Von den Sitzen rissen die Wölfe sonst an diesem September-Samstag 1988 niemanden, mit 1:6 ging das DFB-Pokal-Wiederholungsspiel in Frankfurt verloren. Zumindest ein Grün-Weißer aber sorgte für Raunen im Rund. In einem genial vorgetragenen Spielzug trickste sich Carlos Ferreira Tavares an den Eintracht-Verteidigern vorbei und stand plötzlich allein vor Uli Stein. „Noch schöner wäre es gewesen, ich hätte den Ball auch versenkt“, sagt er. „Aber da fehlte mir die Kaltschnäuzigkeit.“ Bezeichnend, wie der Portugiese findet. Denn in vier Jahren am Elsterweg zeigte er häufig sein großes Potenzial. „Um es wirklich zu schaffen, war ich im Kopf allerdings nicht reif genug. So blieb ich eher ein Ewiges Talent.“
Namhafte Konkurrenz
Unter Horst Hrubesch ging es für den Mittelfeldspieler im Sommer 1988 so richtig beim VfL los. „Das war gleich die beste Phase. Er hat mich direkt aus der A-Jugend in die Erste geholt und voll auf mich gesetzt. Fast hätte er mich später sogar zum HSV transferiert.“ Tavares, seit der C-Jugend für die Wölfe am Ball, war gerade 18 Jahre alt zu dieser Zeit. Mit seinen technischen Fähigkeiten galt er als großes Versprechen. Doch passte er in die gestandene Truppe um Kaliber wie Peter Ament, Heiner Pahl oder Olaf Ansorge nicht ganz hinein. Zumindest nicht als Strippenzieher eines sonst überreifen Teams, das zudem erheblich unter Aufstiegsdruck stand. „Ich hatte es nicht einfach unter den Alteingesessenen, das Hauptproblem aber war meine Einstellung“, gesteht Tavares, der sich „ein typisches südländisches Toptalent“ nennt.
Im Werk hochgearbeitet
In seiner beruflichen Laufbahn lässt sich ein solches Kopfproblem nicht erkennen. Als Schlosser-Lehrling fing der gebürtige Wolfsburger, dessen Vater bereits bei Volkswagen arbeitete, 1986 beim Autobauer an und bildete sich so lange weiter, bis er als Diplom-Betriebswirt vor ganz neuen Möglichkeiten stand. In der Technischen Projektleitung Nutzfahrzeuge beteiligte sich Tavares an der Entwicklung des Caddy, reiste in anderer Rolle ab 2002 dann häufig nach China. Nach dem Wechsel in die Projektsteuerung Beschaffung 2009 befasste er sich verstärkt mit Scirocco und Eos. Neue Produktankäufe sind heute sein Arbeitsmittelpunkt, als Angestellter in der Beschaffung nimmt Tavares beispielsweise Investitionsschätzungen vor. „Man hat riesige Möglichkeiten und kann sich weiterentwickeln. Ich bin großer Volkswagen Fan“, schwärmt der 47-Jährige.