Es gibt wenige Menschen, die man am Mittellandkanal niemandem vorstellen muss. Dieser Mann zählt ohne Frage dazu: Siegfried, genannt „Siggi“, Reich war in den 80er Jahren der spannendste Wolfsburger Fußballexport. Gladbach, Dortmund, Bielefeld und Hannover hießen in der Bundesliga seine Stationen. Er stellte Rekorde auf, holte sich Torjägerkronen, schoss für die Roten gar ein „Tor des Monats“. Trotz seiner 176 Erstligaspiele mit 65 Treffern für andere Klubs brachte er es aber obendrein noch fertig, zu einem Idol des VfL Wolfsburg zu werden: Weil er im Herbst seiner Laufbahn zurückkam, um die Wölfe in den Profifußball zu führen. „Eigentlich wollte ich nur noch zwei Saisons spielen“, sagt er. „Stattdessen hatte ich beim VfL aber noch fünf überragende Jahre.“
Kurzer Weg zum VfL-Stadion
Dort, wo Reich seine Karriere schließlich krönte, fing alles auch an. Im Kiebitzweg, keine 500 Meter vom Elsterweg entfernt, wuchs er auf. Der Weg zu den Wölfen lag buchstäblich nah. „Ein Klassenkamerad fragte, ob ich mit zum Training kommen will. In der vierten D-Jugend ging es dann beim VfL für mich los.“ Mit Ausnahme zweier B-Jugend-Jahre im Trikot des Stadtrivalen 1. FC spielte Reich die komplette Jugend in Grün-Weiß. Seine weitere Vita lässt vermuten, dass er anschließend bald zu gut wurde, um gehalten werden zu können. „Ehrlich gesagt habe ich nach der A-Jugend zuerst aber in der Zweiten gespielt. Imre Farkaszinski stand nicht so auf mich.“ Erst unter Wilfried Kemmer legte Reich richtig los, gemeinsam mit Sturmpartner Klaus-Dieter Schäfer schoss er zwischen 1979 und 1981 VfL-Tore um die Wette, was die Fohlen auf den Plan rief. Nach einer Woche Probetraining am Niederrhein ging es unter Jupp Heynckes für Reich in der Bundesliga los.
Spuren auch im Werk hinterlassen
Für seine elfjährige Profikarriere unterbrach der Torjäger auch seine Laufbahn im Werk. Seit 1977 hatte er bei Volkswagen als Werkstoffprüfer gearbeitet. Ursprünglich war Reich gelernter Gas- und Wasserinstallateur. Mit seiner Rückkehr zum Autobauer 1991 begann er aber in einem ganz anderen Bereich. Nach internen Schulungen fand er seinen Platz in der Abteilung Finanz, genauer gesagt der Systemanalyse. Als Programmierer saß er an Großrechnern, kümmerte sich um Themen wie Zoll und Debitoren. „Das war ein interessanter Bürojob, der mir Freude gemacht hat. Hätte es mit dem Sporthaus nicht funktioniert, dann hätte ich sicher bei Volkswagen meine Zukunft gesehen“, sagt der 58-Jährige, der mit dem Zweitligaaufstieg 1992 ohnehin beruflich bald kürzertrat und ein paar Monate später ganz ausschied. Denn beim VfL Wolfsburg begann nun das Zeitalter des Profifußballs.