Frauen

„Mindestens gleiche Kaderstärke“

Ralf Kellermann, Sportlicher Leiter der VfL-Frauen, über den Stand der Personalplanungen.

Der sportliche Leiter der VfL-Wolfsburg-Frauen Ralf Kellermann im Profil.

Zwei Mal gegen Bayern, zwei Mal gegen Paris Saint-Germain – der Spielplan in drei Wettbewerben hält für die Frauen des VfL Wolfsburg in den kommenden Wochen einige Highlights bereit. Keine Frage: Die heiße Phase der Saison 2022/2023 hat begonnen. Für den Sportlichen Leiter der Wölfinnen gilt dies gleich im doppelten Sinne, schließlich beginnt für Ralf Kellermann auch die heiße Phase der Kaderplanung. Am heutigen Mittwoch gab der 54-Jährige im Rahmen einer Medienrunde Auskunft über den aktuellen Stand. Dabei ging es um…

…den Stand der Personalplanungen im Tor: Von den vier Torhüterinnen, die zu unserem Kader gehören, werden uns drei verlassen. Katarzyna Kiedrzynek erhält kein neues Vertragsangebot, Lisa Weiß wird ihre Karriere beenden und Julia Kassen hat nach mehreren Gesprächen im Herbst nun endgültig signalisiert, dass sie eine neue Herausforderung sucht und – vielleicht nach dem Vorbild von Merle Frohms – hoffentlich bei einem anderen Verein Nummer eins wird. Für uns war es auch eine Option, ihr einen Vier-Jahres-Vertrag anzubieten und sie dann zwei Jahre auszuleihen. Aber aus meiner Sicht ist ihre Entscheidung auch absolut verständlich, wenn man bedenkt, dass Merle noch hoffentlich viele, viele Jahre bei uns im Tor stehen wird. Von daher ist es für eine junge Torhüterin einfach schwierig, eine Perspektive zu haben.

…den Stand der Personalplanungen im Feld: Bei Pauline Bremer läuft der Vertrag aus, hier gibt es kein neues Angebot. Das ist schon länger intern kommuniziert. Bei Rebecka Blomqvist haben wir versucht, sie weiter an den VfL zu binden, aber aufgrund der Situation, dass sie keine Stammspielerin ist, wird auch sie eine andere Herausforderung suchen. Es gab in der Winterpause schon etliche Anfragen für Rebecka, aber zu dem Zeitpunkt haben wir entschieden, dass sie die Saison für uns zu Ende spielt. Darüber hinaus gab es schon sehr viele Anfragen für Spielerinnen, die nicht immer über 90 Minuten bei uns zum Einsatz kommen. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass ein oder zwei Spielerinnen mit gültigem Vertrag für die kommende Saison doch noch den Verein verlassen. Das Heft des Handelns liegt aber bei uns.

…die feststehenden Neuzugänge: Bei Chantal Hagel haben wir die berechtigte Hoffnung, dass sie uns vom ersten Tag an weiterhilft. Sie bringt alle Qualitäten mit, um sich auch nach einer kurzen Vorbereitungsphase – ob sie an der WM teilnimmt, wissen wir ja nicht – einen Platz in der ersten Elf zu erspielen. Auf der Torhüterinnenposition sehen wir uns mit Anneke Borbe aus Bremen und Lisa Schmitz aus Montpellier sehr gut aufgestellt. Das war für mich mit Blick auf die Tatsache, dass uns drei Torhüterinnen verlassen, die größte Baustelle in den letzten Monaten. Bei unseren Zielen ist es extrem wichtig, dass wir hinter der Nummer eins zwei Torhüterinnen haben, die über Bundesliga-Erfahrung, idealerweise auch internationale Erfahrung verfügen. Wir haben in Kiara Beck auch noch ein vielversprechendes Talent im eigenen Verein. Kiara war ja bereits im Winter-Trainingslager dabei und derzeit führen wir darüber Gespräche, sie für Julia Kassen in den Kader zu holen.

…die Gerüchte um Pernille Harder und Magdalena Eriksson: Für uns war eine Verpflichtung nie ein Thema, weil dieses Paket für uns wirtschaftlich einfach nicht umsetzbar ist. Und selbst wenn wir mal etwas Verrücktes gewagt hätten, dann hätte ich doch große Bedenken gehabt, mit zwei Spielerinnen die Gehaltsstruktur des kompletten Kaders auf den Kopf zu stellen. Man kann sich vorstellen, dass dann auch andere Top-Spielerinnen in diese Sphären vorstoßen wollen. Für die Liga wäre es super, wenn sie zum FC Bayern München gehen sollten, worüber ich keine Informationen habe. Es wäre auch ein klares Statement der Bayern, nachdem sie letztes Jahr schon Georgia Stanway aus England geholt und die Verträge mit Lina Magull und Lea Schüller verlängert haben. Das sind andere Dimensionen im wirtschaftlichen Bereich.

…die aktuelle sportliche Situation: Wir haben am letzten Samstag verdient gegen Hoffenheim verloren, weil wir trotz des guten Beginns ein schlechtes Spiel gezeigt haben. Sieben, acht Spielerinnen haben deutlich unter Normalform gespielt, was wir so nicht erwartet hatten. Das muss man den Spielerinnen aber auch mal zugestehen. Wir hatten einen rabenschwarzen Tag, der sich nicht angedeutet hatte. Von daher werten wir dieses Spiel als einmaligen Ausrutscher und denken eher an die Zeit davor: wie gut wir gespielt haben und wie gut wir das auf den Platz gebracht haben, was wir trainiert hatten. Unser Selbstvertrauen wird nicht durch die Niederlage gelitten haben. Klar ist aber auch, dass sich unsere Situation verändert hat. Wenn der FC Bayern und wir unsere Hausaufgaben machen in den nächsten Wochen, dann sind wir im Falle einer Niederlage in München nicht mehr Erster. Und trotzdem wissen wir, dass wir die besseren Karten in der Hand haben.

…die Konkurrenzsituation an der Liga-Spitze: Als Tommy Stroot bei uns angefangen hat, ist ja zigmal das Wort Wachablösung gefallen. Wir standen in jenem Herbst mit einer Niederlage und zwei Unentschieden auf Platz vier, während eines Spiels in der Live-Tabelle sogar auch Platz sechs. Und sechs Monate später sollten wir das Nonplusultra der Liga sein. Wir können das immer richtig einschätzen. Das Momentum sprach vor dem Hoffenheim-Spiel vielleicht für uns, weil wir regelrecht durch die Liga marschiert sind. Aber der FC Bayern hat nichts anderes getan, wenn man vom 0:0 zum Start in Frankfurt und der Niederlage bei uns absieht. Wir sind komplett auf Augenhöhe und beim Top-Spiel wird es auf die Tagesform und vielleicht auch ein wenig Glück ankommen.

Unser Selbstvertrauen wird nicht durch die Niederlage gelitten haben. Klar ist aber auch, dass sich unsere Situation verändert hat. Wenn der FC Bayern und wir unsere Hausaufgaben machen in den nächsten Wochen, dann sind wir im Falle einer Niederlage in München nicht mehr Erster. Und trotzdem wissen wir, dass wir die besseren Karten in der Hand haben.
Ralf Kellermann

…das Los im DFB-Pokal-Halbfinale: Es ist nun mal so, dass im Pokal frei ausgelost wird und es keine Setzliste gibt. Dennoch darf man sich am Sonntagabend nach der Auslosung auch mal kurz ärgern. Ein Endspiel zwischen Bayern und uns wäre mit Blick auf die angestrebte Rekord-Zuschauerzahl sicher hilfreich gewesen. Unabhängig von der sportlichen Herausforderung ist es kein Geheimnis, dass beide Mannschaften sich einen anderen Termin gewünscht haben. Vorher haben wir eine Abstellungsphase und wenn rund 15 Spielerinnen zehn Tage unterwegs waren, dann tut jeder Tag gut. Wir hätten wirklich gerne vor einem DFB-Pokal-Halbfinale mal mit der gesamten Mannschaft trainiert, bevor wir in den Flieger steigen.

…die ersten Planungen der Sommervorbereitung: Die späte WM mit dem Finale am 20. August ist eine große Herausforderung. Wir rechnen natürlich mit einem sehr erfolgreichen Abschneiden unserer Nationalspielerinnen. Und eine Woche nach der Rückkehr aus Australien werden die Spielerinnen auch noch freibekommen – so ist der Plan. Dann gehen wir quasi eine Woche vor dem ersten Pflichtspiel im DFB-Pokal ins Trainingslager. Und wenn man dann weiß, was so eine WM nicht nur körperlich, sondern auch mental auslöst, dann wird völlig klar, dass wir mindestens mit der gleichen Kaderstärke in die neue Saison gehen werden. Unser Vorteil kann natürlich sein, dass die Mannschaft Stand heute in großen Teilen zusammenbleibt, sodass wir nicht viel Zeit brauchen werden, um uns zu finden.