Geschichte

Pawel und der Pritschen­wagen

Beim VfL bearbeitete Heinrich Pawlitzki die rechte Seite. Im Werk kannte er jede Ecke.

Als die Bundesliga 1963 ihren Betrieb aufnahm, tat sie das noch ohne den VfL. Begeisterung herrschte im Raum Wolfsburg zu dieser Zeit dennoch: Mit einer jungen Truppe zeigten die Grün-Weißen frechen und erfolgreichen Fußball, schafften als Meister der Amateur-Oberliga den Aufstieg in die neue Regionalliga Nord. Und standen zum ersten und einzigen Mal in der VfL-Historie sogar im Endspiel um die Deutsche Amateur-Meisterschaft. Mittendrin in dieser spannenden Phase war Heinrich Pawlitzki. Als 23-Jähriger war der talentierte Rechtsaußen vom SC Uelzen gekommen. Trainer Ludwig Lachner konnte den schnellen Mann als Alternative für Flügelstürmer Hermann Bussius bestens gebrauchen. Torkanone Wilfried Kemmer mit Flanken zu füttern, war Pawlitzkis Spezialität. Einfach allerdings hatte es „Pawel“ in seiner neuen Wahlheimat nicht.

Heimweh und Verletzungspech

„Ich kam 1962 nach Wolfsburg und war zunächst ganz allein. Rund 50 Kilometer entfernt von der Heimat zu leben, das war damals keine kleine Distanz“, blickt Pawlitzki zurück. „Vor allem sportlich habe ich mich erheblich umgewöhnen müssen.“ Lachner, der es als Stürmer einst bis in den erweiterten Kader zur WM 1934 geschafft hatte, verlangte von den VfL-Spielern viel. Das scharfe Training des namhaften Übungsleiters machte dem Neuling Pawlitzki zu schaffen, zumal auch die Konkurrenzsituation für ihn ungewohnt war. „In Uelzen hatten wir eine kleine Truppe von vielleicht 13 oder 14 Spielern gehabt. Jetzt waren es plötzlich über 20. Sich da zu behaupten, war eine ganz andere Herausforderung.“ Zur dauerhaften Stammkraft sollte es schließlich nie reichen. Was nicht zuletzt an einer schweren Knieverletzung lag, erlitten direkt im ersten Pflichtspiel gegen Eintracht Lüneburg, die Pawlitzki für acht Wochen außer Gefecht setzen sollte.

Fleißiger Paketbode

Zum Anker wurde in dieser schwierigen Zeit der Beruf. Denn kurz nach seinem Wechsel zu den Wölfen fand Pawlitzki eine Stelle bei Volkswagen. „Dabei hat der VfL mir sehr geholfen, wofür ich unheimlich dankbar gewesen bin.“ Noch 1962 ging es für den gelernten Maler in der Warenannahme los, wenig später wechselte er in die Unterabteilung Post und Express. Eine Station, an die er sich noch lebhaft erinnert. „Mit einem kleinen Pritschenwagen bin ich über das Gelände gefahren und habe alle Pakete ausgeliefert“, lacht der 75-Jährige. „In sechs Jahren habe ich die Wege im Werk dabei in- und auswendig lernen können.“

Teamkameraden als Arbeitskollegen

Von der Post ging es weiter ins Rechenzentrum. Im dortigen Serviceteam unterstützte Pawlitzki die Systemanalytiker bei der Entwicklung von Maschinenprogrammen. Auch hier tickten die Uhren in den 60er Jahren noch etwas anders. „Das lief alles noch über Lochkarten. Die Analytiker haben uns ihre Daten gegeben, daraus haben wir dann Listen mit Maschinenbefehlen erstellt.“ Fast 35 Jahre blieb Pawlitzki für Volkswagen im Einsatz. Dass auch die meisten Mitspieler im Werk arbeiteten, half anfangs enorm bei der Integration. „Wir trafen uns oft in der Kantine zum Mittag, das war immer sehr gesellig“, sagt Pawlitzki, der den Grün-Weißen – am Ende als Spieler im zweiten Team – noch bis 1970 treu bleiben sollte, ehe er die Karriere beim TSV Wolfsburg ausklingen ließ. Seine Anlaufschwierigkeiten überwand er ohnehin spielend: Bis heute ist Pawlitzki in der Stadt wohnen geblieben.

Veröffentlicht in „Unter Wölfen“ am 21. September 2014.


Bisher erschienene Porträts in „Mein Werk. Mein Verein. Eine Geschichte“:

 

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Wilfried Ahnefeld

Peter Ament

Uwe Beese

Rainer Behrends

Hermann-Dieter Bellut

Günther Blech

Helmut Bräutigam

Karl-Heinz Borutta

Holger Busse

Karl-Heinz Dickkopf

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Ingo Eismann

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Hans-Georg Felleckner

Fred Fensch

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Heinrich Pawlitzki

Geoffrey Payne

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Uwe Piep

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Wilfried Reckel

 

Horst Reichelt

Fredi Rotermund

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Dittmar Schönbeck

Ditmar Schwarzenbart

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Jürgen Speh

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Uwe Wiswe

Manfred Wuttich

Dirk Zehnpfund