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„Wir waren krasser Außenseiter“

Uwe Erkenbrecher über die erste Begegnung der Wölfe mit den Eisernen vor 32 Jahren.

27 Jahre Bundesliga plus fünf Saisons in Liga zwei – macht über drei Dekaden Wolfsburger Profifußball am Stück. Und wer hat die Wölfe dorthin geführt? Federführend Uwe Erkenbrecher, der die Grün-Weißen 1992 mit bahnbrechendem Ergebnis durch eine anspruchsvolle Aufstiegsrunde führte, in der es beispielsweise gegen die Eisernen ging. Unter anderem über dieses erste Duell der Vereinsgeschichte mit dem 1. FC Union sprach Erkenbrecher, der nach seiner Zeit als Cheftrainer (1991 bis 1993) und Coach der VfL-Zweiten (1996 bis 1998 und 2004/2005) seit Juli 2023 sozusagen in vierter Amtszeit beim VfL Wolfsburg arbeitet, im Interview.

Uwe Erkenbrecher, alles Gute nachträglich zum Siebzigsten! An Ihrem Geburtstag hatte es im Büro Geschenke gegeben. Wie ging es danach bei Ihnen weiter?

Uwe Erkenbrecher: Vielen Dank. Ich bin anschließend noch auf ein Stück Kuchen in einer Schule gewesen, in der ich eine Fußball-AG leite. Dann bin ich nach Hause gefahren und habe mich danach mit meiner Frau und meinem Sohn zum Essen getroffen. Die eigentliche Feier wird am Wochenende folgen. Dann treffen wir uns mit rund 20 Personen in einem Restaurant. Auch mein zweiter Sohn kann dann mit dabei sein, deshalb haben wir es so gelegt.

Sie arbeiten beim VfL als Kinderfußballentwickler. Wie genau sieht ihr Arbeitsalltag aus?

Erkenbrecher: Insgesamt sind wir vier Kollegen für vier Ausbildungszentren. Unter unseren Partnervereinen SSV Vorsfelde, BSC Acosta, VfB Fallersleben und MTV Gifhorn bin ich für Gifhorn zuständig. Dort kümmere ich mich um alles, was mit Kinderfußball auf dem Kleinfeld bis zur D-Jugend zu tun hat, zum Beispiel um die Trainerbetreuung. Außerdem bringe ich mich bei unserem Talentteam U10/U11 ein. Dort fallen viele Leistungsvergleiche und Sichtungen an. Reichhaltige Aufgaben also, die mir aber viel Freude bereiten. 

Am Wochenende spielen die Wölfe zum 14. Mal gegen Union Berlin. Bei der allerersten Begegnung beider Teams standen Sie an der Außenlinie. Woran erinnern Sie sich?

Erkenbrecher: An eine sehr aufregende Zeit. Wir hatten es in dieser Aufstiegsrunde ja neben Union noch mit dem FC Berlin und dem FSV Zwickau zu tun, also mit drei Ostvereinen, gegen die wir noch nie gespielt hatten. Union galt als Favorit und Zwickau als Geheimfavorit, wir waren krasser Außenseiter. Trotzdem sind wir sauber durchmarschiert. Erst hatten wir auswärts beim FC Berlin mit 2:1 gewonnen. Im ersten Heimspiel ging es dann gegen Union. Mit dem Ergebnis, dass wir 4:0 gesiegt haben und der Gegner anschließend den Trainer gewechselt hat.

Es hieß damals, der VfL hätte von allen Gruppen der Aufstiegsrunde die härteste erwischt.

Erkenbrecher: Hart im Sinne von körperlich fordernd ging es definitiv zu, speziell beim Spiel in Zwickau, unserer einzigen Niederlage. Besonders war aber auch, dass die Gegner alle Profis und wir noch Amateure waren. Zwar wurden wir durch Freistellungen unterstützt, trotzdem sind unsere Jungs tagsüber bei Volkswagen arbeiten gegangen. Diese markante Grenze zwischen Oberliga und 2. Liga gab es bei den Ostvereinen so nicht. Das waren Traditionsteams mit ordentlich Power dahinter und entsprechender Anspruchshaltung. Wir waren darauf aber vorbereitet. Unsere Verantwortlichen um Peter Pander hatten da sehr gute Arbeit geleistet. Es war klar: Wenn wir das jetzt schaffen, geht es los mit dem Profifußball in Wolfsburg. Und so kam es ja auch.

Die anderen Gegner von damals, Zwickau und den FC Berlin, der heute BFC Dynamo heißt, hat der VfL aus den Augen verloren. Union dagegen ist inzwischen gestandener Bundesligist. Denken Sie jedes Mal an damals, wenn diese Paarung wieder ansteht?

Erkenbrecher: Nein, überhaupt nicht. Das ist ein ganz anderes Union Berlin geworden, das mit dem damaligen nichts mehr zu tun hat. Dass der Verein einen solchen Aufstieg hinlegt, war aus meiner Sicht überhaupt nicht vorauszusehen. Ich kann nur sagen: Chapeau, was dort in den letzten zehn Jahren geleistet wurde.

Wie sehen Sie die Eisernen heute?

Erkenbrecher: Der Verein und die Mannschaft haben sich sehr stark in Berlin positioniert und verkörpern eine besondere Form von Mentalität. Union steht für Willensstärke, für Kampf und Stabilität. Der Zusammenhalt und die Gemeinschaft sind sehr stark. Das macht den Klub aus, finde ich.

Welche Aufgabe kommt da auf die Wölfe zu?

Erkenbrecher: Union ist wirklich schwer zu knacken. Für einen Heimsieg wird es eine richtig gute Leistung brauchen. In unserem Spiel, bedingt auch durch die vielen Verletzungen, hat bislang noch die letzte Selbstverständlichkeit gefehlt. Ich setze aber voll auf unser Offensivpotenzial. Mohammed Amoura, Jonas Wind, Jakub Kaminski, Tiago Tomas – da ist schon richtig viel Qualität vorhanden. Deshalb hoffe ich mal, dass wir es hinbekommen, mindestens zwei Tore zu schießen.

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