Beginn. Am Panzenberg, im Stadion des Bremer SV, rief ihn der Europameister von 1980 zu sich. Beim Spielstand von 1:1 kam Gian Piero Lazzara für Sandro Schmidt ins Spiel und feierte in der 68. Minute im ersten Team des VfL Wolfsburg Premiere. „Ich war mächtig stolz, Horst Hrubesch kannte ich bis dahin ja nur aus dem Fernsehen“, erinnert er sich. Mit seinen 17 Jahren galt der Italiener als ein großes Versprechen für die grün-weiße Zukunft, zumal er in der A-Jugend gerade Tore am Fließband produzierte. Viel höher hinaus allerdings als an diesem März-Samstag der Saison 1989/1990 sollte er bei den Wölfen nie mehr kommen.

In der Zweitliga-Aufstiegsrunde 1991 kam noch ein zweiter und letzter Einsatz hinzu, doch fühlte der sich wesentlich anders an. „Wir waren längst gescheitert. Als ich in Göttingen noch einmal ran durfte, ging es um nichts mehr“, berichtet Lazzara. Warum er den Durchbruch nie schaffte? Ein Stück weit erwischte „Gianni“ den verkehrten Moment. Als einzigen seines Jahrgangs zog ihn Hrubesch zwar hoch, jedoch in eine eingespielte, gestandene und durchaus erfolgreiche Truppe. Der Nachwuchsstürmer empfahl sich, schien ständig auf dem Sprung. Dann aber kam Ernst Menzel, dem wiederum Uwe Erkenbrecher folgte. Beide setzten auf erfahrene Leute. „Das Selbstvertrauen aus dem A-Jugend-Jahr war weg, meine Form von damals habe ich wohl auch nie mehr erreicht“, so Lazzara, der im Winter vor dem VfL-Zweitligaaufstieg zum TSV Wolfsburg wechselte, von dort zum SSV Vorsfelde und Ende 1995 kurz zum VfL zurück. Leise klopfte er aus der Zweiten bei nun Eckhard Krautzun erneut oben an. „Als auch das zu nichts führte, habe ich es sein lassen und mich voll auf den Beruf konzentriert.“

Dass er das bereut hätte, würde Lazzara nicht behaupten. Denn im Werk kam er sehr gut voran. Parallel zum Fußball hatte er ab 1989 Industriemechaniker gelernt, arbeitete dann in verschiedenen Bereichen der Produktion und machte Station als Güteprüfer in der Serieneinsatzvorbereitung. Mit einer Weiterbildung zum Fachwirt bahnte sich der gebürtige Wolfsburger den Weg in die Beschaffung und von dort in den Vertrieb. Seit 2010 grübelt er dort nun über sehr konkreten Zahlen. Als Preisplaner in der Strategischen Planung ist Lazzara verantwortlich für die Preisgestaltung der Passat-Familie. „Eine sehr interessante Arbeit, die komplexer ist, als man erst einmal denkt“, erklärt er. „Man hat mit vielen Leuten zu tun, vergleicht viel und analysiert. Mir macht das sehr großen Spaß.“

Über seine VfL-Zeit sagt Lazzara das, auch wenn seine Karriere nie Fahrt aufnahm, ebenfalls. „Vor allem das A-Jugend-Jahr unter Henk van Meteren hat mir viel gegeben. Das waren schon sehr professionelle Strukturen“, schwärmt der 44-Jährige, der noch immer in der Traditionself der Wölfe spielt und sich auch in der VfL-Fußballschule engagiert. Auch in der ersten Mannschaft kam seinerzeit der Spaß nicht zu kurz. „Ich erinnere mich an ein Winter-Trainingslager in Barcelona, in dem so viel schiefgelaufen ist, dass man es eigentlich keinem erzählen darf“, lacht er. „Weil es keine Rasenplätze gab, haben wir Fußballtennis am Strand gespielt und unterm Strich wohl mehr gefeiert als trainiert. Aber was soll man sagen: Am Ende der Saison standen wir als Meister in der Aufstiegsrunde.“

Veröffentlicht in „Unter Wölfen“ am 21. Januar 2017.