Wenn er ein Spiel herauspicken müsste, dann wäre es Meppen. „Wir haben 7:1 gewonnen, und mir sind zwei Tore gelungen. Das war wohl meine persönliche Sternstunde“, sagt Uwe Wiswe, „zumal ich dadurch, anders als geplant, noch ein Jahr in der Ersten weiterspielen durfte.“ Das VfL-Eigengewächs galt seinerzeit als großes Versprechen für die Zukunft. Mit der Empfehlung von 37 Saisontoren für die A-Junioren rückte der Angreifer auf, zählte ab der Spielzeit 1980/1981 fest zum Kader des Teams von Wilfried Kemmer. Der Moment allerdings, den er erwischte für diesen ersehnten Schritt, sollte ein denkbar ungünstiger sein.
Snickers in der Pause
Die Wartezeit versüßt
Im Sturm nämlich hatte der Oberligist keine Probleme, zumindest die erste Reihe war hochkarätig besetzt. „Mit Siggi Reich und Klaus-Dieter Schäfer hatte ich zwei echte Raketen vor mir. Da kam ich natürlich nicht vorbei.“ Wiswe, der erst mit 15 Jahren zum Fußball gekommen war, blieb nur die Rolle des Jokers. Fünf bis zehn Minuten, länger kam er selten zum Zug. Seine Wartezeit auf der Ersatzbank war er bald so gewohnt, dass er sich Rituale schuf. „Damals konnte man in der Pause noch heimlich Schokolade essen. Deshalb hatte ich beim Warmmachen immer ein Snickers dabei.“ Auf Dauer war er sich für diese Rolle jedoch zu schade. Nach einiger Zeit wechselte er in die Zweite, wo er auf Jahre hinaus zu einer Korsettstange der Mannschaft wurde. Obwohl umfunktioniert zum Außenverteidiger, markierte Wiswe unter Manfred Mattes regelmäßig zehn bis 15 Treffer pro Saison.
Mit Freude am Werk
Dem VfL den Rücken zu kehren, das war allein schon wegen Volkswagen niemals ein Thema. Bereits im Werk ließ sich der gebürtige Wolfsburger ab 1977 zum Industriekaufmann ausbilden. Nach der Bundeswehr begann Wiswe als Sachbearbeiter im Vertrieb, anschließend kümmerte er sich für elf Jahre um den Verkauf an Werksangehörige. Seinen heutigen Job in der Volumenplanung, inzwischen als Unterabteilungsleiter, macht er seit 1996. Und das ausgesprochen gern. „Grob gesagt geht es um Planungen etwa von Motoren, Getrieben oder Ausstattungen für Fahrzeuge, die es noch gar nicht gibt. Das ist eine Arbeit, die mir riesigen Spaß macht und für die ich sehr dankbar bin“, schwärmt der 54-Jährige. „Ganz sicher gibt es unzählige Menschen, die einen solchen Job gerne hätten.“
Noch zweimal oben vorgespielt
Bis in die frühen 90er spielte Wiswe mit kurzer Unterbrechung noch für Grün-Weiß. Zweimal wurde eine Rückkehr in die Oberliga-Mannschaft wieder zum Thema. Mehr als ein Aushilfseinsatz unter Wölfi Krause und ein Probetraining vier Jahre später unter Horst Hrubesch kamen aber nicht dabei heraus. „Am Ende lag es sicherlich auch an mir selbst. Mit 29 Jahren wollte ich mir das nicht mehr antun.“ Trotzdem Wiswe mit seiner VfL-Zeit absolut zufrieden. In der Zweiten habe ich immer gern gespielt und viel Spaß dabei gehabt“, betont er und lacht. „Außerdem saß ich in bestimmt 50 Spielen beim ersten Team auf der Bank. Wer kann das schon von sich behaupten?“
Veröffentlicht in „Unter Wölfen“ am 31. Oktober 2015.
Bisher erschienene Porträts in „Mein Werk. Mein Verein. Eine Geschichte“:
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