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„Ein sehr intensives Jahr“

VfL-Cheftrainer Tommy Stroot über seinen bestandenen „Pro-Lizenz-Lehrgang“.

In dieser Woche hat Wölfinnen-Cheftrainer Tommy Stroot seine Urkunde für den erfolgreichen Abschluss eines 13-monatigen Lehrgangs zur „UEFA Pro Lizenz“ erhalten. Er ist einer von 16 Absolventen des insgesamt 69. Kurses zum Erreichen der höchsten deutschen Trainerlizenz (früher Fußball-Lehrer). In den vergangenen Monaten war Stroot immer wieder für Module auf dem DFB-Campus in Frankfurt, außerdem machte er Praktika bei Ole Werner (Werder Bremen) und Erik ten Hag (Manchester United). Im Interview blickt er auf die vergangenen 13 Monate zurück.

Tommy Stroot, herzlichen Glückwunsch zur „UEFA Pro Lizenz“. Was bedeutet Ihnen der Abschluss dieses Lehrgangs?

Tommy Stroot: Das ist schon etwas sehr Besonderes, weil das die höchste Lizenz ist, die ein Fußballtrainer bekommen kann. Noch vor zehn oder fünf Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, an so einem Kurs teilzunehmen und die Möglichkeit zu haben, diese Lizenz zu machen. Deshalb bin ich total glücklich, diesen Lehrgang jetzt abgeschlossen zu haben. Gleichzeitig bin ich dem Verein, meinem Trainerteam und auch den Spielerinnen extrem dankbar dafür, dass wir gemeinsam Lösungen gefunden haben, die mir diese Ausbildung parallel zu meinem Amt als Cheftrainer ermöglicht haben.

Sie sprechen die doppelte Belastung an. Wie anspruchsvoll war es, den Lehrgang während der normalen Trainertätigkeit zu machen?

Stroot: Grundsätzlich ist es schon sehr anspruchsvoll, beides unter einen Hut zu bekommen. Vor allem, wenn wir schauen, wie unsere letzte Saison aussah. Wir haben das Champions-League-Finale erreicht, hatten sehr viele englische Wochen. Ich weiß noch, wie wir das Spiel gegen Arsenal in der Verlängerung mit 3:2 gewonnen haben und ich danach um 4 Uhr morgens am Londoner Flughafen saß, um nach Istanbul zum Kurs zu fliegen. Das war natürlich eine Ausnahmesituation, aber sie unterstreicht, wie knackig das Programm war. Deshalb war es für mich ein sehr intensives, aber schönes Jahr.

Gab es besondere Highlights für Sie, wie zum Beispiel das Praktikum bei Manchester United?

Stroot: Für mich gibt es an der Stelle zwei Facetten, die wichtig sind. Die eine waren die beiden Praktika, die ich gemacht habe. Ich fand die Woche bei Ole Werner in Bremen total interessant. Auch, weil wir uns von der Persönlichkeit her ähneln – er ist ein bisschen ruhiger, nicht so extrovertiert, wie andere es vielleicht sind. Deshalb war es spannend zu sehen, wie er arbeitet und welche Abläufe er hat. Natürlich war auch das Praktikum bei Erik ten Hag von Manchester United ein Highlight. Ich konnte dort von der Spielbesprechung bis zu einer Testspiel-Reise bei allem dabei sein. Das so mitmachen zu dürfen, war wahrscheinlich eine Once-in-a-Lifetime-Situation. Ich habe aber auch die ganzen Expertentalks mit verschiedenen Persönlichkeiten während des Lehrgangs genossen. Wir hatten tolle Gäste wie beispielsweise Ralf Rangnick, Hansi Flick, Bernhard Peters oder Roger Schmidt. Dadurch hat man verschiedene Perspektiven kennengelernt und Einblicke in unterschiedliche Positionen bekommen.

Inwiefern profitieren Sie als Trainer von all diesen Begegnungen?

Stroot: Grundsätzlich ist durch den Kurs der Rucksack mit den Möglichkeiten und Lösungen, die man in Stresssituationen im Alltagsgeschäft Profifußball hat, größer geworden. Dabei ging es gar nicht so sehr darum, welche Lösungen gut oder schlecht sind. Es ging eher um das Selbstbild, das man hat. Wie bin ich als Trainer? Wie reagiere ich in verschiedenen Situationen? Und wie kann ich das für mich nutzen, wenn ich es wahrnehme? Dieses Wissen ist der entscheidende Schlüssel, um die eigene Trainerpersönlichkeit weiterzuentwickeln und das eigene Profil zu schärfen. Deshalb ging es auch weniger darum, in einem Talk eine Geschichte zu hören, um sie eins zu eins zu übernehmen. Das Ziel war eher, die unterschiedlichen Perspektiven und Wahrnehmungen kennenzulernen.

Inwiefern spielt das Netzwerken bei dem Lehrgang eine Rolle?

Stroot: Durch den Kurs, die Expertentalks und Praktika entsteht ein Netzwerk zum Austauschen auf höchstem Niveau. Dabei geht es gar nicht um irgendwelche konkreten Themen oder Anliegen, sondern einfach darum, sich auszutauschen und über Fußball zu sprechen. Diese Chance will ich in Zukunft weiter nutzen. Wir haben mit den Lehrgangsteilnehmern außerdem eine Whatsapp-Gruppe, in der immer etwas los ist, sobald jemand zum Beispiel ein großes Spiel gewinnt oder größer in den Medien ist. Von daher werden wir in Kontakt bleiben.

Was nehmen Sie sonst für die Zukunft mit?

Stroot: Das Lernen ist mit dem Kurs ja zum Glück nicht beendet. Der Lehrgang hat mir stattdessen ein paar Möglichkeiten gezeigt, um in Kommunikation zu treten. Ich will mir auch in Zukunft Persönlichkeiten suchen, die nicht unbedingt aus dem Sport sein müssen, um weitere Perspektiven und weiteren Input zu bekommen.

Ab 2025 ist die Pro Lizenz für Cheftrainerinnen und Cheftrainer in der Frauen-Bundesliga Pflicht. Wie sinnvoll und umsetzbar ist das aus Ihrer Sicht?

Stroot: Grundsätzlich ist es ein weiterer Schritt in der Professionalisierung der Liga, was gut ist. Als wir beim VfL darüber gesprochen haben, ob ich den Lehrgang mache, wussten wir, dass diese Auflage irgendwann kommen wird. Deshalb haben wir nach dem idealen Zeitpunkt für den Kurs gesucht, der im letzten Jahr war. Andere Trainer haben diese Herausforderung noch vor sich. Sie ist aber auf jeden Fall lösbar, wenn das Trainerteam gut eingespielt ist.