Man sieht sich mehr als einmal im Leben. Und mitunter sogar dreimal. Ralf Wilhelm war 20 Jahre alt, als er zum WSV Wolfenbüttel wechselte. Seinen dortigen Trainer Ernst Menzel kannte er nur zu gut, da er wenig zuvor bei der Bundeswehr sein Offizier gewesen war. „Das war schon erstaunlich. Aber umso größer der Zufall, als wir uns zehn Jahre später auch noch in Wolfsburg wiedertrafen“, sagt Wilhelm. Menzel wurde für den Braunschweiger eine Art Mentor, funktionierte ihn schon zu Wolfenbütteler Zeiten vom Angreifer zum offensiven Verteidiger um. So kam es, dass Wilhelm in knapp 90 VfL-Spielen immerhin neun Mal ins Tor traf. „Als gelernter Stürmer wusste ich natürlich, wo die Kiste steht. Deshalb habe ich es aus dem Hintergrund immer wieder probiert.“
Verhängnisvoller Platzverweis
Im VfL-Trikot erlebte Wilhelm Zeiten des Aufbruchs. Noch Wölfi Krause holte ihn 1988 nach Wolfsburg. Als zur neuen Saison Horst Hrubesch übernahm, war Wilhelm trotzdem gesetzt. Libero Heiner Pahl, Uwe Otto als Vorstopper, links Wilhelm und rechts Michael Geiger – mit dieser Stammabwehr, so das feste Vorhaben, sollte die Zweitligarückkehr endlich gelingen. Neben Flankenläufen und Weitschüssen war der Mann mit der Nummer drei freilich auch fürs Verteidigen zuständig – gegen teils namhafte Stürmer. „Wir hatten fantastische Pokalspiele gegen Stuttgart, Köln und Frankfurt, da musste ich zum Beispiel direkt gegen Jörn Andersen ran“, erinnert sich der 53-Jährige, der in seiner letzten VfL-Saison 1990/1991 – unter besagtem Ernst Menzel – noch eine packende, erneut aber erfolglose Aufstiegsrunde erlebte. Seine Mitspieler von einst rufen ihn bis heute im Übrigen „Kaiser“. „Den Spitznamen hatte ich mir selbst eingebrockt. Nach einer gelben Karte hat mich der Schiri mal nach meinem Namen gefragt. Als er ihn zweimal nicht verstanden hatte, rief ich ‚Wilhelm – wie der alte Kaiser‘. Darauf zückte er rot.“