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„Eine super harte Aufgabe“

Ex-Wolf Jens Todt über das Duell seiner beiden ehemaligen Vereine am Samstag.

Ehemaliger Leiter des VfL-Wolfsburg-Nachwuchsleistungszentrums Jens Todt lächelt.

Schon weit über eine Dekade ist vergangen, seit Jens Todt beim VfL Wolfsburg tätig war. Von Februar 2010 bis Juni 2011 leitete der ehemalige Bundesliga-Profi (209 Ligapartien für den SC Freiburg, Werder Bremen und den VfB Stuttgart) das Nachwuchsleistungszentrum der Wölfe. Es folgten Stationen auf den Kommandobrücken des VfL Bochum, des Karlsruher SC und des Hamburger SV, ehe es etwas stiller um den gebürtigen Hamelner wurde. Was Todt heute so treibt, wie er auf den kommenden Gegner der Grün-Weißen blickt und welche Art Auseinandersetzung er ihnen für das Gastspiel in Freiburg voraussagt, verriet der 54-Jährige im Spieltagsinterview.

Jens Todt, willkommen zurück auf der Homepage des VfL Wolfsburg. Wie ist es Ihnen ergangen, seit sich Ihre und die Wege der Wölfe vor knapp 13 Jahren trennten?

Jens Todt: (lacht) Vielen Dank. Mein Lebensmittelpunkt ist Potsdam, hier lebe ich mit meiner Familie schon seit 20 Jahren. Zwischendurch hatte ich ja einige Fußballstationen, die größtenteils ganz viel Spaß gemacht haben. Natürlich gibt es in der Branche einige Härten, die ich auch erlebt habe. Aber grundsätzlich geht es mir gut.

Was machen Sie aktuell?

Todt: Ich betreue und berate Spieler, Trainer und andere Spezialisten der Branche. Das kam zustande, nachdem ich mir nach meinem Aus beim HSV vor ein paar Jahren die Frage gestellt hatte, was ich mit meinem weiteren Leben anfangen möchte. Im Ergebnis habe ich dann bewusst entschieden, bis auf Weiteres nicht mehr für Vereine zu arbeiten, sondern lieber unabhängig zu bleiben von Gremien, Pressedruck und so weiter. Die Selbstständigkeit gefällt mir sehr gut. Ich empfinde sie als großen Gewinn an Lebensqualität und habe viel Spaß daran.

Am Wochenende gastieren die Wölfe beim SC Freiburg. Gibt es etwas, das Sie konkret mit dieser Paarung verbinden?

Todt: Zuerst fällt mir da eine Statistik ein, von der ich neulich mal gelesen habe. Demnach gibt es zwischen beiden Klubs eine komplett ausgeglichene Bilanz, was mich sehr überrascht hat. Eher hätte ich erwartet, dass der VfL vorne liegt. Aber daran sieht man eben, welch konstant guten Job der SC Freiburg in der Bundesliga macht.

Für den VfL haben Sie damals 16 Monate lang gearbeitet, im Trikot des SC Freiburg dagegen fünf mutmaßlich recht aufregende Jahre als Spieler erlebt. Wir unterstellen mal, die Verbundenheit mit den Breisgauern ist somit die etwas stärkere.

Todt: In Freiburg wurde ich sozusagen fußballerisch sozialisiert. Und von einem Trainer geprägt, nämlich Volker Finke, der mich schon zwei Jahre zuvor beim TSV Havelse trainiert hatte und noch davor sogar Lehrer an meiner Schule gewesen war. Die Jahre als junger Mann sind nun einmal sehr prägend. Daher muss ich schon sagen, dass mich diese Zeit sehr beeinflusst hat.

Bestehen trotzdem noch Kontakte aus Ihrer Zeit bei den Wölfen?

Todt: Oh ja, gar nicht mal wenige. Mit Francisco Coppi zum Beispiel bin ich im Austausch. Ich kenne auch Sebastian Schindzielorz und Michael Gentner. Auch gibt es verschiedene Vereinsmitarbeiter, die schon zu meiner Zeit beim VfL beschäftigt waren. Aktuell habe ich außerdem einen Klienten vom VfL, nämlich Manuel Braun aus der U19. Allein schon seinetwegen bin ich regelmäßig in Wolfsburg, zuletzt erst vor ein paar Wochen.

Seit Sie Freiburg 1996 verlassen haben, hat es dort erst drei andere Cheftrainer gegeben. Nun hat Christian Streich seinen Abschied angekündigt. Was bedeutet das für diesen Standort?

Todt: Zunächst mal finde ich es bewundernswert und höchst souverän, wie Christian Streich das gelöst hat. Derart selbstbestimmt diese Entscheidung zu treffen, ohne sich von Stimmungen treiben zu lassen, das ist echt toll. Die Freiburger waren darauf aber gut vorbereitet, denke ich. Sie haben es jetzt in ihrem Stil sehr unaufgeregt gelöst und mit Julian Schuster einen Mann aus den eigenen Reihen nachgezogen. Eine typische Freiburg-Lösung, die ich gut finde.

Verglichen mit den Breisgauern hat der VfL Wolfsburg in den letzten Jahren einen wilden Ritt durch die Liga hingelegt. Allein in der Zeit nach Ihrem Ausscheiden 2011 war von Abstiegskampf bis Königsklasse alles dabei. Wie haben Sie das aus der Ferne erlebt?

Todt: Klar, die Unruhe habe ich mitbekommen. Aber beide Vereine lassen sich nur schwerlich miteinander vergleichen. Der SC Freiburg ist ein Klub, der beschränkt ist in seinen Ressourcen, sich deshalb klar für einen Weg entschieden hat und diesen seit Jahrzehnten durchzieht. Beim VfL gibt es grundsätzlich größere Möglichkeiten. In guten Jahren eröffnet das Chancen, die Champions League zu erreichen und dort auch eine ordentliche Rolle zu spielen. Aber es sind immer auch, wie aktuell, sehr schwierige Zeiten möglich. Die Ausschläge sind automatisch einfach größere als in Freiburg, was genauso aber für viele andere Standorte gilt.

Vier Spieltage vor Schluss ist Freiburg ist aktuell Siebter und kämpft um die dritte Europapokal-Teilnahme in Folge. Der VfL kommt aus einer schwierigen Phase, hat sich zuletzt aber gegen Bochum wieder Luft verschafft. Was wird das für ein Spiel am Samstag?

Todt: Ich glaube, dass der Sieg gegen Bochum unglaublich wichtig gewesen ist, weil sich alles jetzt ganz anders anfühlt. Man hat jetzt ein bisschen Vorsprung plus das bessere Torverhältnis gegenüber der Konkurrenz. Dadurch geht man völlig anders auf den Platz als vorher. Ich erwarte aber eine total starke und griffige Freiburger Mannschaft. Es ist die große Abschiedstournee für Christian Streich, der seine letzte Saison unbedingt krönen möchte. Deswegen wird es wird eine super harte Aufgabe für den VfL. Wenn er einen Punkt mitnimmt, kann er zufrieden sein, denke ich.

Wo und wie werden Sie das Spiel verfolgen?

Todt: Höchstwahrscheinlich werde ich auf dem Weg zu einem Termin im Auto sitzen und die Radiokonferenz verfolgen, die ich sehr liebe. 

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