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„Meinen eigenen Weg gehen“

„Gartenfußballer“ Bence Dardai: Der junge VfL-Neuzugang im Gespräch.

Die Verpflichtung von Bence Dardai passt perfekt zur Philosophie der Grün-Weißen, junge und hungrige Talente in den Profikader zu holen, um sie dann weiterzuentwickeln und noch besser zu machen. Der erst 18-jährige Berliner, der im vergangenen Jahr gemeinsam mit David Odogu die U17-EM gewann, ist ganz bewusst ins kalte Wasser gesprungen, seine vertraute Umgebung zu verlassen, um den nächsten Schritt zu gehen. Warum der „Gartenfußballer“ diesen beim VfL machen möchte, verrät er im Interview.

Bence Dardai, wo wohnst du derzeit in Wolfsburg?

Bence Dardai: Ich wohne in den Steimker Gärten.

Namentlich passt das schonmal. Aber gibt es dort auch einen Garten? Du hast schließlich früher immer mit deinem Vater und den beiden Brüdern im Garten gekickt…

Bence: (lacht) Ja, das stimmt. Wir haben immer viel im Garten zusammen Fußball gespielt. Das hat echt Spaß gemacht.

Deine familiäre Situation ist ohnehin sehr besonders. Ihr seid eine absolute Ballsportfamilie: Dein Großvater war schon Fußballer, deine Mutter ungarische Handball-Nationalspielerin. Dazu gab es bis zum Sommer die kuriose Situation, dass dein Vater als Cheftrainer mit dir und deinen Brüdern Palko (25) und Marton (22) gleich drei Söhne im Profikader hatte. Wen von euch dreien hält dein Vater für den talentiertesten? Oder gibt er sich da diplomatisch?

Bence: (lacht) Also ich hoffe, dass er mich für am talentiertesten befindet. Aber ich denke, dass er alle für talentiert hält und auch sehr stolz darauf ist, dass seine drei Söhne alle Fußball spielen. Alles ging bei uns tatsächlich um Fußball – ob im Garten oder im Haus. Ich habe meistens mit meinen älteren Brüdern gespielt und am Anfang habe ich da oft verloren, weil sie größer als ich waren. Das macht aber dann auch etwas mit dem Ehrgeiz, so dass man immer gewinnen will. Deswegen habe ich das so gelernt.

Wie schwer ist es dir gefallen, diese geballte Familien-Power zu sprengen und die „Alte Dame“ zu verlassen?

Bence: Es ist mir sehr schwer gefallen natürlich, die alte Heimat zu verlassen. Ich habe dort viele Jahre gespielt, aber es war jetzt an der Zeit, mal einen anderen Weg einzuschlagen. Den finde ich jetzt hier beim VfL. Die ersten Tage und mittlerweile schon ersten Wochen waren super. Es macht mir echt Spaß hier und ich fühle mich wirklich wohl.

Nach zwölf Jahren fußballerischer Ausbildung bei Hertha hast du dich im Gegensatz zu deinen älteren Brüdern entschlossen, diesen neuen Weg zu bestreiten. Warum?

Bence: Ich denke, ich bin da anders als sie. Ich möchte einfach meinen eigenen Weg gehen und schauen, wohin der mich bringt. Und beim VfL kann ich diesen Weg sehr gut gehen.

Du sollst einige Angebote namhafter nationaler und internationaler Klubs erhalten haben. Was hat dich überzeugt, die Wölfe zu wählen?

Bence: Ich habe viele gute Gespräche geführt mit der Chefetage und hatte sofort einen sehr guten Eindruck vom Verein und der Infrastruktur – die Trainingsplätze und das VfL-Center zum Beispiel. Das alles zeigte mir gute Perspektiven auf für die nächsten Jahre. Daher war relativ schnell klar, dass Wolfsburg eine sehr gute Option ist. Auch die Nähe zu meiner Familie hat schon eine Rolle gespielt. Es sind ja nur 50 Minuten im Zug nach Berlin, was überragend ist. Diese Zeit brauche ich auch innerhalb Berlins von meinem Zuhause in Charlottenburg bis Mitte.

Gab es familieninterne Diskussionen, doch bei Hertha zu bleiben? Deine Mama soll geweint haben nach deiner Entscheidung, zum VfL zu wechseln?

Bence: Eigentlich wollte jeder in meiner Familie, dass ich bei Hertha bleibe, was ja klar ist. Es ist eben der Heimatverein und ich trage auch noch den Namen Dardai. Mein Vater hat dort gespielt und war Trainer. Aber ich bin da eben anders und denke anders, weswegen ich mich für diesen Weg entschieden habe.

Das hat schon extrem viel Spaß gemacht, die Bedingungen waren sehr gut. Natürlich ist alles sehr anstrengend in der Vorbereitung, was ja normal ist. Ich freue mich einfach, dass die Saison bald losgeht.
Bence Dardai

Deine Brüder sind wie dein Vater ungarische Nationalspieler. Hast du dich bereits entschieden, ob du gegebenenfalls für die A-Nationalmannschaft des DFB oder Ungarn spielen möchtest?

Bence: Die Entscheidung hat noch ein bisschen Zeit. Ich bin noch jung und kann noch lange in U-Nationalmannschaften spielen. Wenn es dann irgendwann so weit sein sollte, kann und werde ich mich für die eine oder andere Option entscheiden.

Wie gut kennst du Ungarn?

Bence: Wir haben dort am Plattensee ein Ferienhaus und sind da eigentlich jedes Jahr im Urlaub. Das ist ein toller See und die Aufenthalte dort machen immer Spaß.

Wie oft tauscht ihr euch innerhalb der Familie aus – auch zum Beispiel jetzt nach dem verpatzten Saisonstart der Hertha gegen Paderborn?

Bence: Der Kontakt ist eigentlich jeden Tag vorhanden – ob ich nun mit meinen Eltern telefoniere oder aber mit meinen Brüdern Nachrichten austausche. Natürlich spricht man dann auch über das eine oder andere Spiel und wie es gerade fußballerisch läuft.

Nun warst du das erste Mal gemeinsam mit den neuen Kollegen im Trainingslager. Wie hat es dir gefallen?

Bence: Das hat schon extrem viel Spaß gemacht, die Bedingungen waren sehr gut. Natürlich ist alles sehr anstrengend in der Vorbereitung, was ja normal ist. Ich freue mich einfach, dass die Saison bald losgeht.

Anstrengend wie beim Shuttle-Run-Test?

Bence: (lacht) Ja, das war tatsächlich anstrengend – auch wenn ich das schon kannte. Das machen ja viele Mannschaften, um zu schauen, wo man mit seiner Ausdauer steht. Das hilft also dann im Endeffekt auch.

Du hast bislang acht Zweitligaspiele für Hertha absolviert, dann eine Sprunggelenksverletzung erlitten. War das deine erste schwerere?

Bence: Ja, das war meine erste schwerwiegende Verletzung. Aber solche Rückschläge gehören im Fußball dazu.

Jetzt geht es in Liga eins weiter. Freust du dich bereits auf dein Bundesliga-Debüt?

Bence: Klar, aber ich mache mir keinen Druck. Ich will einfach Spaß haben am Fußballspielen. Ich denke, das sieht man auch. Ich bin aber gleichzeitig zuversichtlich, dass das bald kommen wird. Schauen wir mal.

Bence ist die ungarische Ableitung von „Vincent“, also „Der Siegreiche“…

Bence: (lacht) Das wusste ich nicht.

…und du scheinst auch tatsächlich ein Erfolgs-Gen in dir zu tragen, wenn man deine Titelsammlung betrachtet: Neben drei Junioren-Staffelmeisterschaften 2022, 2023 und 2024  gab es als Höhepunkt gemeinsam mit David Odogu den U17-EM-Titel im letzten Jahr. Die WM in Indonesien hast du dann leider verletzungsbedingt verpasst. Welche Ziele hast du dir mit den Wölfen und auch persönlich gesetzt?

Bence: In erster Linie möchte ich natürlich gesund bleiben, das ist mir wichtig. Dazu möchte ich so viel spielen wie möglich. Jetzt in der Vorbereitung habe ich mich viel gezeigt. Ich hoffe, das zahlt sich dann auch in Bundesliga-Minuten aus. Aber ich mache mir da wie gesagt keinen Stress, sondern möchte einfach mein Spiel spielen, Spaß haben und mit dem VfL natürlich wieder nach Europa.

Wo siehst du selbst deine Stärken und Schwächen?

Bence: Ich würde sagen, zu meinen Stärken gehören meine Übersicht und mein Passspiel. Generell kann ich mich jeden Tag verbessern. Arbeiten muss ich auf jeden Fall an meinem schwachen linken Fuß – und das tue ich natürlich mit entsprechenden Pass- oder Schussübungen.

In einer guten Woche geht das neue Kapitel richtig los – zunächst mit der Pokalaufgabe in Koblenz, dann folgt gleich der Kracher gegen Bayern. Wie wichtig wäre ein erfolgreicher Saisonstart?

Bence: Es ist immer gut, wenn man positiv in die Saison reinstartet. Dann hat man direkt das nötige Vertrauen, mutig in die Saison zu gehen, spielt also mit einem gewissen Selbstvertrauen. Wenn du direkt gut reinstartest, wird alles einfacher.