Männer

„Druck nach oben ausüben“

Interview mit VfL-Rechtsverteidiger Kilian Fischer vor dem Union-Heimspiel.

VfL-Wolfsburg-Spieler Kilian Fischer im Training.

Vor dieser Saison verpflichtete der VfL Kilian Fischer vom Zweitligisten 1. FC Nürnberg. Der Rechtsverteidiger, der sich selbst als fußballerischer „Spätstarter“ bezeichnet, hatte sich kontinuierlich nach oben gearbeitet und mit dem Wechsel zu den Wölfen innerhalb weniger Jahre den Sprung aus der Regionalliga in die Bundesliga geschafft. Es dauerte bis zum zwölften Spieltag, ehe der 22-Jährige mit einem Kurzeinsatz gegen den VfL Bochum erstmals Oberhaus-Luft schnuppern durfte. Für seinen zweiten Startelf-Einsatz am 22. Spieltag beim 1. FC Köln erhielt Fischer viel Lob, doch muskuläre Probleme verhinderten letztlich einen Folgeeinsatz gegen Frankfurt. Nun meldet sich der U21-Nationalspieler für das morgige Duell gegen Union Berlin (Anstoß am Sonntag um 19.30 Uhr) wieder fit und spricht im Interview nicht nur über seine sportliche Entwicklung und seine perfekte persönliche VfL-Bilanz, sondern ebenso über sein Leben in Wolfsburg abseits des Rasens.

Kilian, wie geht es dir? Bist du wieder voll im Training?

Kilian Fischer: Die Test sind positiv ausgefallen, so dass ich am Freitag wieder mit der Mannschaft trainieren konnte. Ich fühle mich gut.

Was war genau los?

Kilian: Ich hatte muskuläre Probleme. Da muss man entsprechend vorsichtig sein, weil aus solch einer kleinen Verhärtung dann schnell auch mal etwas mehr werden kann. Auch wenn es mir schwergefallen ist, war es insgesamt die richtige Entscheidung, mal ein paar Tage zu pausieren.

In Köln im vierten Einsatz eine starke Leistung und dein erster Assist (Elfmeter). Wie unpassend kam dann dein Ausfall gegen Frankfurt?

Kilian: Auszufallen ist grundsätzlich immer blöd. Ich sag mal so: Vor der Partie in Köln wäre es noch ungünstiger gewesen. Deswegen bin ich erstmal froh, dass ich zumindest dieses Spiel machen konnte. Aber wenn man mal ein bisschen den Fuß in der Tür hat, will man natürlich weiterspielen. Aber ich denke nicht, dass mich jetzt drei, vier Tage Pause zwischendurch weit zurückwerfen. Deswegen ist alles gut – es sind ja noch ein paar Spiele.

Niko Kovac sprach nach dem Köln-Spiel von einem „Volltreffer“, was seine Entscheidung für deinen Startelf-Einsatz anging. Wie sehr freut dich solch ein individuelles Lob?

Kilian: Schon extrem. Ich glaube, gelobt wird jeder gerne. Und nachdem es jetzt längere Zeit nicht mehr mit einem Einsatz geklappt hat, freut es einen natürlich umso mehr, wenn man dann spielt und auch noch positives Feedback bekommt. Das gibt natürlich auch Selbstvertrauen.

Wo hast du die Partie gegen Frankfurt gesehen und wie fandest du den Spielverlauf sowie das Ergebnis? Eher Big-Point verpasst oder immerhin Abstand nach oben nicht vergrößert?

Kilian: Ich habe es mir im Stadion gemütlich gemacht und das Geschehen auf dem Rasen von meinem Platz aus genau beobachtet. Ich würde eher sagen, wir haben einen Big Point verpasst. Ich finde, wir haben ein echt gutes Spiel gemacht, vor allem in der ersten Halbzeit. Aus dem Spiel heraus war es relativ ausgeglichen, wir haben uns aber insgesamt deutlich mehr Chancen herausgespielt als Frankfurt. Hätten wir die Dinger noch ein bisschen kaltschnäuziger reingehauen, wären wir auch verdient als Sieger vom Platz gegangen.

Ich fühle mich hier in Wolfsburg sehr wohl, in der Mannschaft stimmt es – deswegen bin ich auch zufrieden. Jetzt hoffe ich einfach, dass ich der Mannschaft mit ein bisschen mehr Spielzeit helfen kann.
Kilian Fischer

Wie zufrieden bist du generell mit deiner Entwicklung? 

Kilian: Grundsätzlich bin ich natürlich sehr zufrieden. Ich habe ja vor drei, vier Jahren noch in der Regionalliga gespielt und bin dann jede Saison eine Liga nach oben gestiegen. Man braucht natürlich immer ein wenig Zeit, sich anzupassen, einzufinden und auch an das höhere Tempo zu gewöhnen. Ich würde sagen, das ist mit hier über das erste Dreivierteljahr gut gelungen. Ich fühle mich hier in Wolfsburg sehr wohl, in der Mannschaft stimmt es – deswegen bin ich auch zufrieden. Jetzt hoffe ich einfach, dass ich der Mannschaft mit ein bisschen mehr Spielzeit helfen kann.

Fasse doch mal in drei Worten deine Stärken zusammen…

Kilian: (überlegt kurz) Leidenschaft…Zweikampf… und Klarheit im Spiel.

Du hast eine perfekte persönliche Bilanz mit den Wölfen. Vier Einsätze, vier Siege. Ist es da nicht fast Pflicht, dass du am Sonntagabend gegen Union spielst?

Kilian: (lacht) Wenn man dieser Statistik vertraut, dann auf alle Fälle! Diese Serie will ich natürlich ausbauen. Ich kann nur sagen, dass ich mich wieder gut und bereit fühle. Alles andere wird sich dann ergeben.

Wie richtungsweisend ist die Partie gegen die Eisernen? Wie ist das Sensationsteam der Liga zu knacken?

Kilian: Man hat auch bei Union in den letzten Spielen ein bisschen gesehen, dass sie zu knacken sind beziehungsweise ebenfalls mal schwächeln, was davor ja nicht so der Fall war. Spielerisch gesehen sind wir absolut auf Augenhöhe – und zuhause sind wir sowieso sehr schwer zu bespielen. Deswegen würde ich uns auch gute Chancen einräumen. Ich glaube zudem, dass wir ganz gut drauf sind. Mit einem Sieg kann man Druck nach oben ausüben – und das wollen wir natürlich tun.

Spielst du gerne unter Flutlicht?

Kilian: Ich spiele eigentlich sehr gerne unter Flutlicht, allerdings mag ich den ganzen Vorlauf nicht so. Der Tag wird sehr lang und man wartet eigentlich nur darauf, dass es endlich losgeht. Man kann nicht zu viel machen, darf aber auch nicht nur rumliegen. Die Vorbereitung finde ich also etwas schwieriger, aber von der Atmosphäre und vom Feeling her ist so ein Flutlichtspiel schon richtig cool.

Wie lebst du hier in Wolfsburg?

Kilian: Ich habe mich wirklich sehr gut eingelebt, wohne zusammen mit meiner Freundin in einem ruhigen Neubaugebiet in Fallersleben. Wir fühlen uns dort wirklich sehr wohl, haben jetzt auch schon Freunde gefunden, mit denen wir privat öfter mal etwas machen. Es ist ja immer wichtig, dass es auch privat stimmt.

Es war also kein Thema für deine Freundin, dich nach Wolfsburg zu begleiten?

Kilian: Nein, es war von vorneherein klar: Wenn wir den Schritt machen, dann zusammen. Dafür bin ich ihr auch extrem dankbar. Sie hat viel für mich hinter sich gelassen – Studium, Familie, Freundinnen. Das ist natürlich ein großer Schritt, gerade in jungen Jahren. Aber ich glaube, sie hat es noch nicht bereut.

Eines deiner Hobbys ist Kochen. Was hast du als Letztes gekocht? Und für wen?

Kilian: Das ist interessanterweise tatsächlich noch nicht so lange her. Ich hatte Anfang der Woche Freunde bei mir zuhause. Gekocht habe ich eine Bowl mit Reis, allerlei Gemüse und Tofu. Und es ist ganz gut angekommen, glaube ich. 

Bleibt eigentlich noch Zeit für dein Studium der Wirtschaftswissenschaften? Wie wichtig ist dir selbst ein solches zweites Standbein?

Kilian: Ja, tatsächlich mache ich das noch, ich habe jetzt im März auch noch Prüfungen. Ich setze mich eigentlich konstant jeden Tag eine oder zwei Stunden hin - auch wenn es natürlich manchmal Überwindung kostet, nach dem Training noch zu lernen. Aber ich weiß, dass es gut und sinnvoll ist, da es ja auch noch ein Leben nach dem Fußball gibt. Bisher habe ich alles bestanden und es läuft eigentlich ganz gut. Ich habe ein bisschen das Tempo rausgenommen, weil es mir letztlich relativ egal ist, ob ich den Abschluss in zwei Jahren habe oder in drei oder vier. Das nimmt mir ein wenig den Lernstress.

Natürlich ist es mein persönliches Ziel, auf jeden Fall dabei zu sein und dann auch so weit wie möglich zu kommen.
Kilian Fischer über die U21-EM in diesem Jahr

In diesem Jahr findet die U21-EM in Rumänien und Georgien statt. Wie siehst du deine Chancen, dabei zu sein? Habt ihr euch schon ein Ziel gesetzt?

Kilian: Ein Ziel haben wir noch nicht ausgerufen, es war erst einmal wichtig, dass wir uns qualifiziert haben – und das auch noch ziemlich souverän. Natürlich ist es mein persönliches Ziel, auf jeden Fall dabei zu sein und dann auch so weit wie möglich zu kommen. Es wäre mein erstes großes Turnier, ich habe vorher auch nie in einer Jugend-Nationalmannschaft gespielt, sondern bin erst in der U21 dazugestoßen. Grundsätzlich rechne ich mir ganz gute Chancen aus, weil ich die letzten Male immer dabei war und dort auch meine Spielzeiten bekommen habe. 

Zum Schluss eine gemeine Frage: Wer ist der bessere Rechtsverteidiger? Robin Gosens oder Ridle Baku? Oder doch Kilian Fischer?

Kilian: (lacht) Ridle Baku! Auch wenn Robin Gosens ein Stück weit ein Vorbild von mir war und ist und ich seinen Spielstil mag. Ich kann von Ridle wirklich viel mitnehmen. Er hat eine super Geschwindigkeit und eine gute Technik, dazu einen guten Drang nach vorne. Er schießt auch viele Tore, das kann ich mir auf jeden Fall noch abschauen von ihm. Und darüber hinaus ist Ridle auch ein ganz feiner Kerl.

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