Geschichte

Kein Vorbeikommen

Mit beharrlichen Leistungen in der Zweiten drängte Guido Gehrmann nach oben. Sein Problem: Für hauseigene Talente war im stärksten VfL-Kader der 80er Jahre kein Platz.

Signiertes Gruppenbild ehemaliger VfL-Wolfsburg-Spieler.

In der Löwenstadt, das muss man ihm lassen, hat er sich einen Namen gemacht. Vor voller Hütte im Ligaspiel bei Eintracht Braunschweig setzte Guido Gehrmann gleich mal ein Zeichen. „In kurzer Folge habe ich zweimal Andreas Pospich rasiert, von da an war ich der Liebling der Braunschweiger Fans“, zwinkert er. Weil er dadurch erstens früh gelbverwarnt war und sich zweitens verletzte, war im 18. Derby für den Abwehrrecken nach einer Stunde Schluss. Über die volle Distanz durfte er sich in der ersten VfL-Mannschaft ohnehin nur selten zeigen. Zehn Einsätze kamen in der Spielzeit 1987/1988 zusammen, verteilt über die ganze Saison. „Um Stammspieler zu werden, hatte ich mir einfach die falsche Zeit ausgesucht.“

Namhafte Konkurrenz

Sein Trainer Wölfi Krause, der ihn im Sommer aus der Zweiten hochzog, sei nicht zu beneiden gewesen, sagt Gehrmann. „Er stand unter riesigem Aufstiegsdruck. In dieser Phase junge Leute einzubauen, war schwierig für ihn.“ Krause probierte es trotzdem. Was für Gehrmann jedoch bedeutete, dass er umlernen musste. „Olaf Ansorge, Peter Ament, Jürgen Mosert, Uwe Beese – da war überhaupt kein Durchkommen für mich. Jörg Kretzschmar, der auf meiner Position spielte, war in meinen Augen ligaweit der beste Mittelfeldspieler.“ Wenn Linksfuß Gehrmann dennoch einmal zum Zug kam, dann als Linksverteidiger in Konkurrenz zu Lutz Hadrys. Auch starke Vorstellungen, wie sein Startelfdebüt beim 6:0 gegen Wilhelmshaven, genügten jedoch nicht, um sich festzuspielen.

Rotermund statt Hrubesch

Meist ohne Gehrmann, der alle Jugendteams der Wölfe durchlaufen hatte, spielte der VfL eine bärenstarke 100-Tore-Saison, um danach in der Aufstiegsrunde trotzdem zu scheitern. Dass er dort beim Auswärtsspiel bei Hertha BSC mitwirken durfte, war für den heute 51-Jährigen ein großer Moment. „Im Olympiastadion aufzulaufen und das in einem solch bedeutenden Spiel, war schon besonders. Noch lieber denke ich sonst nur an unsere Wintervorbereitung in Puebla zurück. Diese Reise nach Mexiko, weil wir dort eine großartige Zeit hatten, war mein persönlicher VfL-Höhepunkt.“ Als es unter dem neuen Chefcoach Horst Hrubesch für den gebürtigen Wolfsburger nicht mehr weiterging, folgte er seinem Ziehvater Fredi Rotermund zum MTV Gifhorn. „Auch der Trainerwechsel kam zu einem unglücklichen Zeitpunkt. Statt in die Zweite zurückzugehen, bin ich lieber gewechselt. Trotzdem habe ich aus dieser einen Saison viel mitgenommen“, lautet sein Fazit.

Mehr als drei Dekaden Volkswagen

Ins Werk kam Gehrmann im November 1987. In seinem erlernten Beruf als Kfz-Mechaniker begann er in der FE und wechselte nach kurzer Zeit als Facharbeiter in die Fahrzeugsicherheit. Für über 20 Jahre arbeitete Gehrmann von 1991 an in der Versuchsabteilung Innenausstattung. Seinen heutigen Alltag in der Verwaltung für Erprobungsträger, wo er seit 2012 tätig ist und in einem Team von sechs Leuten arbeitet, beschreibt er beispielhaft so: „Es geht sowohl um Prototypen als auch um Serienfahrzeuge. Die Kollegen holen sich die Autos für Testfahrten aus einem Pool, den wir verwalten. Sollte ihnen etwas auffallen, schreibe ich im Anschluss entsprechende Aufträge an die Werkstätten.“ Ob ihm die Arbeit Freude macht? „Definitiv, sonst würde ich nicht seit über 30 Jahren bei Volkswagen arbeiten. Ich gehöre zu den Menschen, die morgens gern zur Arbeit gehen.“

Veröffentlicht im „Unter Wölfen Magazin“ im September 2018.