Akademie

„Für Momente wie diese bin ich gekommen“

Akademie-Saisonrückblick: Michael Gentner im großen Interview.

Nahaufnahme von Michael Genter, Direktor der VfL-Akademie, der lächelnd in die Kamera blickt.

Während die U14, U15 und U16 der VfL-Akademie noch im Einsatz sind, ist die Saison 2022/2023 für die U17 und U19 der Jungwölfe bereits Geschichte. Zeit für einen Rückblick. Im Interview spricht Michael Gentner, Direktor der VfL-Akademie, über berühmte Fußballer mit Bestnoten, Glücksgefühle und seine Definition von Erfolg.

Michael Gentner, es war deine erste komplette Spielzeit beim VfL Wolfsburg seit deinem Amtsantritt im Januar 2022. Wie lautet dein persönliches Saisonfazit?

Michael Gentner: Es war eine sehr erfolgreiche Saison für die Akademie. Die U19 hat sich mit dem Pokalsieg für den DFB-Pokal qualifiziert, die U17 hat das Finale der deutschen Meisterschaft erreicht, die U16 ist Staffelmeister geworden und auch die jüngeren Teams haben hervorragende Arbeit geleistet. Wir wollen uns aber nicht über Meisterschaften oder Pokalsiege definieren, sondern junge Talente für die Profimannschaft ausbilden. Das war und ist unsere größte Priorität, unser größtes Ziel. Und da sind wir einen großen Schritt vorangekommen. Unser U19-Kapitän Lukas Ambros war in der Rückrunde ein fester Bestandteil der Lizenzspielerabteilung. Lukas stand neunmal im Kader und hat sogar sein Bundesliga-Debüt gefeiert. Beim Heimspiel gegen Hertha BSC durfte auch Dzenan Pejcinovic seine ersten Spielminuten sammeln. U17-Kapitän David Odogu schaffte es beim Heimspiel gegen Mainz in den Kader. Das sind riesengroße Erfolge.

Was ist das für ein Gefühl, wenn die Jungs aus der Akademie die große Fußballbühne betreten?

Michael: Für Momente wie diese bin ich zum VfL Wolfsburg gekommen. Es entsteht eine unglaubliche Freude bei allen Beteiligten. Immerhin investieren nicht nur die Jungs tagtäglich eine Menge Arbeit für diesen Augenblick, sondern auch die Trainer, Pädagogen und sämtlichen anderen Mitarbeiter der Akademie.

Der U19-Kader der vergangenen Saison war 25 Jungs stark. Wie viele davon werden es zu den VfL-Profis schaffen?

Michael: Wenn es ein Spieler pro Jahrgang in den Kader der Profimannschaft schafft, kann man von einem großen Erfolg sprechen. Ich arbeite seit über 20 Jahren mit jungen Talenten und weiß daher, dass es enorm schwierig ist. Viele Jungs werden nach der U19 natürlich auch einen anderen Weg einschlagen, um im bezahlten Fußball anzukommen.

Wir wollen uns aber nicht über Meisterschaften oder Pokalsiege definieren, sondern junge Talente für die Profimannschaft ausbilden. Das war und ist unsere größte Priorität, unser größtes Ziel. Und da sind wir einen großen Schritt vorangekommen.
Michael Gentner

Wo würdest du den Nachwuchs des VfL im Bundesliga-Ranking einordnen?

Michael: Es ist schwierig, einen Quervergleich durch ganz Deutschland zu ziehen, weil wir im U17- und U19-Bereich keine klassische Doppelrunde gespielt haben. Unser Ziel ist es, langfristig unter den Top Fünf in Deutschland zu sein. Grundsätzlich wollen wir uns aber daran messen lassen, wie viele Spieler wir in die Lizenzspielermannschaft bringen.

Gibt es ein Nachwuchsleistungszentrum, das man als Vorbild nimmt?

Michael: Wir schauen natürlich, was andere Vereine machen. In Deutschland gibt es einige gute Standorte, bei denen wir uns vielleicht die eine oder andere Sache abschauen können. Ich bin aber der Überzeugung, dass wir uns schon auf einem sehr hohen Niveau bewegen.

Nun haben wir über die größten Erfolge der vergangenen Saison gesprochen. Was ist denn so gar nicht nach Plan gelaufen?

Michael: Mit der U19 haben wir es nicht geschafft, über die gesamte Saison hinweg konstant zu spielen. In der Vorrunde hatten wir eine Durststrecke von zwei, drei Wochen und auch im Februar lief es nicht optimal. Doch die Mannschaft hat sich gefangen und im April und Mai zwei sensationelle Monate gespielt.

Was hat sich durch die zwischenzeitlichen Talfahrten der U19 verändert?

Michael: Wir machen unsere mittel- und langfristig angelegten Ziele nicht von den Ergebnissen am Wochenende abhängig. Das ist auch der große Unterschied zum Profibereich. In der Lizenzspielerabteilung zählt jeder einzelne Punkt. Bei uns in der Akademie stehen die Weiterentwicklung und Ausbildung eines jeden Spielers vor dem Erfolg der Mannschaft. Deshalb haben wir die Probleme nüchtern angesprochen und an ein paar Schrauben gedreht. Die Situation war für uns aber kein Grund, alles zu hinterfragen.

Vor wenigen Jahren hat sich strukturell einiges in der Akademie verändert. Unter anderem wurde die U23 abgeschafft. Der richtige Schritt?

Michael: Zu dieser Zeit war ich noch nicht in Wolfsburg. Es lässt sich aber sagen, dass die Abläufe zwischen Akademie und Profis schon in Fleisch und Blut übergegangen sind. Wir haben es geschafft, vielen jungen Talenten einen Trainingsslot beim Team von Niko Kovac zu geben. Und wir reden nicht nur von Ambros, Odogu und Pejcinovic, sondern auch von Spielern wie Manuel Braun, Kofi Amoako und Elijas Aslanidis. Wenn es eine U23 geben würde, hätten sie wohl noch keine Trainingszeit bei den Profis sammeln dürfen.

Das Talent von Ambros und Co. hat man bestimmt schon in jungen Jahren erkennen können. Ist Talent wichtiger als harte Arbeit?

Michael: Jeder Spieler, der es geschafft hat, hat ein gewisses Talent mitgebracht. Es ist aber völlig egal, ob es ein athletisches, kognitives oder spielerisches ist. Das Talent reicht allerdings nur bis zu einer gewissen Stufe, das merken wir in der Akademie hin und wieder. Es braucht zusätzlich harte Arbeit, Disziplin und Mentalität.

Diese Tugenden sind nicht nur auf dem Platz wichtig, sondern auch auf der Schulbank. Wie wichtig ist es dir, dass die Jungs in der Schule Gas geben?

Michael: Für mich persönlich ist das ein enorm wichtiges Thema. In meiner Zeit beim VfB Stuttgart habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Entwicklung eines Spielers deutlich besser und schneller vorangeht, wenn die schulischen Leistungen auf einem guten Level sind. Ich durfte die Beispiele Timo Werner und Joshua Kimmich miterleben. Sie beide haben ein Top-Abitur gemacht und durften frühzeitig bei den Profis mittrainieren. Ich bin der Überzeugung, dass es für die Jungs auf dem Platz leichter ist, wenn sie keine schulischen Probleme haben. So haben sie einen freien Kopf.

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