Normalerweise wäre es „der schöne Hansi“ gewesen. Weil sich der Star des VfB Stuttgart beim Aufwärmen aber verletzte, bekam es Reiner Tafat im Pokalkracher gegen die Schwaben statt mit Hansi Müller mit Roland Hattenberger zu tun. Ein 0:3 besiegelte in der Saison 1979/1980 gegen den Europacupstarter letztlich das erwartbare VfL-Erstrunden-Aus. Vom Zwei-Klassen-Unterschied ließen die Wölfe dabei eigentlich gar nichts erkennen. „So klar, wie das Ergebnis es aussagte, waren die Verhältnisse nicht. Bis kurz vor Schluss stand es noch 0:1, wir waren wirklich nah dran“, erinnert sich Tafat, der zwischen 1978 und 1982 über 100 Mal in der Amateur-Oberliga Nord für Grün-Weiß auf dem Platz stand. Im Team der Volkswagen Service Factory löst er heute Datenprobleme.
Dienst zu Zeiten der Rohrpost
Im Februar 1979 fing der gelernte Starkstromelektriker bei Volkswagen an. „Damals hieß es noch Fernmeldeabteilung. Die Bezeichnung und meine Zuständigkeiten haben sich aber mehrfach geändert.“ In der Tat: Als Tafat, geboren in Münstedt, seinen Dienst antrat, verlief durchs ganze Haus noch ein gigantisches Rohrpostsystem. Seinerzeit, so hieß es, das zweitgrößte der Welt. Der VfL-Spieler reparierte anfangs Telefone, passte sich dem technischen Fortschritt aber stets handwerklich an. Im Team Netzwerk Support kümmert er sich heute um alle denkbaren Datenverbindungen. Und das nicht nur im Mutterhaus, sondern für alle Volkswagen Standorte in der Region. Wenn es Probleme mit dem Drucker, am PC oder auch im Intranet gibt, rückt Tafat aus und findet Lösungen. „Das macht mir wirklich Spaß. Zumal es Arbeit ist, die ich von der Pike auf gelernt habe“, sagt der 59-Jährige. „Für mich ist es ein großes Glück, dass ich damals bei Volkswagen untergekommen bin.“
Gegen Klaus Allofs und Pierre Littbarski gespielt
Zu danken hat er seinen beruflichen Werdegang indirekt dem fußballerischen Talent. Mit acht Jahren hatte Tafat beim örtlichen TSV Münstedt begonnen, war über Arminia Vöhrum dann zum VfB Peine gewechselt, mit dem es Ende der Siebziger fast zum Aufstieg in die Oberliga reichte. Von dort meldete sich statt dessen der VfL Wolfsburg, namentlich Fredi Rotermund, der den Wölfen einen laufstarken, disziplinierten, auch torgefährlichen und lernwilligen Sechser an Land zog. „Peter Ament, Edgar Nobs, Manni Mattes – von den gestandenen Spielern habe ich mir unheimlich viel abschauen können. Beim VfL hatte ich eine wunderbare Zeit“, schwärmt Tafat, der die grün-weißen Farben auch in der Niedersachsenauswahl vertrat. In einem Freundschaftsspiel gegen die das deutsche U21- Nationalteam traf er dort einmal auf Größen wie Klaus Allofs, Pierre Littbarski und Eike Immel.
Braungebrannt zum Training
Das große Ziel, die Rückkehr in Liga zwei, erreichten die Wölfe in seiner Amtszeit zwar nicht. In einem Oberliga-Spitzenteam, das schon mal 8.000 Zuschauer an den Elsterweg lockte, war Tafat abzüglich einiger Verletzungspausen jedoch meistens gesetzt. Und das obwohl sein Einstieg im Sommer 1978 reichlich ungemütlich verlief. „Als mein Wechsel zum VfL schon feststand, bin ich trotzdem wie geplant noch nach Lloret den Mar in den Urlaub gefahren. Das war vielleicht etwas naiv, zumal dort nicht nur Erholung auf dem Programm stand“, lacht Reiner Tafat, der anschließend braungebrannt, aber nicht im besten Fitnesszustand Imre Farkaszinski zum Trainingsauftakt unter die Augen trat. „Diese Einheit werde ich nie vergessen. Ich konnte anschließend tagelang nicht richtig laufen.“
Veröffentlicht in „Unter Wölfen“ am 15. März 2015. Anmerkung der Redaktion: Reiner Tafat ist am 28. Januar 2018 im Alter von 62 Jahren verstorben.