Flexibel einsetzbar zu sein, ist für Fußballer heute ein Muss. Rainer Groß punktete mit diesem Plus schon zu Zeiten, als auf dem Platz noch Spezialisten gefragt waren. „An einem Sonntag klingelte das Telefon. Es hieß, die erste Mannschaft würde am nächsten Tag nach Mallorca fliegen und bräuchte noch einen Torwart.“ Das Kuriose daran: Groß war eigentlich Feldspieler. Weil die ersten vier VfL-Keeper allerdings ausfielen oder verhindert waren, erinnerte man sich im Wölfe-Umfeld daran, dass er vor vielen Jahren mal zwischen den Pfosten gestanden hatte. „Am nächsten Tag saß ich im Flieger und kam auf ein Zimmer mit Wilfried Kemmer“, berichtet Groß, der sich so gut verkaufte, dass er gleich komplett bei der Ersten blieb. Sechs Einsätze kamen in der Spielzeit 1977/1978 zusammen.
Einzeltraining im Sand
Die Lust am Springen und Fausten war ihm eigentlich schon verloren gegangen. Bis in die Erste Herren hatte Groß vom Knabenalter an das Tor beim 1. FC Wolfsburg gehütet. Als ihn sein Coach, die spätere VfL-Legende Imre Farkaszinski, ständig mit Einzeleinheiten in der Grube für Weitspringer triezte, warf er die Handschuhe entnervt in den Sand. Als Feldspieler fand er über den HSV Helmstedt und Leu Braunschweig 1974 den Weg zum VfL. Drei Saisons spielte der gebürtige Wolfsburger – meist im Mittelfeld – in der Zweiten. Ehe es zum besagten Telefonanruf kam.
Grün-weiße Fahrstuhljahre
„‚Tanne‘ Diehl, Berthold Henke, Eduard Pientak und Peter Haak konnten alle nicht mit. Da blieben nicht mehr viele Kandidaten“, lacht Groß. „Und ich habe mir gesagt: Warum nicht?“ Ohnehin ging es bei den Grün-Weißen wild zu in diesen Jahren. Als Mitbegründer der neuen zweiten Liga stieg der VfL 1975 ab, schaffte die sofortige Rückkehr, um sich dann aber wieder nicht im Unterhaus halten zu können. Der Trip auf die Balearen als Auftakt in die Sommervorbereitung war als nachträgliche Belohnung für den Wiederaufstieg gedacht – dabei traten die Wölfe inzwischen wieder als Drittligist an. „Deswegen war auch noch Kemmer dabei, obwohl er seine Karriere schon beendet hatte.“
Vielfältiger Arbeitsbereich
Ins Werk kam Groß 1967 und arbeitete, bis ihn die Bundeswehr einzog, für ein Jahr in der Produktion. Mit seinem Wechsel in die Forschung und Entwicklung begann eine Berufsphase mit spannenden Reisen. Als Mitarbeiter der Presseabteilung kümmerte sich Groß um die Betreuung von Neufahrzeugen, besuchte Ausstellungen, Messen und Präsentationen, war häufig im Ausland. Auch sein Alltag in der Wettbewerbsanalyse gefiel dem heute 70-Jährigen sehr. Von 1989 an prüfte er bis zum Vorruhestand 2005 für Volkswagen die neuesten Modelle der Fremdfirmen. „Ich war also häufig in Ehra-Lessin, habe die Autos auf der Teststrecke ausprobiert und anschließend Prüfberichte geschrieben. Das war wirklich eine tolle Arbeit“, schwärmt Groß.