Korso mit KĂ€fern – Aufstieg und Amateur-Vizemeisterschaft

Man kann wohl sagen, es war allerhöchste Eisenbahn. Seit drei Jahren spielten die Wölfe nicht mehr in der Oberliga Nord und waren seither kaum mehr auf die Beine gekommen. Schon drohten ihnen die sehr erfolgreichen Handballer in der Stadt den Rang abzulaufen. Dann aber diese Saison: Mit einer jungen und spielstarken Truppe, geformt von Startrainer Ludwig Lachner, stach der VfL die Konkurrenten plötzlich reihenweise aus. Am Ende der Spielzeit 1962/1963 stand nicht nur der so lang ersehnte Aufstieg in die Regionalliga Nord, sondern völlig ĂŒberraschend auch das Finale um die Deutsche Amateur-Meisterschaft.

„Unser Ziel hieß von Anfang an Aufstieg“, erinnert sich GĂŒnter Otto, der gemeinsam mit Wilfried Kemmer die damalige Sturmreihe bildete. Die Fabelsaison, sie war sozusagen von lĂ€ngerer Hand geplant. Zwei Jahre zuvor war ein fast kompletter Jugendspieler-Jahrgang â€“ unter ihnen Otto â€“ zur neuen ersten Mannschaft geworden und war seither unter der FĂŒhrung einiger Altgedienter gereift. Als jetzt noch ein paar gestandene NeuzugĂ€nge kamen, gab es kein Halten mehr. Vom Startschuss weg eilten die Wölfe der Liga davon und zeigten dabei den besten Fußball seit Jahren. „Probleme hatten wir nur gegen kampfstarke Mannschaften. Ansonsten waren wir mit unserer SpielstĂ€rke den anderen voraus“, sagt Otto, der von 1957 bis 1966 fĂŒr die Wölfe aktiv war.

Als souverĂ€ner Meister nahm der VfL somit an der Aufstiegsrunde zur neuen Regionalliga Nord teil. Eine Ebene höher richtete man gerade das neue Oberhaus ein, was auch in den unteren Ligen ein hektisches Treiben nach sich zog. „Wenn die Bundesliga kommt, wollen wir nicht drittklassig werden“, so der Vorsatz der Wölfe, die ein Scheitern gerade in dieser Saison umso hĂ€rter getroffen hĂ€tte. Und sie machten es spannend. Bei nur einem Remis aus den ersten drei Spielen gegen Leu Braunschweig, Altona und Victoria Hamburg schien der Traum schon geplatzt. Dann aber begann eine furiose Aufholjagd. Alle drei RĂŒckspiele konnte die Lachner-Truppe gewinnen, angelte sich damit doch noch den zweiten Platz in der Aufstiegsgruppe A und war somit am Ziel. Die Stadt war wieder zurĂŒckerobert. „Man konnte die Freude förmlich greifen. In Wolfsburg waren wir jetzt so populĂ€r, dass unsere Fotos sogar bei Hertie im Schaufenster hingen“, so Otto.

 

Beinahe ein Doppeltriumph

Großes vollbracht aber hatten die Wölfe auch noch woanders. Auch in der parallel ausgetragenen Deutschen Amateur-Meisterschaft waren sie in dieser Saison nicht zu stoppen, kegelten einen Favoriten nach dem anderen aus Wettbewerb und schafften es zum ersten Mal bis ins Endspiel. „Dass wir ĂŒberhaupt so weit gekommen sind, war eine Sensation“, erinnert sich Otto. „Und dort vor dieser großen Kulisse spielen zu dĂŒrfen, das war fĂŒr jeden von uns etwas Besonderes. Am nĂ€chsten Tag lief sogar das komplette Spiel noch einmal im ZDF, das 1963 ja erst auf Sendung ging. Ich weiß noch, dass Wim Thoelke bei uns in der Kabine stand. FĂŒr ihn war es die erste Moderation eines Fußballspiels.“

Das Spiel selbst war schließlich ein einziges UnglĂŒck. 16 klare Torchancen zĂ€hlte die WAZ seinerzeit und schrieb von „Pech bis zur 90. Minute.“ Sieger vor 9.000 Zuschauern im Kasseler Auestadion wurde durch einen Sonntagsschuss in den Giebel der VfB Stuttgart. „Trotzdem war dieses Spiel und ĂŒberhaupt diese Saison das Highlight meiner Karriere“, sagt Otto. „Dieses gesamte Jahr war einfach ein riesiger Erfolg.“ Ähnlich sahen es auch die VfL-Fans, die den Wölfen nach dem Finale einen begeisterten Rathausempfang samt „KĂ€fer-Korso“ durch die Innenstadt bereiteten. GĂŒnter Otto: „Die Meisterschilder hatte man schon vorher fabriziert. Nur das ‚Vize‘ musste noch kurzfristig aufgeklebt werden.“

Veröffentlicht im Jahr 2010.