Frauen

„Unterstützen uns gegen­seitig“

Co-Trainerin Sabrina Eckhoff über ihren Weg zu den Wölfinnen.

13 Zentimeter Größenunterschied liegen zwischen den Wölfinnen-Co-Trainerinnen Sabrina Eckhoff und Kim Kulig. Doch im Kreis der VfL-Frauen ist klar: Diese beiden Coaches agieren seit Beginn der laufenden Spielzeit nicht nur auf Augenhöhe, sondern auch Hand in Hand. Dass Eckhoff nun auf der Trainerbank einer europäischen Topmannschaft sitzt, hätte sie vor zwei Jahren nicht unbedingt erwartet. Dabei machte sich die ehemalige Defensivspielerin, die für Holstein Kiel in der in der zweiten Liga auflief, nicht nur einen Namen als erste weibliche wfv-Verbandssportlehrerin, sondern auch im DFB-Fußballlehrer-Lehrgang, den sie – gemeinsam mit Kulig – im vergangenen Jahr erfolgreich abschloss. Im Interview berichtet die 36-Jährige über ihren interessanten Werdegang und erklärt, warum sie erst als Teenagerin einen Verein fand, für den sie spielen konnte.

Sabrina Eckhoff, können Sie sich noch daran erinnern, was am 27. September 2014 war?

Sabrina Eckhoff: September 2014? Da war ich doch noch Trainerin von Holstein Kiel in der 2. Bundesliga. In der Saison haben wir gegen den Abstieg gespielt, aber was jetzt genau an dem Tag war, weiß ich nicht mehr.

An dem Tag hat Kiel gegen die VfL-Frauen in der 2. DFB-Pokal-Runde gespielt.

Eckhoff: Ach ja, auf der Waldwiese! Da hatten wir keine Chance, deshalb habe ich dieses Spiel damals so schnell wieder vergessen.

Kiel ist damals immerhin in Führung gegangen und zur Halbzeit stand es nur 1:1. Die Wölfinnen haben dann allerdings die Partie noch mit 5:1 gewonnen.

Eckhoff: Das Spiel ist mir wirklich überhaupt nicht im Gedächtnis geblieben, weil es in dieser Saison nur darum ging, in der 2. Liga zu bleiben und alles, was nebenbei stattgefunden hat nur ein Bonus war.

Hätten Sie sich zu dieser Zeit vorstellen können, dass Sie sechs Jahre später auf der Trainerbank des Gegners sitzen werden?

Eckhoff: Nein, überhaupt nicht. Damals lag mein ganzer Fokus darauf, alles für Holstein Kiel zu geben und den Klassenerhalt zu schaffen, was am Ende auch funktioniert hat. Zu der Zeit war ich auch noch nicht hauptberuflich Trainerin. Ich habe damals zusätzlich zum Trainerjob noch auf der Geschäftsstelle des Verbandes gearbeitet.

Was hat den Ausschlag gegeben, dass Sie den Büro- gegen den Trainerjob getauscht haben?

Eckhoff: Ich wusste immer, dass ich hauptberuflich als Trainerin auf dem Platz arbeiten möchte. In Schleswig-Holstein war der Frauenfußball aber leider nicht professionell genug. Der beste Verein war Holstein Kiel in der 2. Liga, das heißt die Strukturen waren gar nicht gegeben, um bei einem Verein hauptberuflich als Trainerin zu arbeiten außer als Verbandssportlehrer. Und den Weg bin ich dann auch gegangen, allerdings bei einem anderen Verband – dem Württembergischen. Ich bin in die Nähe von Stuttgart gezogen und habe dort hauptberuflich sechs Jahre als Verbandssportlehrerin gearbeitet.

Sie haben dort sogar Geschichte geschrieben als erste weibliche wfv-Verbandssportslehrerin.

Eckhoff: (lacht) Ich habe mich damals nicht so besonders gefühlt, habe es sogar erst im Nachhinein erfahren, dass meine Position noch keine Frau besetzt hatte. Im Fußballbereich ist es als Frau ja grundsätzlich so, dass man nicht in der Mehrzahl ist. Es ist ein männergeprägtes Geschäft. Es war also für mich persönlich nichts Besonderes.

Welche Aufgaben hatten Sie beim Verband?

Eckhoff: Ich habe in der Traineraus- und -fortbildung gearbeitet. Dazu habe ich Spielerinnen der Landesauswahl als Verbandssportslehrerin trainiert und war für die weibliche Talentförderung in Württemberg zuständig, was auch die Arbeit mit den DFB-Talenten umfasst hat. Das war von der U16 bis U12 – eine sehr spannende Altersstufe. Dort habe ich kennengelernt, wie es ist, mit jungen Spielerinnen zusammenzuarbeiten, die noch keine negativen Erfahrungen gemacht haben, euphorisch sind und alles reinwerfen. Es war schön, mit ihnen auf dem Platz zu stehen, weil sie einfach für das brennen, was sie tun – und das ohne Angst vor Fehlern.

Wie haben Sie Ihre Liebe zum Fußball entwickelt?

Eckhoff: In meiner Kindheit war es noch nicht gang und gäbe, dass Mädchen Fußball spielen, und so habe ich erst mit 12 einen Verein gefunden. Ich wollte schon mit 6 Jahren Fußball spielen, meine Mutter hat dann im örtlichen Verein – da gab es nur Juniorenmannschaften – angefragt, ob ich mittrainieren dürfte. „Nein“ hieß die Antwort damals noch. Das war 1991. Es freut mich sehr, dass das jetzt nicht mehr so ist. Deshalb habe ich weiter andere Sportarten gemacht und parallel auf dem Schulhof mit den Jungs gekickt, hatte dabei aber immer viel Spaß. Mit 12 bin ich dann zu einem Verein gegangen, der ein bisschen weiter weg war.

Einen Verein haben Sie auch jetzt wieder gefunden: Wie kam der Kontakt zum VfL zu Stande?

Eckhoff: Ich kenne Tommy (Stroot, Anm. d. Red.), seitdem wir Anfang 20 sind. Da haben wir beide die B-Juniorinnen-Bundesligisten trainiert und gegeneinander gespielt – er war bei Meppen und ich bei Kiel. Danach haben wir uns nicht mehr gesehen, aber er konnte sich an mich erinnern, hat meinen Weg verfolgt und gesehen, dass ich im aktuellen Fußballlehrer-Lehrgang bin. Über Ralf Kellermann kam dann der erste Kontakt zum VfL zustande.

Beim Fußballlehrer-Lehrgang ist Ihnen auch zum ersten Mal Kim Kulig begegnet.

Eckhoff: Ja genau. Wir waren in unterschiedlichen Eignungsprüfungen, deshalb haben wir uns dann wirklich erst am ersten Tag des Lehrgangs kennengelernt. Kim und ich hatten unabhängig voneinander Kontakt zum VfL. Für mich war erst gar nicht so klar, dass ich in die Vereinsrichtung möchte, weil ich mich damit noch nicht intensiv auseinandergesetzt hatte.

Wieso?

Eckhoff: Ich war zu dem Zeitpunkt auch Co-Trainerin beim DFB in der U19-/U20-Nationalmannschaft. Und dann war für mich die Frage, ob ich dort weitermachen möchte, da wir coronabedingt ein etwas ruhigeres Nationalmannschaftsjahr ohne WM hatten. Meist ist man im Verband zudem nicht auf dem Radar der Vereine. Deshalb kam die Anfrage vom VfL für mich überraschend. Aber es war auch klar, dass wenn so eine Anfrage kommt, ich mich damit auseinandersetze. Und dann war die Frage, ob ich vom „sicheren“ Umfeld Verband weggehen möchte, um wieder in einem Verein zu arbeiten. Schlussendlich war der Reiz, den der VfL mit seinen Möglichkeiten bietet, ein Top-Team zu trainieren, einfach größer als die Stabilität, die mir der Verband bieten konnte.
 

War es die richtige Entscheidung?

Eckhoff: Definitiv. Die professionellen Strukturen, die tägliche Arbeit und Kommunikation mit den Spielerinnen und dem Team ums Team machen jeden Tag ungemein Spaß. Ich wusste, dass hier hochprofessionell gearbeitet wird und das ist auch so.

Kim Kulig und Sie haben sehr unterschiedliche Werdegänge. Sind Sie wegen der Popularität ihrer Kollegin schon einmal auf Probleme gestoßen?

Eckhoff: Nein, überhaupt nicht. Kim und ich wussten beide voneinander, dass wir sehr entspannt und zielorientiert sind. Wir wollen einfach als Team gemeinsam Titel gewinnen. Dementsprechend geht es nicht um uns als Person und wie wir uns darstellen und präsentieren, sondern es geht rein darum, dass wir gut und gemeinsam für das Ziel zusammenarbeiten. Deshalb gab es auch nie Probleme. Jede von uns hat ihre eigenen Aufgabenbereiche, bei mir ist das unter anderem die Trainingsplanung und Belastungssteuerung. Wir unterstützen uns gegenseitig – so haben wir das beim Fußballlehrer auch schon gehandhabt.

Eine weniger schöne Gemeinsamkeit haben Sie beide: Sie mussten ihre aktiven Karrieren wegen Kreuzbandrissen beenden.

Eckhoff: Da muss man etwas unterscheiden, weil man das im Vergleich zu ihr bei mir sicherlich nicht Karriere nennen kann (lacht). Bei mir war es schon in der zweiten Liga zu Ende. Ich hatte einfach Spaß am Fußball spielen und habe dafür, dass ich so spät im Verein angefangen habe, das Maximum des Potenzials herausgeholt. Bei meinem ersten Kreuzbandriss mit 19 war schon klar, dass es Komplikationen gibt. In dem Zeitraum habe ich auch meinen ersten Trainerschein gemacht. Irgendwann hat es dann parallel zum Trainerjob keinen Sinn mehr gemacht, mein Knie weiter zu malträtieren. Und dann habe ich mich nur noch auf die Trainertätigkeit konzentriert – die absolut richtige Entscheidung. 

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