Geschichte

Der rote Kuhli

Bei Volkswagen gehörte Gerd Kuhlmeyer zum Oberen Managementkreis. Einen Namen machte er sich aber auch als VfL-Libero.

Ehemaliger VfL-Wolfsburg-Spieler Kuhlmeyer im Spiel.

Ohne Frage: Seine Laufbahn im Werk war die noch größere. Fast drei Dekaden lang lief keine Tarifrunde der Volkswagen AG ohne ihn ab. Er war es, der als Abteilungsleiter für Arbeitsrecht und Tarifstrategie im Hintergrund die Fäden zog, verhandelte, prüfte und Sorge sowie Verantwortung trug für fachlich und rechtlich saubere Abschlüsse. Als 2009 seine heute noch andauernde Altersteilzeit begann, hatte Gerd Kuhlmeyer nicht nur Personalverantwortung für rund 40 Personen. Er war auch Leitender Angestellter und zählte zum Oberen Managementkreis. „Der Aufwand war speziell in den letzten Jahren schon ziemlich groß. Aber es ist ein gutes Gefühl, wenn man merkt, dass die eigene Arbeit Früchte trägt“, sagt der 61-Jährige. Im Reinen ist er mit seiner Karriere aber nicht nur, weil er es im Haus weit gebracht hat: „Volkswagen ist ein toller Arbeitgeber. Zu dieser Familie zu gehören, macht mich schon stolz.“

Zweigleisige Karriereplanung

Gerd Kuhlmeyer stammt aus Wittingen. Nach dem Abitur nahm er ein Jurastudium in Göttingen auf, es folgte ein Referendariat im Oberlandesgerichtsbezirk Braunschweig, ehe er 1980 im Zentralen Tarifwesen bei Volkswagen begann. Eine beachtliche Zweitkarriere würde man an dieser Stelle nicht auch noch vermuten. Doch tatsächlich hatte Kuhlmeyer bis hierhin jahrelang auf hohem Niveau die Stiefel geschnürt – darunter sechs Spielzeiten für den VfL Wolfsburg. „Meine Ausbildung war mir immer wesentlich wichtiger gewesen. Andererseits wollte ich mir die Chance nicht verbauen, es vielleicht doch als Fußballer zu schaffen.“

Schießbude des Unterhauses

Von der D-Jugend bis in den Herrenbereich spielte Kuhlmeyer in Wittingen, empfahl sich früh für höhere Auswahlen bis hin zur Schülernationalmannschaft. Einem Jahr in der Reserve der Offenbacher Kickers folgte 1972 der Wechsel nach Braunschweig, wo der Defensivspieler etliche Einsätze in der ersten Mannschaft verbuchte und zur Saison 1974/1975 gar im offiziellen Aufgebot zur Bundesliga stand. Zwei Jahre später holte Paul Kietzmann ihn zum VfL, der gerade wieder in die 2. Liga zurückgekehrt war. Als Nachfolger von Libero Toni Matz sollte Kuhlmeyer helfen, die Grün-Weißen diesmal in der Liga zu halten. Ein Unterfangen, das beinahe hoffnungslos war. „Nicht nur Matz, auch andere wichtige Leute wie Wölfi Krause waren gerade gegangen. Für Zweitligafußball reichte die Qualität des Teams einfach nicht aus.“ Mit 119 Gegentoren wurden die Wölfe wieder aussortiert. Eine gute Zeit hatte „Kuhli“, wie Mitspieler und Schulfreund Manfred Mattes ihn taufte, in Wolfsburg aber dennoch. „Speziell zu Anfang lief es für mich richtig gut. Da war ich als Abwehrchef gesetzt und verpasste mit Ausnahme einer vierwöchigen Rotsperre kaum ein Spiel.“

Klar mit der Hand am Ball

Dem Abstieg folgten unruhige Jahre. Auch für Kuhlmeyer, der eine komplette Saison in der Reserve verbrachte, für seine letzte VfL-Spielzeit von Trainer Wilfried Kemmer aber wieder in die Erste zurückgeholt wurde. Um sich dort nach genau 100 Pflichtspielen schließlich einen großen Abgang zu gönnen. „Es war der vorletzte Spieltag, ein Heimspiel gegen den 1. SC Göttingen. In der ersten Halbzeit gelang mir noch ein sehr schönes Tor, was wirklich nicht häufig passierte. Als später dann mein Gegenspieler nach einem vermeintlichen Foul simulierte, habe ich ihn vor Wut mit dem Ball beworfen und dafür Rot gesehen“, schmunzelt Gerd Kuhlmeyer, der in seiner letztmöglichen VfL-Partie somit rotgesperrt ausfiel.

Veröffentlicht in „Unter Wölfen“ am 8. März 2014.