Frauen

Das ist der Arsenal Women FC

Der Londoner Viertelfinalgegner der Wölfinnen im Porträt.

Die erste Gruppenphase in der Geschichte der UEFA Women’s Champions League hätte für die VfL-Frauen nicht dramatischer verlaufen können. Nach nur einem Punkt aus den beiden Gruppenspielen gegen Juventus Turin war das Ausscheiden in Gruppe A keine Utopie mehr. Zuvor hatte sich der VfL bei all seinen Auftritten auf internationalem Parkett immer mindestens in die Runde der letzten Acht gespielt. Nach einem 3:0-Pflichtsieg beim am Ende punktlosen Servette FCCF war vor der abschließenden Gruppenpartie gegen Gruppenfavorit Chelsea FC Women relativ klar: Nur ein Sieg mit zwei Toren Differenz bringt die Grün-Weißen ins Viertelfinale. Was dann aber kurz vor Weihnachten im AOK Stadion folgte, hätten wohl die kühnsten Optimisten nicht zu träumen gewagt. In einem mitreißenden Spiel schickten die Wölfinnen die Blues mit 4:0 in die britische Hauptstadt zurück, warfen die Londonerinnen so aus dem Wettbewerb und qualifizierten sich als Gruppenerster für das Viertelfinale. Die Auslosung bescherte dem VfL dann eine zügige Rückkehr in das Vereinte Königreich: Mit dem Arsenal Women FC wartet am kommenden Mittwoch, 23. März (Anstoß um 20 Uhr Ortszeit/live auf DAZN) der aktuelle Tabellenführer der Women’s Super League, dem man in einem Pflichtspiel zuletzt im Champions-League-Halbfinale 2013 gegenüberstand. 

Arsenal Ladies Football Club

Bei Arsenal gab es lange Zeit eine Doppelposition, die im Profifußball wohl einmalig ist: Vic Akers war seit Beginn der 80er Jahre bis ins Jahr 2018 der Kit Manager (Zeugwart) der Arsenal-Männer. Eingestellt wurde Akers nach seiner Spielerkarriere, in den dritten und vierten Ligen Englands, aber eigentlich, um den Klub bei seinen Projekten in den Londoner Gemeinden zu unterstützen. Doch auch dies genügte ihm nicht und er gründete 1987 die Abteilung Arsenal Ladies, mit denen er als Trainer bis zum Ende seiner Ära in 23 Jahren 31 Trophäen in die Luft strecken durfte. So richtig los ging es für die Gunners im Jahr 1992, als sie in die damalige Premier League aufstiegen und erstmals den Women’s League Cup gewannen. Im ersten Jahr in Englands Eliteklasse gelang den Londonerinnen mit dem Triple sofort der große Wurf. Obwohl man auch an der Themse damals noch weit weg vom professionellen Frauenfußball war, heimste man von nun an Titel wie am Fließband ein. Bis 2003 kamen noch vier weitere Meisterschaften und FA-Cup-Siege sowie fünf Liga-Pokale dazu.

Rote Dominanz

Als in den frühen Nullerjahren auch in der Frauenabteilung der Gunners die Professionalisierung Einzug hielt, war der Lohn eine Dominanz, die auch im internationalen Vergleich ihresgleichen sucht. So gingen sämtliche Ligatitel von 2004 bis 2010 ins rote London sowie sechs Mal der FA Cup und drei Mal der Ligapokal. Höhepunkt in dieser nur so vor Highlights strotzenden Zeit war aber die Saison 2006/2007, als man als bislang einzige englische Mannschaft die Champions League gewinnen konnte. Da Arsenal auch in allen nationalen Wettbewerben siegreich war, konnten sich die Arsenal Ladies, sofern man das FA Women’s Community Shield und den London Women's Cup hinzuzählt, als Sextuple-Siegerinnen bezeichnen. In dieser Zeit sammelte die Mannschaft von Akers einige beeindruckende Rekorde: So blieb man in der Liga 108 Spiele in Folge ungeschlagen und gewann in dieser Zeit sogar 51 Spiele am Stück. Macher Akers selbst trat nach dem Double 2009 von seinem Posten als Trainer der Frauen des FC Arsenal zurück. Kit Manager der Männer blieb er aber noch bis 2018. Gemeinsam mit Arsene Wenger legte er dort sein Amt zum Saisonende nieder. Bei den Frauen folgte ihm zunächst Tony Gervaise, der aber nach nur acht Monaten durch Laura Harvey ersetzt wurde. 

Premierenmeister und Durststrecke

Auch als zur Saison 2010/2011 die Women’s Super League gegründet wurde, gab es zunächst kein Vorbeikommen an Arsenal – die ersten beiden Titel wanderten in den Trophäenschrank der Londonerinnen. Im dritten Jahr unter Harvey sollte die Erfolgsserie dann aber reißen: Nach der Meisterschaft 2012 mussten die Gunners sieben Jahre bis zum nächsten Coup warten. Zumindest der League- und FA Cup gingen in dieser Zeit aber noch drei Mal an die Themse. Nach Harveys Abschied wurde die Mannschaft ein Jahr lang von Shelley Kerr geleitet, ehe 2014 der Spanier Pedro Martinez Losa übernahm. Unter ihm erfolgte 2017 die Umbenennung hin zum Arsenal Women FC. Laut vereinseigenen Angaben sollte dies ein klares Signal der Einheit und Gemeinschaft innerhalb des englischen Traditionsvereins sein. 2017 übergab Losa sein Amt an den heutigen Trainer von Juventus Turin, Joe Montemurro, der mit dem Liga-Sieg 2019 den bis dato letzten Titel für die Gunners erringen konnte. Seit dieser Saison steht der Schwede Jonas Eidevall an der Seitenlinie. 

Miedema überragt alle

Dass im Viertelfinale der UEFA Women’s Champions League naturgemäß nur die Schwergewichte des internationalen Frauenfußballs warten, ist selbsterklärend. Natürlich ist auch die Mannschaft von Eidevall über alle Mannschaftsteile mit Weltklasse-Spielerinnen besetzt. Dennoch ragt mit Sturmführerin Vivienne Miedema eine Spielerin noch einmal besonders hinaus. Die ehemalige Münchnerin, die 2017 an die Themse wechselte, erzielte in bisher 113 Pflichtspielen für die Reds stolze 96 Tore. Für die niederländische Nationalmannschaft kommt die erst 25 Jahre alte Miedema bereits auf 104 Spiele, in der ihr auch schon 85 Treffer gelangen. Aber auch die gefährlichste Angreiferin muss zunächst in Szene gesetzt werden. Bei den Gunners füttert das Sturmduo, das in dieser Saison meist aus Beth Mead und Miedema besteht, seit Jahren die 31-jährige Spielführerin Kim Little. Im defensiven Mittelfeld versucht die Schweizer Nationalspielerin Lia Wälti so viele Bälle wie möglich vor der Londoner Abwehrreihe fernzuhalten. Gelingt dies, wartet in der Defensivabteilung der Londonerinnen mit Noelle Maritz eine ehemalige Wölfin als absolut gesetzter Fixpunkt. Die 26-Jährige spielte von 2013 an für sieben Jahre im grün-weißen Trikot. Im Tor ist Manuela Zinsberger die unangefochtene Nummer eins – die österreichische Nationalspielerin wechselte 2019 von München an die Themse. 

Bewegungen im Wintertransferfenster

Obwohl der Arsenal Women FC als Tabellenführer der Women’s Super League ins Jahr 2022 startete, fielen die Transferaktivitäten in der Hauptstadt doch ungewöhnlich groß aus. Und auch die Namen, die sich ab sofort das rot-weiße Dress überstreifen, klingen verheißungsvoll. Stürmerin Stina Blackstenius, die im olympischen Finale 2021 für die Schwedinnen traf, wechselte vom schwedischen UWCL-Spitzenverein BK Häcken nach London. Eine deutlich weitere Anreise nach England hatte die brasilianische Nationalspielerin Raffaele. Die Innenverteidigerin stand zuletzt in Diensten des chinesischen Erstligisten Changchun Zhuoyue. In Deutschland am bekanntesten ist aber mit Sicherheit die dritte Neue im Bunde: Die österreichische Nationalspielerin Laura Wienroither ist ebenfalls in der Innenverteidigung beheimatet und schnürte zuvor für drei Jahre die Schuhe für die TSG 1899 Hoffenheim.

Geschichte des Hauptvereins

Der Arsenal FC geht auf einen Zusammenschluss von Rüstungsfabrikarbeitern aus dem Jahr 1886 zurück, der zunächst auf den Namen Dial Square hörte. Doch schon bald folgte die Umbenennung in Royal Arsenal und bereits 1889 entschied man sich auf Grund aggressiver Abwerbeversuche anderer Profivereine aus London, selbst zum Profiklub zu werden. Im Zuge dessen folgte bereits die nächste Umbenennung in Woolwich Arsenal. Dieser Aufsteiger wurde jedoch von vielen anderen Verein kritisch gesehen und Arsenal von lokalen Wettbewerben ausgeschlossen. Als erster südenglischer Verein durfte man deshalb ab 1893 in der zweitklassigen Second Division antreten. Trotz einiger Achtungserfolge im FA Cup entwickelte sich der Verein auf Grund anhaltender Vereinsprobleme negativ. Besserung sollte sich erst 1913 einstellen, als man erst versuchte mit dem FC Fulham zu fusionieren, letztendlich aber nach Highburry umzog und ab 1914 als The Arsenal auflief. Obwohl man sich 1915 sportlich nicht für die 1919 wieder startende erste Liga qualifizierte, berief der Verband Arsenal dennoch in die höchste Spielklasse, welcher man als einziger englischer Verein seitdem angehört. Trotz der durch den Umzug besseren finanziellen Lage blieben auch im Anschluss die großen sportlichen Erfolge zunächst aus. 

Mit Chapman kommt der Erfolg

Erst als 1925 Herbert Chapman als neuer Trainer einige Änderungen anstieß, stellte sich der Erfolg ein und man gewann 1930, 44 Jahre nach Vereinsgründung, mit dem FA Cup den ersten Titel: Dies sollte der Startschuss für eine Periode sein, in der Arsenal den englischen Klubfußball dominierte. Bis 1938 holte man sechs nationale Meisterschaften und noch einen weiteren FA Cup, musste aber 1934 den überraschenden Tod von Chapmann verkraften. Diese erfolgreiche Periode fand mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in England ein jähes Ende: Nachdem erst kurz zuvor der bis heute gültige Rekord von über 73.000 Zuschauenden in Arsenals Heimstätte aufgestellt wurde, fiel die Nordtribüne dem Bombenhagel zum Opfer. Dies und weitere hohe Kosten nach Kriegsende sorgten für eine finanziell schwierige Situation, unter der auch der sportliche Erfolg litt. Dennoch konnte man sich 1948 und 1952 noch Titel sechs und sieben schnappen. Bis in die 70er Jahre folgte jedoch eine Durststrecke, die geprägt war von Mittelmäßigkeit und geringem Zuschauerinteresse. 

Ein Physio holt den ersten europäischen Pokal

In dieser Zeit der Mittelmäßigkeit gab es einen Ausreißer, als unter Bertie Mee, dem ehemaligen Physiotherapeuten, 1970 mit dem Messepokal die erste europäische Trophäe nach London ging und kurz darauf die Reds auch ihr erstes Double aus Meisterschaft und FA Cup holten. Im Anschluss kam man zwar meist in der oberen Tabellenhälfte ins Ziel, der große Wurf ließ aber wieder lange auf sich warten. Erst unter George Graham und mit einer verjüngten Mannschaft wanderten 1989 und 1991 die nächsten Meisterschaften ins „rote“ London. Wenige Jahre später sollte dann wohl eine der prägendsten Figuren des englischen Klubfußballs eine Ära bei Arsenal London begründen: 1996 übernahm der Franzose Arsene Wenger und blieb 22 Jahre an der Seitenlinie der Gunners. Gleich in seiner zweiten Saison holte er das zweite Double der Vereinsgeschichte und ließ bis 2004 noch zwei Meisterschaften folgen. Mit Weltklassespielern wie Sol Campbell, Thierry Henry, Robert Pires und Patrick Vieira war man eine der stärksten Mannschaften Europas, die sich 2006 unglücklich im Champions-League-Finale dem FC Barcelona geschlagen geben musste. 

Vom Highburry zum Emirates

Für dieses europäische Standing war das Highburry, die traditionelle Heimat Arsenals, nicht mehr zeitgemäß. 2006 wurde mit dem Emirates Stadium ein zeitgemäßes Stadion eingeweiht. In der zweiten Hälfte der Wirkungszeit Wengers konnten die Reds nicht mehr ganz an die Erfolge anknüpfen. Zwar spielte man meist oben mit, musste aber immer anderen Schwergewichten des englischen Fußballs den Vortritt lassen. Nur 2014 und 2015 konnte Arsenal den FA Cup zweimal in Folge in die Lüfte strecken. 2018 folgte Unai Emery auf die Trainer-Ikone Wenger. Er konnte jedoch keine Ära prägen und wurde nach nur einer kurzen Amtszeit durch Mikel Arteta, einem ehemaligen Spieler, auf dem Trainersessel beerbt. Arteta sorgte 2020 mit dem 14. FA Cup dafür, dass sich Arsenal Rekordpokalsieger nennen kann. 

Erzrivalen: Tottenham Hotspurs (North London Derby)

Fans und Hymne: Der FC Arsenal hat eine der loyalsten und leidensfähigsten Fanszenen Englands. Das 60.000 Zuschauende fassende Emirates Stadium wurde vor Pandemiezeiten mit 99,8 Prozent fast vollständig ausgelastet. Die Fans bezeichnen sich selbst als „Gooners“, was eine Abwandlung von Gunners darstellt. Als einer der größten europäischen Vereine verfügt der FC Arsenal über eine Vielzahl an Fanclubs und Vereinigungen. Die meisten sind in London beheimatet, aber auch im gesamten Königreich und in anderen Ländern dieser Erde haben sich Fans der Gunners gruppiert. 

Bekannte ehemalige Spieler: Tony Adams, Dennis Bergkamp, Thierry Henry, Jens Lehmann, Freddy Ljungberg, Mesut Özil, Robert Pires, Robin van Persie, Lukas Podolski, Patrick Vieira, Ian Wright. 

Interessante Details

Farben und Spitzname: rot/weiß (Heimtrikot), gelb (Auswärtstrikot), The Gunners. 

Wappen: Das Emblem des FC Arsenal hat sich in seiner mehr als 100-jährigen Geschichte vielfach gewandelt. Doch schon 1888 waren die Kanonen, die für den unverwechselbaren Spitznamen des FC Arsenal sorgten, zentral. Im Jahr 1949 gab es eine größere Anpassung, in der erstmals die Vereinsfarben, das Stadtwappen Islington und der Slogan „Victoria concordia crescit“ enthalten waren. Dieses Logo wurde mit leichten Abwandlungen so bis 2002 verwendet, ehe ein Rechtsstreit zum heute gebräuchlichen, schlichteren Wappen führte. 

Stadion: Der Arsenal WFC trägt seine Heimspiele im 5.000 Zuschauende fassenden Meadow Park in Borehamwood aus. Für das UWCL-Viertelfinale gegen den VfL dürfen die Arsenal-Frauen das über 60.000 Fans beherbergende Emirates Stadium nutzen. 

Trainer: An der Seitenlinie des Arsenal WFC steht seit dieser Saison der Schwede Jonas Eidevall, der auf den Australier Joe Montemurro folgte. Eidevall trainierte zuvor für drei Spielzeiten den schwedischen Spitzenverein FC Rosengard, mit dem er zweimal nationaler Meister wurde. 

Stadt: London ist eine der Metropolen Europas. Die Hauptstadt des Vereinigten Königreichs hat knapp neun Millionen Einwohnende und geht auf eine römische Siedlung zurück. Bereits im Mittelalter war die Stadt an der Themse ein bedeutender Handelsplatz, durch die Industrialisierung wurde dieser Status noch einmal verstärkt. Heute ist der Sitz des britischen Königshauses eines der Kultur-, Finanz- und Bildungszentren Europas und hat mit einem 801 Milliarden Euro BIP die größte städtische Wirtschaft des Kontinents.

WÖLFE TV: EINSTIMMUNG AUF UWCL