Männer

Endlich angekommen

Der algerische Neuzugang Mohammed Amoura im Interview.

Nach einer turbulenten Vorbereitung mit zwei Treffern aus drei Testspielen folgte die frühe Zwangspause für den Neuzugang aus Saint-Gilloise: Mohammed Amoura zog sich im Sommer-Trainingslager eine Innenbandverletzung zu und fiel für den Start der aktuellen Spielzeit aus. Ein Rückschlag für den algerischen Nationalspieler, der sich, wie er im Interview verrät, eine Menge für diese Saison in Wolfsburg vorgenommen hat. Nach 45 absolvierten ersten Liga-Minuten und einer Torvorlage im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt stand der 24-Jährige am vergangenen Wochenende in Leverkusen erstmals in der Startformation von Cheftrainer Ralph Hasenhüttl.

Mohammed Amoura, bei deinen beiden bisherigen Europa-Stationen in Lugano (Schweiz) und Saint-Gilloise (Belgien) konntest du die jeweiligen Pokalwettbewerbe gewinnen und dich für das internationale Fußballgeschäft qualifizieren. Ist Mohammed Amoura ein Garant für den Erfolg?

Mohammed Amoura: Das hoffe ich (schmunzelt). Zwar hat mich gerade die Verletzung zum Start hier beim VfL im ersten Moment sehr geärgert und genervt, ich konnte diese schmerzhafte Zeit jetzt allerdings endlich überwinden. Ich bin fit, möchte der Mannschaft helfen und mich weiterhin von Spiel zu Spiel steigern. Auch wenn es in Deutschland sehr schwierig ist, erfolgreich zu sein, hoffe ich, meinen Beitrag leisten zu können. Wenn alles passt, ist das also hoffentlich nicht unmöglich.

Du bist jetzt seit fast drei Monaten im Team und in der Stadt. Wie hast du dich in der Mannschaft und privat eingelebt?

Mohammed: Ich durfte hier in Wolfsburg ein familiäres Umfeld vorfinden und fühle mich sehr wohl. Meine Mitspieler und das Trainerteam haben mich trotz kleiner Sprachbarrieren von Beginn an sehr gut aufgenommen. Gerade mit den französischsprechenden Spielern, wie zum Beispiel Aster, pflege ich einen engen Kontakt. In meiner Freizeit spiele ich sehr gern FIFA oder „Call of Duty“ an der PlayStation, koche gern oder verbringe Zeit mit Freunden in der Stadt.

Du hast bereits 2023 gegen Cedric Zesiger im Finale des Schweizer Pokals gespielt und damals mit 2:3 gegen seine Young Boys verloren. Habt ihr euch, seitdem du hier bist, nochmal über das Spiel ausgetauscht? Nimmst du ihm die Partie noch übel?

Mohammed: Ich kommuniziere sehr viel mit Zesi, aber nicht mehr unbedingt über das Pokalfinale. Ich hätte das Spiel damals natürlich gern gewonnen, gönne es ihm aber auch, weil er ein toller Fußballer ist. Er hat es sich absolut verdient. Das steht also auf keinen Fall zwischen uns (lacht).

Hast du dir vor deinem Wechsel nach Wolfsburg Rat von deinem Ex-Saint-Gilloise-Coach Alexander Blessin (heute Trainer FC St. Pauli) oder deinem ehemaligen Lugano-Mitspieler und Ex-Wolf Renato Steffen über den Fußball in Deutschland eingeholt? 

Mohammed: Ich durfte mit beiden erfolgreiche Zeiten in meiner Karriere verbringen. Renato sprach sehr gut über den Verein und die Voraussetzungen hier. Wolfsburg sei eine kleine, aber schöne Stadt, in der man sich sehr wohlfühlen kann, sagte er. Alexander Blessin ist ein sehr guter und erfahrener Coach, der mir in meiner Zeit in Belgien viel Selbstvertrauen gegeben hat und unter dem ich mich stetig weiterentwickeln konnte. Auch wenn sich das Niveau von Liga zu Liga gesteigert hat, haben sich die Abläufe im Vergleich zu meinen vorherigen Stationen kaum verändert. Der Schritt aus Belgien nach Deutschland war dennoch ein großer für mich. Umso mehr freue ich mich darauf, mich nun in der Bundesliga und beim VfL beweisen zu dürfen.

Mit 23 Pflichtspielpartien zwischen 2009 und 2011 war Karim Ziani der bislang einzige Algerier, der für den VfL auflief. Kennst du ihn? Was hat er für ein Standing in eurer Heimat?

Mohammed: Natürlich kenne ich Karim. Ich hatte die Möglichkeit, mit seinem Vater im Vorfeld über den Wechsel zu sprechen. Karim war ein sehr guter Spieler, der in seinen Vereinen und im Nationalteam immer alles gegeben hat. Das bewundere ich an ihm, denn so erntest du viel Liebe von den algerischen Fans.

Apropos Fans: Du erreichst mit knapp 500.000 Followern eine enorme Reichweite auf der Social Media-Plattform Instagram. Fluch oder Segen?

Mohammed: Ich freue mich sehr darüber, auch gerade in Algerien so viele Fans zu haben und so viel Unterstützung zu erfahren. Auch wenn der Ton in den Sozialen Medien leider meistens eher negativ bestimmt ist, verspüre ich keinen Druck. Im Gegenteil: Ich bin dafür unfassbar dankbar und versuche, den Menschen mit meinen Leistungen Freude zu bereiten und ihnen etwas zurückzugeben.

Ist dir die Entscheidung, dein Heimatland Algerien mit nur 21 Jahren für den Fußball in Europa zu verlassen, schwergefallen? Was empfindest du auch jetzt gerade in Deutschland als größte Herausforderung?

Mohammed: Meine Familie ist mir sehr wichtig. Daher war es keine einfache Entscheidung, aber ich habe regelmäßigen Kontakt mit meinen Eltern, meiner Schwester und meinem Bruder. Alle verfolgen meine Spiele und drücken mir jedes Wochenende die Daumen. Aktuell bin ich noch allein in Wolfsburg, freue mich aber darauf, dass mich meine Familie im Herbst besuchen kommt. Ansonsten ist die Sprache auf dem Fußballplatz kein Problem. Außerhalb ist es noch ein bisschen schwierig, mich auf Deutsch zu verständigen. Ich hoffe aber, dass ich das durch meinen Sprachkurs beim VfL bald ändern kann.

Mit 63 Toren aus 30 Ligapartien stellte dein vorheriger Verein Union Saint-Gilloise in der abgelaufenen Saison die beste Offensivabteilung Belgiens. Du selbst konntest 17 Tore in 23 Begegnungen beisteuern und warst damit bester Angreifer deines Teams. War das schon immer deine Lieblingsposition? Was zeichnet dich als Stürmer aus?

Mohammed: Ja, ich habe schon immer im Angriff gespielt und wollte gern auf der Position bleiben. Ich bin ein schneller und dribbelstarker Spieler, der aber auch im Kindesalter in den jeweiligen Jahrgängen schon zu den körperlich Kleineren zählte. Deswegen habe ich im Training angefangen, mein Timing und die Positionierung für das Kopfballspiel durch Sprungübungen zu verbessern, um so ein möglichst kompletter Stürmer zu werden.

Mit dem VfB Stuttgart erwartet uns am Samstag eine Mannschaft, die mit Real Madrid und Borussia Dortmund zuletzt beide Champions League-Finalisten der vergangenen Saison sehr gut und erfolgreich bespielt hat. Was erwartest du für einen Gegner?

Mohammed: Der VfB Stuttgart ist ein großer Verein mit viel Qualität, wie er es in der letzten und auch gerade in den Anfangswochen dieser Saison unter Beweis gestellt hat. Es ist eine sehr wichtige Partie für uns. Wenn wir so wie in Leverkusen auftreten, können wir die drei Punkte hoffentlich in der Volkswagen Arena behalten.

zum Matchcenter