Geschichte

Flanken und Feinblech

In über 200 Spielen stand Allrounder Siegfried Schanda für den VfL seinen Mann. Vielseitig einsetzbar ist er bis heute auch im Werk.

Siegfried Schanda.

Manchmal ist die intensivste Erinnerung nicht unbedingt auch die schönste. „Es war das letzte Heimspiel der Saison 1979/1980. Mit einem Sieg über Göttingen wären wir durch gewesen“, blickt Siegfried Schanda zurück. Statt die Aufstiegsrunde zu buchen, unterlag der VfL mit 1:2, verdaddelte auch die letzte Partie bei Barmbek-Uhlenhorst und schaffte in der Endabrechnung doch nur Rang drei. Vergebens damit die bärenstarke Aufholjagd in der Rückserie. Schandas Traum, mit den Grün-Weißen in der 2. Liga zu spielen: zerplatzt. Vor allem die Routine war es, die für den großen Wurf am Ende fehlte. „Im Verein wurde stark auf den Nachwuchs gesetzt. Unsere Jugendarbeit hatte auch große Qualität, doch für den Aufstieg waren die jungen Spieler einfach noch nicht weit genug“, erklärt Schanda, der seinem Ziel nie mehr so nah kommen sollte wie in dieser Saison.

Durchbruch unter Kemmer

Schanda lächelt in die Kamera. Wovon er redet, weiß Schanda genau. Bereits ab der B-Jugend schnürte er für die Grün-Weißen die Stiefel. Im WM-Jahr 1974, die Wölfe zählten gerade zu den Gründungsmitgliedern der nagelneuen 2. Liga, stand der gebürtige Wolfsburger bereits auf dem Sprung ins erste Team. Als jedoch Cheftrainer Imre Farkaszinski ausgetauscht wurde, fiel die Tür wieder zu. Für vier Jahre wechselte Schanda daraufhin zum Stadtnachbarn TSV – dann lotste ein anderes VfL-Urgestein ihn wieder zurück. „Wilfried Kemmer war mein großer Förderer. Er gab mir die Chance, mich zu zeigen und hat immer auf mich gesetzt.“ Kemmer war eigentlich Trainer der Zweiten, wo er um Schanda herum ein schlagkräftiges Team aufbauen wollte. Als die ehemalige VfL-Torfabrik dann aber Henk van Meteren als Coach der ersten Mannschaft ablöste, war auch Schanda, dessen Neffe Jan Schander später für die Wöfe in der Bundesliga spielen sollte, endlich mittendrin. Mit großer Laufstärke, starkem Zweikampfverhalten und präzisen Flanken zahlte dieser das Vertrauen zurück. In Kemmers Konzept hatte der Linksfuß stets einen Platz, überzeugte zudem mit Flexibilität. „Angefangen habe ich als Linksaußen, später bin ich dann aber immer weiter nach hinten gerückt.“ Ein verzögerter Durchbruch also, doch umso länger blieb Schanda für die Wölfe am Ball: Neun Jahre kamen im VfL-Trikot zusammen. In 223 Spielen traf er 17 Mal ins Netz.

Ursprünglich Kaminbauer

Noch etwas geradliniger Verlief die Laufbahn im Werk. Im Juni 1976 begann er in der Abteilung Galvanik in Halle 3. Drei Jahre später wechselte Schanda, der eigentlich Kaminbauer gelernt hatte, zu den Feinblechnern in die Forschung und Entwicklung. Vom Golf über den Passat bis zum Tiguan – an allen Neuentwicklungen des Konzerns war er auf diese Weise beteiligt. Und erlebte, wie sich das Berufsbild immer weiter modernisierte. „Früher haben wir alles per Hand mit Hammer und Kunststoff-Stemmern gemacht. Inzwischen ist die Arbeit wesentlich leichter geworden“, so der 58-Jährige. Auch seine Berufsbezeichnung veränderte sich, heute wird Schanda beim Autobauer als Kommunikationsmechaniker geführt. Mit seiner beruflichen Laufbahn ist er hochzufrieden. „Volkswagen war und ist für mich ein guter und sicherer Arbeitgeber“, betont Schanda, der noch bis 1987 für die Grün-Weißen spielte und trotz verpassten Aufstiegs auch hier ein positives Fazit zieht. „Die Jahre beim VfL waren meine fußballerisch schönste Zeit. Ich möchte sie absolut nicht missen.“

Veröffentlicht in „Unter Wölfen“ am 9. November 2014.