Eine seiner Lieblings-VfL-Geschichten ist die vom Spiel ohne Trainer: Als die Wölfe in der Amateur-Oberliga Niedersachsen Ost einmal bei der SpVgg Preußen 07 Hameln gastierten, war Coach Georg Reichert nicht auffindbar. „Da hat einfach jeder ein Trikot aus dem Koffer genommen und gespielt, was er wollte. Wir haben sang- und klanglos mit 0:6 verloren“, lacht Josef Heil. „Trotzdem ist es eine riesige Gaudi gewesen.“ Und wo war der vermisste Reichert nun geblieben? Den traf man nach Heils Erinnerung hinterher in der VfL-Vereinsgaststätte wieder. „Das war ihm natürlich sehr unangenehm. Er hatte wohl angenommen, dass wir zu Hause spielen würden.“
Brief von den Wölfen
Mit seinem Trainer, die Anekdote deutet es an, kam er nicht immer gut klar. Aus seiner Zeit im VfL-Trikot berichtet Heil aber ganz bewusst mit einem Augenzwinkern. Denn nicht nur sportlich waren es für ihn Jahre der Improvisation; sich neuen Lebenslagen anzupassen, das war er ohnehin gewohnt. Seine Kindheit und Jugend verbrachte Heil – geboren in Fünfkirchen, dem heutigen Pecs – in Ungarn. Auf der Flucht vor den politischen Unruhen in seiner Heimat landete er Ende der 50er Jahre in Essen. „Durch Zufall bin ich dann zu Rot-Weiss Essen gekommen. Weil ich als Flüchtling gesperrt war, habe ich ein halbes Jahr mit falschem Pass in der Reserve gespielt.“ Über Essen ging es weiter nach Detmold. Heil, in der Jugend schon als Großtalent aufgefallen, begann eine Maurerlehre und spielte in der obersten Amateurliga für den örtlichen TSV. Dann kam überraschende Post. „Der VfL Wolfsburg fragte an, ob ich einmal vorbeischauen möchte. Nach dem Oberliga-Abstieg suchte man Leute. Da ich ohnehin Deutschland besser kennenlernen wollte, habe ich gern zugesagt.“
Aus Versehen Wurzeln geschlagen
Ein paar Jahre bleiben und dann weiter in den Süden zu seiner Verwandtschaft ziehen, so Heils Plan. Dass er bis heute blieb, lag an seinem Arbeitgeber. „Wolfsburg war eine aufstrebende Stadt. Was ich im Werk gefunden habe, die Sicherheit und die soziale Anbindung, das war einmalig in der Welt.“ Fast 30 Jahre arbeitete Heil als Betriebsmaurer bei Volkswagen, kümmerte sich überall auf dem Gelände um Reparaturen, ehe ein Dienstunfall ihn zwang, etwas kürzerzutreten. Bis zum Ruhestand 1990 arbeitete Heil im Postbüro der BKK – und wandte sich anschließend vollumfänglich seiner großen Leidenshaft zu. „Mit dem Malen habe ich ganz bewusst erst nach dem Fußball losgelegt. Sonst hätte es noch geheißen „Sieh mal an, da kommt unser Picasso“, lacht der 79-Jährige, der seine vielfältigen Acryl- und Aquarellwerke regelmäßig in Ausstellungen präsentiert.