Geschichte

Fritz Walter holte sich ein Nein ab

Mit dem VfL erlebte Walter Richter den einzigen Abstieg aus der Erstklassigkeit. Im Werk war er morgens einer der Ersten.

Einen sogenannten Nord-Cup als Füller der Sommerpause gab es auch mal in Norddeutschland: Walter Richter (rechts) gewann 1958 das Finale mit dem VfL gegen Bremerhaven 93 mit 2:1.

Die innere Uhr hat inzwischen ausgedient, doch lange genug war auf sie Verlass. „Ich bin 40 Jahre lang jeden Tag um 5 Uhr aufgestanden – ohne Wecker“, sagt Walter Richter. Als Verlagskaufmann im Vertrieb Inland machte er sich gern früh an die Arbeit. „Ich mochte es, den Kollegen alles schon vorzubereiten. Morgens hatte ich dafür die nötige Ruhe.“ Noch in Hannover hatte Richter seinen Beruf erlernt. Durch den Fußball kam er 1957 ins Werk, für Volkswagen war er viel auf Messen unterwegs, organisierte Veranstaltungen für Händler und kümmerte sich um die hauseigene Werbung. Sein Berufsleben beschreibt er als erfüllte Zeit, bis zum Ruhestand blieb Richter dem Autobauer treu. Das war wohlgemerkt vor gut 30 Jahren.

Lieber Wolf als Teufel

Denn Richter zählt zu den ältesten VfL-Spielern, die es noch gibt. Dabei war er schon 29, als er überhaupt am Elsterweg anfing. Von seinem Jugendklub Linden 07, wo er gemeinsam mit dem späteren Weltmeister Jupp Posipal spielte, war er zu Arminia Hannover gekommen. Dass er nach deren Abstieg im direkten Duell ausgerechnet nach Wolfsburg ging, nahm man ihm in seiner Heimatstadt übel. Mehrfach bemühte sich auch Kaiserslautern um den Linksverteidiger, Fritz Walter persönlich kam zu ihm nach Hause, um ihn zu überzeugen. „Ich wollte aber nicht in die Pfalz, sondern lieber in der Region bleiben. Das hatte natürlich auch mit Volkswagen zu tun“, erklärt der 88-Jährige, der bei den Grün-Weißen unter zwei Trainerfüchsen trainierte: zuerst Walter Risse, dann Imre Farkaszinski, seinerzeit noch ganz am Anfang seines VfL-Dauerengagements.

Den letzten Erstligaabstieg erlebt

Die späten 50er waren im sportbegeisterten Wolfsburg eine besondere Zeit. Zwar stemmte sich Richter mit den Wölfen permanent gegen den Abstieg, das aber in der höchstmöglichen Liga. 1954 hatten es die Grün-Weißen im vierten Anlauf in die Oberliga geschafft und damit die ganze Stadt elektrisiert. Mit Günther Litzenberg, Helmut Englert und Torwart Helmut Bräutigam, mit dem er sich bis heute gut versteht, mischten bei Richters Ankunft noch einige Aufstiegshelden mit, doch ließen sich weder das Niveau noch die Euphorie der Pionierzeit dauerhaft halten. „Es war eine starke Mannschaft, aber für die erste Liga hat es zum Schluss nicht mehr gereicht.“ Am Ende der Saison 1958/1959, seiner zweiten am Elsterweg, musste Richter deshalb erleben, was seither keiner zweiten Spielergeneration beim VfL Wolfsburg widerfahren ist: den Abstieg aus der Erstklassigkeit.

Zum Elfmeter verdonnert

Mit rassigen Duellen wie jenen gegen HSV-Idol Uwe Seeler oder Willi Schröder, einer Werder-Ikone der 50er Jahre, war es nun vorbei. Der beidfüßige Linksverteidiger Richter, zu seinen besten Zeiten der Schnellste im VfL-Team, zog sich bald vom Rasen zurück, übernahm aber noch etliche andere Funktionen im Verein. Bis in die 70er kümmerte er sich um die Pressearbeit aller grün-weißen Sportler, eine Zeitlang übernahm er auch die Rolle des Stadionsprechers. Wenn er zurückblickt, kann er immer noch Mannschaftsarzt Willi Wolf vor sich sehen, wie er oft hektisch an der Seitenlinie wirbelte. Und sich manchmal sogar aktiv ins Spielgeschehen einmischte. „Am Elsterweg bekamen wir mal einen Elfmeter. Das Spiel stand auf der Kippe, es ging um sehr viel. Als niemand schießen wollte, kam Wolf angerannt und hat mich an den Punkt geschickt“, erinnert sich Richter. „Gegen wen es ging, das weiß ich leider nicht mehr. Zum Glück habe ich aber verwandelt.“    

Veröffentlicht in „Unter Wölfen“ am 10. September 2016. Anmerkung der Redaktion: Walter Richter ist am 22. Februar 2017 im Alter von 88 Jahren verstorben.


Bisher erschienene Porträts in „Mein Werk. Mein Verein. Eine Geschichte“:

 

Hans-Georg Addicks

Wilfried Ahnefeld

Peter Ament

Uwe Beese

Rainer Behrends

Hermann-Dieter Bellut

Peter Bengsch

Günther Blech

Helmut Bräutigam

Karl-Heinz Borutta

Holger Busse

Karl-Heinz Dickkopf

 

Werner Eichhorn

Ingo Eismann

Rudi Engelhardt

Patrick Evers

Hans-Georg Felleckner

Fred Fensch

Heinz Fischer

Marian Foitzik

Ingo Friedrichs

Uwe Funke

Guido Gehrmann

Dirk Geger

 

Michael Geiger

Willi Giesemann

Friedhelm Goertner

Dieter Gresens

Rainer Groß

Dieter Grünsch

Waldemar Gust

Joschi Heil

Heinz Herrmann

Udo Hoffmann

Jörg Hoßbach

Bernd Idziak

 

Waldemar Josef

Klaus Jura

Ralf Kammel

Burkhard Kick

Ralf Kirchoff

Friedhelm Klein

Georg Klitzke

Heinz Knopp

Dietmar Koch

Thorsten Kohn

Gerd Kuhlmeyer

Dieter Kulhanek

 

Bernhard Kulla

Markus Kullig

Wolf-Rüdiger Krause

Gianni Lazzara

Günter Leich

Günther Litzenberg

Hans Lübbers

Michael Maaß

Willi Marx

Edwin Meyer

Jürgen Mosert

Rüdiger Niehs

 

Edgar Nobs

Frank Ockert

Helmuth Oschmann

Siegfried Otte

Günter Otto

Uwe Otto

Heiner Pahl

Heinrich Pawlitzki

Geoffrey Payne

Richard Perzak

Uwe Piep

Frank Plagge

 

Lothar Pospich

Wilfried Reckel

Siggi Reich

Horst Reichelt

Walter Richter

Fredi Rotermund

Schalke-Familie

Jan Schanda

Siegfried Schanda

Klaus-Dieter Schäfer

Ralf Schmidt

Sandro Schmidt

Gerhard Schrader

Gerald Schröder

 

Dittmar Schönbeck

Ditmar Schwarzenbart

Volker Schwentner

Wolfgang Simon

Jürgen Speh

Ralph Speh

Wolfgang Staats

Gerold Steindor

Karsten Stephan

Reiner Tafat

Carlos Ferreira Tavares

Uwe Tietje

Ulrich Thorke

 

Thomas Tuster

Dieter Thun

Lothar Ullrich

Silviu Vuia

Wolfgang Wallek

Joachim Wawrzik

Eckhard Mitschke

Hans-Joachim Weigel

Ralf Wilhelm

Dieter Winter

Werner Wischniowsky

Uwe Wiswe

Manfred Wuttich

Dirk Zehnpfund