Geschichte

Ewiger Pendler

Verletzungen bremsten Ralf Kirchhoff als VfL-Torwart immer wieder aus. Bei Volkswagen fand er seinen festen Platz umso schneller.

Einmal schlug das Kopfballungeheuer persönlich zu. „Die Einheit war schon so gut wie vorbei. Ich habe ihn aus der Ferne heranpirschen sehen, bin in die Flanke gesprungen und mit ihm zusammengekracht. Dabei hab mir den Finger gebrochen“. Verletzt im Zweikampf mit dem eigenen Trainer. Auch wenn der Ex-VfL-Keeper ansonsten an Horst Hrubesch nur gute Erinnerungen hat, passte diese Szene ins Bild. Sieben Jahre spielte Ralf Kirchhoff für die Grün-Weißen. Was er erlebte, war eine aufreibende VfL-Karriere im steten Wechsel zwischen Spielfeld, Ersatzbank und Lazarett.

Drei Urgesteine als Trainer

Richtig gut lief es für Kirchhoff zunächst in der Jugend. SV Ribbesbüttel und SV Gifhorn hießen die ersten Stationen, in der Niedersachsenauswahl traf er auf spätere Bundesligagrößen wie Frank Ordenewitz und Dieter Eilts. Dann, irgendwann 1983, kam ein Anruf von Wilfried Kemmer. „Das war schon eine Nummer, der VfL Wolfsburg spielte bestimmt vier oder fünf Ligen höher als Gifhorn.“ Eine Herausforderung, die Kirchhoff annahm und bestand. Kemmer aber blieb nicht lang sein Trainer. Ihm folgten erst übergangsweise Imre Farkaszinski und dann für vier Saisons Wölfi Krause, die entweder anders planten oder auf Kirchhoff nicht zurückgreifen konnten. „Vom Kreuzbandriss bis zum ausgekugelten Ellenbogen war eine Menge dabei. Es hat manchmal aber auch an mir selbst gelegen, wenn ich nicht spielte“, gesteht der 51-Jährige offen. „Weil ich damals noch im Schichtbetrieb arbeitete, kam es am Wochenende schon mal zum Leistungsabfall.“

Handwerklich breit aufgestellt

Ein Transfer schaffte Abhilfe. Aber nicht zu einem anderen Klub, sondern in eine neue Abteilung. Im Werk begonnen hatte Kirchhoff 1985 am Band. Der Wechsel in die Materialwirtschaft ein Jahr später war verbunden mit Arbeitszeiten, die sich mit dem Fußball besser vertrugen. Schon 1989 fand der gebürtige Gifhorner bei Volkswagen dann seinen Stammplatz. In der Abteilung Teilemanagement und Transporte koordiniert er bis heute in einem Team von 25 Mann Anlieferungen und externe Transporte. „Von der Schraube bis zum fertigen Fahrzeug ist da alles dabei“, erklärt Kirchhoff, der ursprünglich Fliesenleger gelernt hatte und sich heute einen hochzufriedenen Logistiker nennt. „Meine Arbeit weiß ich sehr zu schätzen. Ich glaube auch, dass sie gut zu mir passt. Besser als mit Volkswagen hätte ich es nicht treffen können. “

Gala gegen die Roten

Der Durchbruch auf dem Rasen blieb Kirchhoff knapp verwehrt. In der Aufstiegsrunde 1988 lag sein Profivertrag schon bereit. Als Grün-Weiß vier Jahre später die Zweitligarückkehr dann schaffte, war der Keeper nicht mehr dabei. Trotzdem denkt er an seine Zeit als Fußballer sehr gern zurück. Zum Beispiel an jene Sternstunde gegen Hannover 96, als die Regionalliga-Wölfe den Bundesligisten sensationell mit 3:0 aus dem DFB-Pokal kegelten. „Ein unvergessliches Spiel. Allein schon, weil ich mir direkt am nächsten Tag auf der Arbeit die Finger geklemmt habe und gleich wieder ausfiel“, lacht Kirchhoff. „Nein, wirklich. Die VfL-Jahre waren eine riesengroße Erfahrung, die ich nicht zurückgeben möchte. Wenn es mir keinen Spaß gemacht hätte, wäre ich niemals so lange geblieben.“

Veröffentlicht in „Unter Wölfen“ am 7. Februar 2015.