Geschichte

Dicke Boxen im Bus

Thorsten Kohn kam schon als Bundesligaspieler nach Wolfsburg. Einer seiner größten Fußballermomente war dennoch der Zweitligaaufstieg mit dem VfL.

Sich auf engem Raum durchzusetzen, das hatte er früh gelernt. Denn Thorsten Kohn wohnte zu Hamburger Zeiten unter anderem mit seinem späteren VfL-Mitspieler Holger Ballwanz in einer Dreier-WG. „Da ist es natürlich ziemlich lustig zugegangen“, erinnert sich Kohn, der nicht nur dem heutigen VfL-Fanbeauftragten Ballwanz, sondern auch Detlev Dammeier den Wechsel vom HSV nach Wolfsburg vormachen sollte. Im Sommer 1991 kam er zu den Grün-Weißen und heuerte am Mittellandkanal damit in einer der spannendsten Phasen der Vereinshistorie an. Bis 1993 blieb er beim Verein. „Diese zwei Jahre am Elsterweg, mit dem Einzug in den Profifußball als Krönung, waren wirklich überragend.“

Den einzigen Treffer vergessen

Eigentlich stammt Kohn weder von Alster noch Aller, sondern ist waschechter Berliner. Den Spitznamen „Icke“ brachte er daher schon mit. Ebenso wie eine Erfahrung, die die wenigsten im VfL-Team von Uwe Erkenbrecher vorweisen konnten. Denn für die Hanseaten, für die er ansonsten in der Zweiten spielte, hatte Kohn genau ein Bundesligaspiel absolviert: Im März 1990 stand er im Nordderby im Bremer Weserstadion, das die Rothosen 1:2 verloren, eine Halbzeit lang auf dem Platz. Eingefädelt hatte den VfL-Transfer noch Ernst Menzel, in die Spielidee seiner Nachfolger Erkenbrecher und Eckhard Krautzun passte der technisch versierte Linksverteidiger aber genauso. „Es lief gut für mich beim VfL, im ersten Jahr habe ich alle Spiele gemacht“, erinnert sich Kohn, der in zwei Saisons auf 60 Einsätze kam – und genau einen Treffer. „Zu Hause gegen Herzlake muss das gewesen sein. Vor Augen habe ich das Tor aber nicht, da sind andere Erinnerungen viel intensiver.“

Plagges Kassetten als Heißmacher

Denn wie für alle Wölfe dieser Zeit blieb der Sommer des Durchbruchs 1992 unvergesslich. Seit 15 Jahren hatte der VfL in der Oberliga festgehangen, war schon zweimal in der Aufstiegsrunde gescheitert. Dass es diesmal klappen würde, schien nicht wahrscheinlich. „Wir waren reine Amateure und unsere Gegner durch die Bank Profis. Zum Glück haben sie uns aber wohl unterschätzt“, sagt Kohn, für den speziell die Duelle mit seinen Heimatstadtklubs Dynamo und dem FC Berlin besondere waren. Den grün-weißen Aufstieg in die Zweitklassigkeit zählt er zu den Höhepunkten seiner Karriere. „Auch im Zweitligajahr, das dann folgte, haben wir mit dem Klassenerhalt eine Riesenleistung gebracht. Aber die Aufstiegsrunde ragt klar heraus“, so der 50-Jährige. Schon auf den Hinfahrten im Bus, erinnert er sich, schwor sich die VfL-Elf um Heiner Pahl, Michael Geiger, Uwe Otto und Olaf Ansorge auf ihre Gegner ein. „Wir hatten einen riesigen Ghettoblaster und sind zu Musik von Frank Plagges Kassetten durch die Gänge getobt“, lacht er. „Danach waren wir zu allem bereit“.

Langjähriger VfL-Nachwuchscoach

Das Vollprofitum erlebte Kohn beim VfL nicht mehr mit, stattdessen setzte er seinen hauptberuflichen Weg kontinuierlich bis heute fort. Als gelernter Versicherungskaufmann begann er 1991 beim Volkswagen Versicherungsdienst (VVD), der zur Jahrtausendwende Teil der Volkswagen Bank wurde. Im Braunschweiger Mutterhaus sitzt Kohn seitdem bei der Financial Services im Büro und arbeitet in einem Team von rund zehn Kollegen als Sachbearbeiter rund um die Autoversicherung. Händler im Vertrieb zu unterstützen und zu Versicherungsverträgen zu beraten, darin liegt seine Hauptverantwortlichkeit. „Wenn ich nicht hochzufrieden wäre, dann würde ich diesen Job nicht schon seit 25 Jahren machen. Diese Arbeit ist absolut das Richtige für mich“, sagt Kohn, der nach seiner VfL-Zeit noch für den 1. FC Magdeburg und Eintracht Braunschweig spielte und ab 2003 für zwölf Jahre als grün-weißer Nachwuchstrainer arbeitete.

Veröffentlicht in „Unter Wölfen“ am 3. Dezember 2016.


Bisher erschienene Porträts in „Mein Werk. Mein Verein. Eine Geschichte“:

 

Hans-Georg Addicks

Wilfried Ahnefeld

Peter Ament

Uwe Beese

Rainer Behrends

Hermann-Dieter Bellut

Günther Blech

Helmut Bräutigam

Karl-Heinz Borutta

Holger Busse

Karl-Heinz Dickkopf

Werner Eichhorn

 

Ingo Eismann

Rudi Engelhardt

Hans-Georg Felleckner

Fred Fensch

Heinz Fischer

Marian Foitzik

Ingo Friedrichs

Uwe Funke

Guido Gehrmann

Dirk Geger

Michael Geiger

Willi Giesemann

Friedhelm Goertner

 

Dieter Gresens

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Udo Hoffmann

Jörg Hoßbach

Bernd Idziak

Waldemar Josef

Klaus Jura

 

Ralf Kammel

Burkhard Kick

Ralf Kirchoff

Friedhelm Klein

Georg Klitzke

Heinz Knopp

Dietmar Koch

Thorsten Kohn

Gerd Kuhlmeyer

Dieter Kulhanek

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Günther Litzenberg

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Frank Ockert

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Heinrich Pawlitzki

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Gerald Schröder

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Ditmar Schwarzenbart

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Manfred Wuttich

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