Frauen

„Ich will Spaß haben und Lockerheit reinbringen“

Lena Oberdorf über ihre Rolle bei den Wölfinnen, schwierige Zeiten und ein neues Hobby.

Vor knapp einer Woche hat Lena Oberdorf (22) in Essen ihr 100. Pflichtspiel im Trikot des VfL Wolfsburg bestritten. Seit Sommer 2020 gehört sie zum Kader der Grün-Weißen. Im Interview spricht „Obi” über ihre Entwicklung bei den Wölfinnen, Gänsehautmomente und ein neues Hobby, das sie in einer sportlich schwierigen Phase für sich entdeckt hat.

Lena Oberdorf, vor knapp einer Woche hast du dein 100. Pflichtspiel für den VfL bestritten. Ist das etwas Besonderes für dich?

Lena Oberdorf:  Ich wusste das tatsächlich vor dem Spiel gar nicht, sondern habe es erst danach erfahren und war ein bisschen überrascht. Gefühlt ging das richtig schnell. Es ist schon eine besondere Marke. Ich habe dem Verein extrem viel zu verdanken und denke, dass ich mich hier super entwickeln konnte und kann.

Inwiefern hast du dich weiterentwickelt?

Lena: Ich glaube, dass Wolfsburg ein Verein ist, bei dem man extrem lernt, sich auf den Fußball zu konzentrieren und zu fokussieren. Ich bin disziplinierter geworden. Und ich denke, dass ich auf und neben dem Platz ein Stück erwachsener geworden bin. Obwohl das vielleicht nicht immer so rüberkommt (lacht). Auch bei der Natio habe ich während meiner Zeit hier Riesenschritte gemacht und bin zu einer festen Größe gewachsen. 

Wenn du eine hervorheben müsstest: Welche VfL-Partie ist dir bislang besonders in Erinnerung geblieben?

Lena: Das Spiel, bei dem ich am meisten Gänsehaut hatte, war das in der Gruppenphase der Champions League 2021 gegen Chelsea. Wir mussten mit zwei Toren Unterschied gewinnen, alle hatten uns abgeschrieben, keiner hat so wirklich daran geglaubt. Dann haben wir mit 4:0 gewonnen. Das waren krasse Emotionen.

Und genau darum wird es jetzt in der Rückrunde gehen: Zu zeigen, was der VfL Wolfsburg kann.
Lena Oberdorf

Gucken wir auf die aktuelle Lage: Ralf Kellermann hat vor der Saison in einem Interview bemängelt, dass du zu sehr als reine Abräumerin gesehen wirst. Wie nimmst du das selbst wahr?

Lena: Ich glaube, dass ich von dieser Abräumerrolle gar nicht mehr so richtig wegkommen kann, weil es etwas ist, was mich auszeichnet. Gerade in der Defensive. Aber natürlich möchte ich jetzt in der Rückrunde auch zeigen, dass ich noch mehr kann. Ich hatte in der Hinrunde echt eine schwierige Phase, in der ich nicht richtig an meine Leistungen der vergangenen Saisons anknüpfen konnte. Deshalb geht es mir primär darum, die alte Obi wiederzufinden, einfach Spaß zu haben und Lockerheit reinzubringen. Ich denke, das ist mir gegen Essen schon gelungen. Auf der Welle will ich für den Rest der Rückrunde bleiben.

In der Hinrunde passten die Abstimmungen bei euch im Team auf dem Platz nicht immer. Was hast du für ein Gefühl, wie seid ihr aktuell drauf? 

Lena: Ich glaube, dass uns die Pause und das Trainingslager extrem gutgetan haben, obwohl ich da ja leider nicht dabei war. Man merkt, dass wir viel spritziger sind, viel wacher in den Aktionen. Und gegen Essen haben wir nicht mal das gezeigt, was wir wirklich können. Ich denke, dass wir noch Luft nach oben haben. Und genau darum wird es jetzt in der Rückrunde gehen: Zu zeigen, was der VfL Wolfsburg kann. 

Du hast deine sportlich schwierige Phase gerade kurz angesprochen. Was hat dir in der Zeit gutgetan?

Lena:  Ich habe mich viel mit unserem VfL-Sportpsychologen Robin ausgetauscht. Mir hat es außerdem extrem geholfen, die Bubble um mich herum kleiner zu machen und nur noch die engsten Leute an mich ranzulassen, wie meine Familie und Freunde. Die Menschen, die einem einfach helfen. Es war für mich in der Phase extrem wichtig, dass es mir als Mensch gut geht und der Fokus nicht so sehr auf der Fußballerin liegt. Dadurch und durch die Pause habe ich das Gefühl wiederbekommen, dass es ein Privileg ist, Fußball spielen zu dürfen. Man kommt ein- oder zweimal am Tag hierher und ist mit seinen Freunden auf dem Platz. Eigentlich gibt es doch nichts Besseres. Wenn man das nicht mehr genießen kann, dann läuft etwas falsch. Deshalb war für mich in der schwierigen Phase auch wichtig zu gucken, was ich neben dem Platz als Ausgleich habe.

Hast du da irgendwas Neues für dich entdeckt?

Lena: Ich habe mir tatsächlich ein DJ-Set geholt zum Auflegen. Gerade mache ich das nur für mich. Ich muss mich erstmal ein bisschen reinfuchsen und habe noch nicht die Lieder, die ich haben will. Da warte ich momentan auf einen Stick, aber ansonsten läuft das schon ganz gut.

Könntest du dir vorstellen, irgendwann für andere aufzulegen?

Lena: Na klar, wenn wir am Ende der Saison als Meister dastehen oder als Pokalsieger, dann sehe ich mich da auf jeden Fall beim Auflegen auf der Party. Wobei ich eigentlich auch tanzen will (lacht). 

Du gehörst zu den Spielerinnen, die bei Social Media sehr aktiv sind. Fällt dir das in sportlich herausfordernden Situationen schwerer?

Lena: Nein, weil ich da gut mit meinem Management zusammenarbeite. Es ist nicht so, dass die Instagram dann komplett übernehmen. Das bin schon noch ich. Aber in solchen Phasen weiß ich, dass ich sie fragen kann, ob sie etwas posten. Und Tiktok ist für mich so etwas wie ein Ausweg aus der realen Welt. Man vergisst seine Probleme ein bisschen, wenn man irgendwelche lustigen Tiktoks macht. Deshalb ist für mich super einfach, da aktiv zu bleiben. 

Du spielst ja auch an der Konsole gerne Fußball. Kürzlich bist du ins „Team of the Year“ von EA Sports FC 24 gewählt worden. Was bedeutet dir die Auszeichnung?

Lena: Sie freut mich natürlich extrem. Vor allem, weil sie von den Fans kommt und es schön zu sehen ist, dass sie hinter einem stehen. Auch dann, wenn man vielleicht eine schwierigere Phase hat, sind sie da und supporten einen.

Am Sonntag steht für euch der Rückrundenauftakt gegen Leverkusen an. Was erwartest du für ein Match?

Lena: Essen und Leverkusen sind sich von der Art und Weise, wie sie spielen, ein bisschen ähnlich. Ich glaube, dass wir uns in Leverkusen bisher immer ein bisschen schwerer getan haben. Deswegen müssen wir voll fokussiert sein. Wir wissen nicht genau, wie sie spielen. Sie haben verschiedene Systeme, zwischen denen sie wechseln. Aber ich glaube, dass wir relativ gut darauf eingestellt sind und Lösungen für das jeweilige System parat haben. Klar ist aber auch, dass wir unsere Chancen noch konsequenter nutzen müssen. Bis zum letzten Drittel kommen wir immer ganz gut, aber beim letzten Pass und beim Abschluss müssen wir noch eine Schippe drauflegen. Wenn das klappt, bin ich positiv gestimmt, dass wir mit drei Punkten wieder nach Hause fahren.

Zum matchcenter