Das Gegenteil von Losglück
Werder Bremen, der HSV, 1860 München oder Borussia Dortmund als Gegner hätten am Elsterweg vermutlich für klingelnde Kassen gesorgt. Stattdessen gab es lange Gesichter: Die Auslosung ergab nicht nur ein Auswärtsspiel, sondern auch noch eine Ochsentour. Weiter weg als ins Stadion Kieselhumes des 1. FC Saarbrücken hätte es kaum gehen können. In ihrem ersten Pflichtspiel außerhalb des Fußballnordens wurden die Wölfe am 23. Juni 1963 dort von rund 2.000 Zuschauenden empfangen. Die Gastgeber, die zwei Monate später als Gründungsmitglied ins Abenteuer Bundesliga starteten, betrachteten die klassenniedrigeren Niedersachsen sicherlich als Pflichtaufgabe. Der VfL jedoch verblüffte, verteidigte nicht nur lange erfolgreich die Null, sondern hätte vor der Pause auch mehrfach beinahe zugeschnappt. Saarbrücken allerdings, ganz der abgebrühte Favorit, genügte ein plötzliches Führungstor (68.), um den Widerstand zu brechen. Zwei schnelle weitere Treffer zum 0:3-Endstand aus VfL-Sicht (73./84.) verstellten letztlich den Blick auf einen couragierten grün-weißen Auftritt. Von den Wolfsburger Nachrichten bekamen die Wölfe gar eine „großartige Leistung“ attestiert.
Einer verreiste lieber
Losgelöst vom Ergebnis: Im Gefühl, einen Meilenstein zu setzen, trat der Amateur-Oberligist, der mit zwei Tagen Vorlauf ins Saarland reiste und ohne Abwehrkante Wilfried Reckel auskommen musste, seinerzeit wohl nicht an. Der große Zauber des DFB-Pokals, in jener Saison letztmalig im Kalenderjahr ausgetragen, sollte sich erst Jahre später entfalten. Nicht nur die eher maue Kulisse wies auf einen noch unterentwickelten Stellenwert hin, auch ist von der Partie an jenem Ort, wo einst Saarlands Nationalmannschaft ihre Länderspiele bestritt, mit Ausnahme eines eingescannten Zeitungsbildes – netterweise zur Verfügung gestellt von der Saarbrücker Zeitung – kein einziges Foto überliefert. Passend dazu hat sich bei keinem greifbaren VfL-Aktiven von damals die Begegnung wirklich eingeprägt. „Ich weiß noch, dort gespielt zu haben. Aber konkret habe ich nichts mehr vor Augen“, so etwa Heinz Fischer. Auch Uwe Funke und Günter Otto haben keine Erinnerungen. „Tut mir leid, aber das ist einfach zu lange her“, sagt genauso Klaus Jura, obwohl besonders er Saarbrückens Schlussmann beim Stand von 0:0 mit gefährlichen Abschlüssen mehrfach ins Schwitzen gebracht hatte. Auch schön: Stopper Werner Hesse auf Seite der Malstatter fehlte, weil er sich im Urlaub befand.
Aus dem Stand ein Achtelfinalist
Ein Sieg in Saarbrücken hätte übrigens direkt den Einzug ins Viertelfinale bedeutet. Denn an der ersten Runde des DFB-Vereinspokals nahmen seinerzeit nur 16 Mannschaften teil. Zu einem Erfolgsjahr sollte das Jahr 1963 für die VfL-Fußballabteilung trotzdem noch werden. Neben der Premiere im Pokal gab es den Einzug ins Endspiel um die Amateurmeisterschaft zu feiern plus Qualifikation für die ebenfalls neugeschaffene Regionalliga Nord. Bis zum ersten Sieg im DFB-Pokal sollte es noch elf Jahre beziehungsweise sechs weitere Erstrunden-Anläufe dauern. Und bis zum ersten Viertelfinal-Einzug gar bis zum Jahr 1995. Dann allerdings rauschte Grün-Weiß auch direkt durch bis ins Endspiel.
Das erste DFB-Pokalspiel des VfL Wolfsburg im Stenogramm:
1. FC Saarbrücken: Volker Danner – Hans-Günter Grund, Erich Rohe – Albert Port, Hans-Dieter Diehl, Manfred Klein – Friedel Reuther, Heinz Vollmar, Dieter Krafczyk, Karl Meng, Rainer Schönwälder
VfL Wolfsburg: Heiner Winneke – Marian Foitzik, Uwe Funke – Rolf Köter, Hannes Klitzke, Heinz Fischer – Hermann Bussius, Otto Bode, Wilfried Kemmer, Günter Otto, Klaus Jura
Tore: 1:0 Port (68.), 2:0 Schönwälder (73.), 3:0 Schönwälder (84.)
Schiedsrichter: Alois Wieser (Köln)
Zuschauende: 2.000 am Sonntagnachmittag im Stadion Kieselhumes in Saarbrücken
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