Männer

„Früh Verantwortung übernehmen“

Nach einem ersten nicht einfachen Jahr ist Micky van de Ven bei den Wölfen gereift und hat sich einen Stammplatz erobert.

VfL Wolfsburg Spieler Micky van de Ven jubelt mir ausgebreiteten Armen im Spiel gegen Stuttgart.

Beim ersten Saisonsieg der Wölfe in Frankfurt lieferte der 21-jährige Niederländer im Abwehrzentrum eine annähernd perfekte Performance ab und war maßgeblich daran beteiligt, dass Koen Casteels seinen Kasten sauberhalten konnte. Micky van de Ven verpasste in dieser Spielzeit noch keine einzige Minute und ist derzeit aus der VfL-Stammelf nicht wegzudenken. Vor dem Auswärtsspiel beim Tabellenführer Union Berlin spricht der 1,93 Meter große Youngster, am „Deadline Day“ im Sommer 2021 aus Volendam gekommen, über sein erstes Jahr bei den Wölfen, die jungen Abwehrkollegen, den „Wir für euch“-Tag sowie die Spiele in Frankfurt und bei Union.

Micky van de Ven, zählst du als Fußballprofi eigentlich deine Zweikampf- und Passquote während der 90 Minuten auf dem Platz mit?

Micky van de Ven: (lacht) Nein, kein bisschen! 

Zumindest in Frankfurt hast du alles abgeräumt und keinen einzigen Ball zum Gegner gespielt – in beiden Kategorien brilliertest du mit Perfektionswerten von 100 Prozent…

Micky: Diese Werte waren auch für mich eine Überraschung. Ich hatte während des Spiels auch nicht unbedingt das Gefühl, dass das so war. Als ich das gelesen habe, dachte ich auch: Wow, nicht schlecht!

Wann hast du gemerkt, dass du einen super Tag erwischt hast und dass es ein erfolgreicher Nachmittag wird?

Micky: Ich selbst hatte von Anfang an das Gefühl, dass es ein erfolgreiches Spiel werden kann. Auch was die Mannschaft angeht, habe ich schnell gemerkt, dass alle gut ins Spiel und in die Zweikämpfe gekommen sind und wir viele davon gewonnen haben. Das Spiel mit dem Ball war auch besser als zuletzt, wenn auch noch nicht top, was aber in einer solchen Phase ganz normal ist. Dann hast du also insgesamt das Gefühl: Okay, das kann heute unser Spiel sein!

Kein Gegentreffer, erster Sieg, persönliche Bestnoten und die Wahl zum „Man of the Match“ bzw. in die kicker-„Elf des Tages“: War das 1:0 in Frankfurt dein bislang bester Auftritt für die Grün-Weißen? Wie ist deine Gefühlslage gerade?

Micky: Ja, ich denke schon, dass das mein bisher bestes Spiel für den VfL war. Du kannst aber auch gute Spiele machen und dann trotzdem verlieren – dann ist die Gefühlslage natürlich schlechter. Daher war es vor allem sehr wichtig, drei Punkte zu holen und auch mal wieder zu null zu spielen. Das bedeutet einem Verteidiger immer viel. Mit einem Sieg und einem Zu-null-Spiel im Rücken reist du natürlich auch mit einem besseren Gefühl zu Union.


Nachdem du zum Saisonstart gegen Bremen und in München noch zweimal als Linksverteidiger aushelfen musstest, hast du dich jetzt im Abwehrzentrum festgespielt. Diese Rolle gefällt dir sicher besser, oder?

Micky: Ja, auch wenn ich als Linksfuß in Volendam öfter als Linksverteidiger gespielt habe und auf dieser Position ab und zu auch in der U21-Nationalmannschaft spiele. Für mich ist das also nichts Neues. Die Rolle als linker Innenverteidiger ist aber meine bevorzugte – auch wegen meiner Größe.

Du kamst im vergangenen September vom niederländischen Zweitligisten Volendam zu den Wölfen, hast dich in dieser Spielzeit zur absoluten Stammkraft entwickelt und noch keine einzige Pflichtspielminute verpasst. Jörg Schmadtke lobt dich als den „in dieser Saison beständigsten Mann“. Wie fällt dein persönliches Fazit nach einem Jahr Wolfsburg aus?

Micky: Das letzte Jahr war für mich persönlich natürlich nicht einfach. In den ersten Monaten hier habe ich nicht viel gespielt – ich bin gegen Greuther Fürth zum zweiten Mal eingewechselt worden und habe mich dann gleich verletzt und bin zweieinhalb Monate ausgefallen. Dann konnte ich mich am 32. Spieltag in Stuttgart wieder zurückmelden und habe die letzten zwei Partien in Köln und gegen Bayern von Anfang an gespielt. Dadurch konnte ich mit einem besseren Gefühl in die nächste Saison gehen. Wenn du aus der zweiten Liga in Holland kommst, lernst du natürlich hier bei jedem Training extrem viel. Trotzdem war es schwierig, denn ich bin jung und will so viele Spielminuten wie möglich sammeln. Im Nachhinein glaube ich aber, dass das erste Jahr gut für mich war, um mich an das Tempo in der Bundesliga zu gewöhnen.

Nach deinem Wechsel aus Volendam zum VfL beschriebst du es hier als „wahnsinnig groß“. Hast du dich inzwischen auch privat gut eingelebt?

Micky: Meine Wohnung ist top und sehr ruhig gelegen. Ich lebe alleine hier, was aber kein Problem ist, denn ich trainiere ohnehin viel und wenn ich zuhause bin, spiele ich manchmal mit Freunden ein wenig Playstation oder schlafe. Meine Familie – also Eltern, Schwester und der Freund meiner Schwester, dazu manchmal auch Kumpels – versucht zu allen Heimspielen zu kommen, mein Vater sogar auch zu allen Auswärtsspielen.

Du bist erst 21 Jahre jung, wurdest in den Niederlanden als größtes Talent der „Keuken Kampioen Divisie“ ausgezeichnet und glänzt nun in der Bundesliga mit Schnelligkeit, Zweikampfstärke und Passsicherheit. In welchen Bereichen gibt es noch Potenzial?

Micky: Das war jetzt natürlich ein einziges Spiel mit 100-Prozent-Quoten, was Pässe und Zweikämpfe angeht. Top wäre es erst, wenn einem das in jedem Spiel ähnlich gut gelingt. Insgesamt kann ich mich natürlich in allen Bereichen noch verbessern – zum Beispiel auch, was meine Torgefährlichkeit angeht. Zum Glück bin ich noch jung und kann noch eine ganze Menge lernen.
 


Hast du dir persönliche Ziele gesetzt?

Micky: In dieser Saison möchte ich für den VfL einfach so viele Spiele wie möglich von Anfang an machen. Und natürlich wäre es ein Traum, irgendwann einmal für die „große“ Nationalmannschaft zu spielen. Zurzeit bin ich ja noch in der niederländischen U21. 

Nach dem Weggang von Routinier Jay Brooks sind deine beiden potenziellen Partner in der Innenverteidigung mit Maxence Lacroix (22) und Sebastiaan Bornauw (23) ebenfalls sehr jung. Siehst du das eher als Vor- oder Nachteil? 

Micky: Maxence und Seb sind zwar auch noch jung, haben aber jetzt schon so viel Qualität und darüber hinaus noch viel Potenzial. Wir sind drei junge, sehr talentierte Innenverteidiger, die sich alle gegenseitig helfen. Und wir lernen durch diese Konstellation früh, Verantwortung zu übernehmen. Als ich kam, habe ich noch nicht viel gesprochen auf dem Platz und Maxence hat gesagt: Es ist kein Problem, dass du so jung bist. Mach einfach dein Ding. Ich profitiere sehr von ihm und Seb, mit dem ich ja sogar holländisch sprechen kann. 

Am Dienstag warst du das erste Mal beim „Wir für euch“-Tag dabei und hast in diesem Rahmen das Klinikum Wolfsburg besucht. Wie war das und wie wichtig sind solche Termine abseits des Rasens?

Micky: Es ist sehr wichtig, so etwas zu machen. Ich musste viele Betten durch die Gänge schieben. Dadurch wird einem noch einmal besonders bewusst, was für einen Traumjob wir als Fußballprofis haben – und wie wichtig es ist, was diese Menschen dort leisten.

Nun geht es am Sonntag zum überraschenden Tabellenführer Union Berlin. Was erwartest du dort für ein Spiel und was ist für dich der Schlüssel, dort erfolgreich zu bestehen?

Micky: Das wird ganz sicher kein leichtes Spiel dort. Union hat eine top Fanszene und die Mannschaft macht das richtig gut und ist extrem zweikampforientiert. Ich glaube aber, wenn wir diese Zweikämpfe annehmen wie am vergangenen Wochenende und Vollgas geben, kann das ein schönes und erfolgreiches Spiel werden.

Bereitest du dich vor solchen Spielen besonders auf deinen voraussichtlichen direkten Gegenspieler vor?

Micky: Ich beschäftige mich im Vorfeld schon mit meinem Gegenspieler und weiß, was dessen Qualitäten sind. Ich vermute, dass es gegen Sheraldo Becker geht – also auch einen holländischen Spieler, den ich auch ein bisschen kenne. Er ist ein sehr schneller Spieler, der das sehr gut macht bei Union.

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