Männer

„So wie ich bin, so bin ich“

Renato Steffen im Interview vor dem Düsseldorf-Spiel.

Renato Steffen wechselte in der Winterpause 2017/2018 vom Schweizer Meister FC Basel zum VfL und absolvierte seitdem 39 Spiele für unsere Wölfe. In dieser Saison erzielte der 27-Jährige, der sowohl als offensiver Außen als auch als eine der Sturmspitzen eingesetzt werden kann, seine ersten drei Liga-Tore. Im Interview spricht Steffen unter anderem über Höhen und Tiefen des Profigeschäfts, sein Image als „Bad Boy“ und den kommenden Gegner Fortuna Düsseldorf.


Eigentlich sollten Teile des folgenden Interviews im kommenden „Unter Wölfen kompakt“, dem Spieltags-Flyer für das Spiel gegen Düsseldorf am Samstag (16. März, Anstoß 15.30 Uhr) erscheinen, auf dessen Rückseite auch ein tolles Sammel-Poster Steffens zu finden ist. Aus Platzgründen hat die VfL-Redaktion sich entschlossen, das Interview hier online zu veröffentlichen, dafür aber in ausführlicherer Form.


Renato, über dich war zu lesen, dass du ein Mensch bist, der lange braucht, um sich an etwas zu gewöhnen. Zu wieviel Prozent bist du schon angekommen in Wolfsburg?

Renato Steffen: Ja, das stimmt. Aber so lange brauche ich dann auch nicht, um mich an etwas zu gewöhnen (lacht). Inzwischen bin ich zu einhundert Prozent angekommen und fühle mich wohl hier.

Du warst zweimaliger Meister mit Basel, dazu mit dem Pokalgewinn 2017 auch Schweizer Double-Gewinner. Nach deinem Wechsel zu den Wölfen hast du dann in der Bundesliga Abstiegskampf und die Relegation erlebt. Derzeit spielt ihr eine sehr stabile Saison. Sportlich war also fast alles dabei in den letzten drei Jahren, oder?

Mit den Erfolgen lernt man zugleich, wie es ist, wenn man keinen Erfolg hat.

Renato Steffen: Ja, das stimmt, es gab Höhen und Tiefen. Das ist das Schöne am Fußball: Man erlebt Erfolge, aber auch Misserfolge – und ich hatte wirklich alles. Das waren sehr lehrreiche Jahre. Mit den Erfolgen lernt man zugleich, wie es ist, wenn man keinen Erfolg hat. Vielleicht konnte ich deshalb mit gewissen Situationen auch besser umgehen. Deswegen hoffe ich, dass es nun bei uns wieder aufwärts geht. Ich bin zuversichtlich, dass sich auch mein eigener positiver Trend fortsetzt.

In dieser Saison wurdest du nach dem Ausfall von Daniel Ginczek öfters als zweite Spitze aufgeboten. Wie gefällt dir diese Rolle?

Renato: Eigentlich auch ziemlich gut. Man kann sich dort in der Spitze frei bewegen, hat auch mal die Freiheit, nach außen zu gehen – oder aber in der Mitte zu bleiben. Man ist ein bisschen näher vor dem Tor, muss aber trotzdem auch defensiv viel arbeiten. Also ist das durchaus eine Position, die mir gut liegt. Mir hat es gefallen, als ich dort ein paar Mal gespielt habe.

Nach eurem 0:6 gegen Bayern: Was macht dich zuversichtlich, dass die Heimbilanz gegen F95 ausgebaut werden kann?

Renato: Das Gute am Fußball ist auch, dass man ein solches Ergebnis am nächsten Wochenende direkt wieder gut machen kann. Die Mannschaft war sehr enttäuscht und will nun unbedingt eine Reaktion zeigen. Ich glaube nicht, dass uns das in großem Maße runtergezogen hat. Wir wissen, dass wir guten und schönen Fußball spielen können. Darüber hinaus haben wir in der Woche hart gearbeitet, um am Wochenende die drei Punkte zu erreichen. Eine unserer Qualitäten ist sicher auch die mentale Stärke. Das alles macht mich zuversichtlich. Ich bin überzeugt, dass wir uns am Samstag in alter Stärke zeigen.

Ist man im Nachhinein froh, bei einer solchen Klatsche nicht auf dem Feld gestanden zu haben?

Renato: (lacht) Nein, als Fußballer will man immer auf dem Platz stehen, egal in welchem Spiel. Klar ist es nicht schön, von Anfang an zu spielen und dann direkt ein solches Ergebnis zu kassieren. Das ist schon heftig für einen Fußballer und das muss man dann auch erst einmal verarbeiten. Aber ich hätte trotzdem gerne von Anfang an gegen Bayern auf dem Platz gestanden, um der Mannschaft zu helfen. Klar leidet man auch von außen mit dem Team mit. So etwas passiert dann hoffentlich nicht nochmal.

Was weißt du als Schweizer über den Aufsteiger Fortuna Düsseldorf? Wie schätzt du die Fortunen ein? Und wie wichtig ist dieses Spiel für euch?

Es wird eine Partie auf Augenhöhe, in der wir unser Spiel durchziehen müssen.

Renato: Natürlich ist das Spiel sehr wichtig – auch, um nach dem letzten Spiel in München eine Reaktion zu zeigen. Gerade zuhause müssen wir den Sieg sicher anstreben. Düsseldorf hat in den letzten Spielen durchaus die Resultate geliefert, die sie mussten. Ich denke daher, es wird eine Partie auf Augenhöhe, in der wir unser Spiel durchziehen müssen. Wenn uns das gelingt, denke ich schon, dass wir die drei Punkte einfahren können.

Dein erstes VfL-Tor gelang dir in der Hinrunde beim 3:1-Auswärtserfolg in Leverkusen, danach folgten zwei weitere gegen Gladbach (2:2) und in Freiburg (3:3). Hast du dir selbst irgendeine Marke gesetzt?

Renato: Früher in der Schweiz hatte ich eigentlich schon immer eine Zielmarke: Die lag zwischen acht und zehn Toren. Aber es hat sich alles ein wenig anders entwickelt. Das hängt natürlich auch davon ab, wie oft man spielt. Zudem ist die Bundesliga ja auch ein bisschen anders zu bewerten als die Schweizer Super League. Deswegen mache ich mir auch gar nicht mehr so den Kopf. Es wäre trotzdem schön, wenn ich noch eine Mindestanzahl von sechs Toren in dieser Saison erzielen könnte.

Du hast die EM 2016 verletzungsbedingt verpasst und warst für die WM 2018 nicht nominiert. Welche Träume gibt es bezüglich der „Nati“?

Renato: Klar, meine Ambitionen sind sicher, dass ich schnell wieder dabei sein kann. Im Moment ist alles ein wenig schwierig. Jetzt kommt bald wieder das Aufgebot und man dann weiß, ob man dabei ist oder nicht. Ich selbst stelle aber keine großen Ansprüche. Ich weiß, wie momentan mein Standing ist. Ich muss meine Leistung zeigen, alles andere wird sich dann ergeben.

Du bist direkt nach dem Schalke-Spiel im August (2:1-Sieg) Papa geworden. Ein verrückter, aber letztlich perfekter Tag?

Renato: Ja, das war wirklich sehr verrückt. Aber natürlich auch sehr schön. Es hat einfach alles gepasst: Wir haben gewonnen, der Kleine ist auf die Welt gekommen. Ein großes Lob gebührt meiner Frau. Sie war wirklich sehr stark, sie hat das ausgehalten und wollte unbedingt, dass ich das Spiel spielen kann. So war es dann tatsächlich ein perfekter Tag: Alle waren gesund und wir haben gewonnen.

Dein Vater war Schiedsrichter. Wie verträgt sich das mit dem Image des „Bad Boy“ auf dem Platz, das du aus deiner Schweizer Heimat mitgebracht hast?

Renato: Eigentlich recht gut. Wenn ich meinen Vater nach einem Spiel gesehen habe, war ich ja meist schon wieder runtergekommen (lacht), so dass wir sachlich über die Dinge reden konnten. Er hat mir die Dinge, die ich im ersten Moment nicht so gesehen habe, immer auch wieder mal aus einem anderen Blickwinkel erklärt. Wenn man zwei- oder dreimal über bestimmte Szenen redet, versteht man diese schon viel besser. Er hat mich also immer gut beraten, mir aber gleichzeitig nie reingeredet, wie ich mich verhalten soll. Er wusste ja: So wie ich bin, so bin ich. Und ich würde mich auch nicht ändern.

Außergewöhnlich für einen Profi-Fußballer ist, dass du all deine Social-Media-Kanäle und auch deine Homepage gelöscht hast. Was ist der Grund?

Renato: Es gab in der Schweiz irgendwann böse Kommentare gegen meine Familie. Damit wurde ein Limit erreicht, an dem ich entschieden habe, dass ich das alles nicht mehr brauche und hinter mir lassen möchte. Deswegen habe ich dann den Schritt gemacht, dass ich alles gelöscht habe. Ich bereue das eigentlich nicht, es geht mir auch so super.

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