Männer

„Lust auf mehr“

VfL-Keeper Pavao Pervan im Interview der „Unter Wölfen kompakt“-Ausgabe zum Heimspiel gegen den Bayer 04 Leverkusen.

Am heutigen Sonntagnachmittag (Anpfiff um 17.30 Uhr) wird er zum insgesamt 32. Mal für die Wölfe zwischen den Pfosten stehen. Da VfL-Stammkeeper und -Kapitän Koen Casteels immer noch verletzt ausfällt, springt Ersatzmann Pavao Pervan einmal mehr für den Belgier in die Bresche. In der aktuellen „Unter Wölfen kompakt“-Ausgabe zum Heimspiel gegen Bayer 04 Leverkusen spricht der hochgeschätzte Österreicher über das vergangene Freiburg-Spiel, seine Trainingsduelle mit Casteels, die Chancen und Risiken der Sozialen Medien sowie natürlich über den kommenden rheinischen Gegner.

Pavao Pervan, du hast am vergangenen Wochenende beim SC Freiburg deinen vierten Saison-Einsatz für die Wölfe gefeiert. Wie ärgerlich war es, nach der Aufholjagd dann die lange Rückreise doch ohne Punkte anzutreten?

Pavao Pervan: Wahnsinnig ärgerlich. Weil wir zunächst die erste Halbzeit komplett hergeschenkt haben, dann in der zweiten Halbzeit durch Kampf und die richtige Mentalität belohnt worden sind, um uns das schließlich gefühlt mit der letzten Aktion des Spiels doch wieder nehmen zu lassen. Es war schon eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Wir haben das auch intern deutlich angesprochen und hoffen, dass wir am Sonntag eine passende Reaktion zeigen. Fakt ist, dass uns den Punkt aus Freiburg niemand mehr zurückgeben kann. Aber auch das gehört zum Lernprozess.

Was denkt man, wenn nach sieben Minuten ein so perfekt getretener Freistoß wie der von Vincenzo Grifo in den linken Winkel segelt und damit schon wieder eine weiße Weste verhindert?

Pavao: Das ist natürlich kein idealer Beginn, aber auch das gehört dazu. Ich habe gewusst, dass da einiges auf mich zukommen wird, weil die Freiburger ja auch sehr gute Torschützen haben und generell eine sehr, sehr gute Saison spielen. Nichtsdestotrotz ist es sehr ärgerlich, wenn du dann nach sieben Minuten das Tor bekommst. Aber auch das kannst du dir nicht aussuchen, du musst die Dinge so annehmen, wie sie sind. Und dann alles versuchen, um dagegenzuhalten.

Wettbewerbsübergreifend 31-mal standest du im Wölfe-Trikot als Vertreter von Koen Casteels zwischen den Pfosten und hast immer wieder bewiesen, ein zuverlässiger Rückhalt zu sein, wenn du gefragt warst.  Wie schaffst du es, die Spannung immer hochzuhalten, um – wie gegen Freiburg – auch kurzfristig mit voller Fokussierung einspringen zu können?

Pavao: Ich glaube, das kommt mit der Zeit und mit einer gewissen Erfahrung, die man über die Jahre sammelt. Ich versuche mich wirklich tagtäglich so vorzubereiten, als ob ich am Wochenende spiele. Auch wenn man wohl sagen muss, dass es schon etwas anderes ist, wenn du frühzeitig definitiv weißt, dass du am Wochenende spielst. Dann kannst du den Fokus nochmal anders legen, dich nach dem Training zum Spiel hin so vorbereiten, dass du wirklich die maximale Frische hast. Als zweiter Torhüter stehst du natürlich sonst den jungen Spielern zur Verfügung., die nach dem Training immer mal zusätzlich etwas machen wollen. Dazu kommen dann auch noch deine individuellen Programme, die du im Kraftraum abspulst. Dadurch sind die Vorbereitung und der Ablauf für einen Stammspieler schon ein wenig anders. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass ich mental so stark bin, das gut hinzubekommen – und wirklich da zu sein, wenn ich gebraucht werde.

Du hast deine Rolle als hoch gelobter Ersatzkeeper offensichtlich angenommen. Du bist Teil des Mannschaftsrates und es wird immer wieder betont, wie wichtig deine Position im Team auch außerhalb des Platzes ist. War das einer der Gründe, dass du deinen Vertrag in Wolfsburg Anfang des Jahres bis 2024 verlängert hast?

Pavao: Ja, ich habe diese Rolle definitiv angenommen. Die Verlängerung hat aber natürlich auch mit vielen anderen Dingen zu tun. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, sich auch privat wohlzufühlen, um wirklich seine maximale Leistung bringen zu können. Das ist für mich hier in Wolfsburg der Fall. Deshalb haben natürlich auch diese Dinge eine wichtige Rolle gespielt. Ein weiterer Punkt ist auch, dass ich mich mit den Besten messen möchte – und für mich gehört Koen zu den drei besten Bundesliga-Torhütern. Und es macht natürlich Spaß, sich auch immer wieder im Training mit ihm zu duellieren und zu vergleichen. Ich merke da eine stetige Weiterentwicklung meinerseits und das stimmt mich einfach positiv und hat mir die Entscheidung sehr leicht gemacht. Dazu kommt auch noch, dass ich mich im Klub sehr wertgeschätzt fühle und eine große Anerkennung bekomme. Das alles macht Lust auf mehr.

Gibt es besondere Torwart-Skills, die du bei Koen bewunderst? Und umgekehrt?

Pavao: Bei Koen imponiert mir ganz einfach seine fußballerische Fähigkeit und seine Technik – auch was Fangsicherheit angeht. Und natürlich seine Ausstrahlung und Coolness auf dem Platz. Das ist etwas, von dem sich sehr, sehr viele Torhüter etwas abschauen können. Dazu kommt auch noch seine nahezu perfekte Raumverteidigung, er hat einfach ein wahnsinnig gutes Gefühl für den Raum. Da hängt die Messlatte in der Gesamtheit schon wahnsinnig hoch. Und das zeigt er ja auch Woche für Woche. Ich glaube, was Koen sehr an mir schätzt, ist meine Disziplin – trotz der Situation, dass ich eben nicht der erste Torhüter bin. Diese Hartnäckigkeit, dieser Ehrgeiz und dieses Verlangen, sich auch in dem fortgeschrittenen Alter immer verbessern zu wollen. Mein Ziel ist es natürlich, den größtmöglichen sportlichen Druck auf Koen auszuüben, weil das auch ihn besser macht. Die Konstellation passt aus diesem Grund ganz gut, denke ich. Auch weil wir persönlich sehr gut miteinander auskommen: Wir haben ein offenes Verhältnis und können uns gegenseitig kritisieren, weil wir beide wissen, dass es ehrlich gemeint ist und der Sache dient. 

Du giltst als sehr mündiger Profi. Viele vergangene Aussagen von dir zeigen, dass du dir auch viele Gedanken über gesellschaftspolitische Themen machst. Und du verzichtest ganz bewusst auf Social-Media-Kommunikation, was heutzutage eine echte Ausnahme im Profisport ist… 

Pavao: Ich glaube, dass es heute schon sehr wichtig ist, sich in diesen Bereichen zu engagieren – weil es ganz einfach auch die Zukunft ist. Bei mir war es dagegen so, dass es damals eben noch nicht so notwendig war wie heute. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass man vielen jungen Spielern auch in diesem Bereich Experten und Profis zur Seite stellen sollte, weil einfach viele Dinge auch gegen sie verwendet werden können – und das dann mit dazu beiträgt, dass der Fokus vom Wesentlichen abrückt. Da braucht man heutzutage – gerade, wenn man auf höherem Niveau spielt – ein Team dahinter, das sich kümmert und dir immer wieder Tipps gibt. Als junger Mensch macht du tendenziell ganz einfach Fehler – das gehört dazu und das passiert uns älteren und erfahreneren Spielern natürlich auch. Daher glaube ich, dass es heute kaum noch möglich ist, sich aus diesem Bereich komplett rauszuhalten. Aber man sollte eben schon aufpassen, was man postet und was für ein Bild man in der öffentlichen Wahrnehmung vermittelt. Sehr viele Vereine schauen sich die Profile von interessanten Spielern an, um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Und wenn dann ein junger Kerl von 17 oder 18 Jahren Privatchats, teure Uhren oder ähnliches postet, dann kommt das möglicherweise nicht so gut an, wenn du als Verein eine ganz andere Philosophie hast. 

Dein VfL-Debüt hast du 2018 ausgerechnet gegen den kommenden Gegner Bayer 04 Leverkusen gefeiert. In der BayArena habt ihr damals 3:1 gewonnen. Erinnerst du dich gut an damals?  Wie schätzt du Bayer zurzeit ein?

Pavao: Ich kann mich so gut daran erinnern, als ob es gestern gewesen wäre. Es war mein erstes Bundesliga-Spiel – was natürlich etwas ganz Besonderes ist. Es war der zweite Spieltag, Koens Frau hat ihr erstes Kind bekommen und so durfte ich mein Debüt geben. Ich hätte nichts dagegen, wenn wir das Spiel wieder so erfolgreich bestreiten. Ich glaube, es wird ein sehr offenes Spiel werden, beide Mannschaften spielen offensiven, aggressiven Pressing-Fußball. Und es wird wahrscheinlich, wie so oft in der Bundesliga, auf Kleinigkeiten ankommen. Man hat es ja auch in Freiburg gesehen: Wir laufen als VfL zwar unseren Ansprüchen gerade hinterher und der Sport-Club spielt eine unglaublich gute Saison – und trotzdem sind wir nach dem Rückstand wieder zurückgekommen. Das zeigt, wie eng die Bundesliga ist – aber auch, was für eine Qualität wir haben. Daran glauben wir und ich bin sicher, dass es für die Zuschauer ein sehr spannendes Spiel wird mit einem hoffentlich positiven Endergebnis für uns.
 
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