Männer

„Es kann etwas Großes zusammenwachsen“

VfL-Neuzugang Cedric Zesiger im Interview vor dem Duell bei der TSG Hoffenheim.

Keine große Eingewöhnungszeit brauchte Cedric Zesiger, nachdem er Anfang Mai als erster von insgesamt acht Neuzugängen vom Schweizer Double-Sieger Young Boys Bern zu den Wölfen gewechselt war. Sofort eroberte der 25-jährige Linksfuß einen Stammplatz in der VfL-Innenverteidigung und verpasste in den bisherigen drei Pflichtspielen noch keine einzige Minute. Im Interview spricht Familienmensch Zesiger unter anderem über frühere grün-weiße Eidgenossen, seine Lieblingsnummer 5, den gelungenen Saisonstart und natürlich das Duell mit dem kommenden Gegner Hoffenheim (Anstoß am heutigen Samstag um 15.30 Uhr).

Cedric Zesiger, Eidgenossen haben eine große Tradition bei den Wölfen. Hast du einen Tipp, wie viele es insgesamt waren? 

Cedric Zesiger: So um die zehn müssten das gewesen sein. Ich glaube, ich habe das irgendwo gehört, dass ich der zehnte bin.

Das stimmt exakt, du bist der zehnte! Und an wen hast du dabei sofort gedacht?

Cedric: Der erste, der mir dabei in den Sinn kommt, ist natürlich Diego Benaglio – und auch Ricardo Rodriguez. Die hatten am meisten Erfolg in Wolfsburg. Ansonsten Admir Mehmedi, Renato Steffen, Kevin Mbabu – die alle fallen mir ein. Die Schweiz ist ja nicht so groß. Wenn man Fußball im Ausland spielt, spielt man meistens auch in der Nationalmannschaft. Und auf die schaut man als Schweizer schon, wenn man jünger ist.

Warum passen Schweizer offensichtlich so gut ins Wolfsburger Umfeld?

Cedric: In Wolfsburg wird der Wert Arbeit als Schlüssel zum Erfolg großgeschrieben. Als Teil der DNA des Vereins und auch der Stadt kommt Leidenschaft hinzu. Diese beiden Attribute passen sehr gut zur Schweiz. Auch dort wird betont, dass man für seinen Erfolg arbeiten und die richtige Mentalität an den Tag legen muss.

Du weißt ja, wie sich Titel anfühlen und kamst als Double-Gewinner von Young Boys Bern zu den Wölfen. Welche Ziele hast du dir beim und mit dem VfL gesetzt?

Cedric: Ich möchte mich in der Bundesliga etablieren und in dieser Saison so viele Spiele wie möglich mitnehmen, um Fortschritte machen zu können. Jeder weiß, dass wir im letzten Jahr die europäischen Plätze knapp verpasst haben, so dass das ganz klar das gemeinsame Ziel ist. Ich bin kein Typ, der zu weit nach vorne denkt, aber wenn man den jetzigen Saisonstart sieht, will man natürlich genauso weitermachen. Ich glaube, wir haben genug Qualität im Kader, um vieles von dem zu erreichen, was wir uns vorstellen. Gepaart mit der angesprochenen Leidenschaft im Team kann da etwas Großes zusammenwachsen.

Eingewöhnungszeit brauchtest du keine. Kaum jemand spricht noch von Micky van de Ven. Hättest du mit so wenig Akklimatisierungszeit gerechnet und wie stolz macht dich das?

Cedric: Das wurde mir von Seiten des Vereins und von den Mitspielern sehr, sehr einfach gemacht. Von Tag eins an wurde ich sehr gut aufgenommen, man hat mir immer geholfen – nicht nur auf, sondern auch neben dem Fußballplatz. Da ist Wolfsburg als Verein top aufgestellt, so dass man sich von Anfang an wirklich sehr wohlfühlt. Deswegen war die Umstellung schlussendlich gar nicht so schwierig. Natürlich ist es eine andere Art, Fußball zu spielen, was eine gewisse Zeit braucht, aber genau dazu ist die Vorbereitung ja da – und diese Zeit habe ich, glaube ich, optimal genutzt. Und jetzt fühle ich mich wirklich sehr wohl und kann mich mit dem Klub und der Art Fußball, die wir spielen wollen, auch schon identifizieren. Das passt!

Nachdem es zunächst die 33 war, trägst du nun die 5 auf dem Rücken – wie dein großes Vorbild Zinedine Zidane bei Real Madrid – und gleichzeitig das Geburtsdatum deines Großvaters. Wie wichtig ist dir das?

Cedric: Die 5 ist eine spezielle Nummer für mich, ich hatte diese Nummer schon immer. Die Verbindung zu Zidane und zu meinem Großvater macht das Ganze nochmal ein bisschen wichtiger. Zudem hatte ich die letzten vier Jahre Erfolg mit der Nummer 5 und ich glaube, wenn ich den Weg so weiterführen kann mit dieser Nummer auf dem Rücken, wird man in Wolfsburg auch zufrieden sein (lacht).

Man konnte gerade lesen, dass deine Freundin Selin im Anschluss an ihre anstehenden Prüfungen schon bald nach Wolfsburg kommt. Wie lebst du momentan in Wolfsburg und wie oft kannst du deine Familie sehen? Bist du ein Familienmensch?

Cedric: Es stimmt, meine Freundin kommt Mitte September und ist dann fest bei mir in Deutschland. Meine Familie kommt so oft wie möglich zu den Spielen, da gibt es bereits hundertprozentige Unterstützung. Weil ich tatsächlich ein Familienmensch bin, ist es mir auch wichtig, dass ein wenig Nähe zur Familie da ist, die mir Energie gibt, auch wenn ich jetzt ein bisschen weiter weg bin von zuhause. Beim ersten Ligaspiel waren mein Vater, meine Schwester, meine Freundin und mein bester Kumpel im Stadion. Nach Köln wollte mein Vater kommen, musste dann aber kurzfristig absagen.

Drei Pflichtspiele, drei Siege, 10:1 Tore: Welchen Eindruck hast du von deinem Team? Wie wichtig ist dieser Saisonstart?

Cedric: Das gibt jedem ein gutes Gefühl, dass man auf dem richtigen Weg ist. Das waren schwierige Spiele, denn gerade zum Saisonauftakt weiß man noch nicht genau, wo man steht. Deswegen ist es gut, dass wir diese Partien gewonnen haben. Aber es gibt schon noch viel zu tun – und es ist auch gut zu wissen, dass man sich noch weiter verbessern kann. Mit den Transfers, die getätigt wurden und den Spielern, die bereits da waren, hat der VfL nun wirklich einen breiten Kader mit viel Qualität und der nötigen Konkurrenzsituation auf jeder Position zusammen. Und ich finde, wenn man die Qualität ligaweit vergleicht, kann man schon etwas erreichen.

Was imponiert dir am meisten an deiner neuen Mannschaft?

Cedric: Wir haben sehr viel individuelle Qualität, was in der Saison wichtig werden kann. Aber was ebenfalls wichtig ist: Man hat in den ersten Spielen gesehen, dass wir neben dieser individuellen Klasse auch als Team ganz gut funktionieren – vor allem auch defensiv. Wir haben erst ein Gegentor bekommen und auch sonst defensiv in den ersten drei Spielen nicht viel zugelassen. Dabei geht es nicht nur um die Verteidigung, sondern um die ganze Mannschaft. Das ist wirklich top!

Nun geht es nach Hoffenheim. Wie schätzt du die TSG ein und was könnte der Schlüssel zu einem weiteren Erfolg sein?

Cedric: Die TSG hat sicherlich auch viel Qualität im Kader, aber wir wissen auch: Wenn wir unser Spiel spielen und ihnen unseren Fußball aufzwingen, dann kann das für uns in eine gute Richtung gehen. Deswegen müssen wir wirklich versuchen – egal in welchem Stadion – unseren Fußball zu spielen, nach vorne zu agieren und gleichzeitig defensiv weiterhin so gut zu stehen wie in den ersten Spielen.

Möglicherweise geht es für dich dann im direkten Duell gegen den wahrscheinlich hoch motivierten ehemaligen VfL-Stürmer Wout Weghorst. Inwiefern bereitest du dich vor solchen Duellen auch speziell auf deinen direkten Gegenspieler vor?

Cedric: Es gibt mittlerweile genug Plattformen oder Analyse-Tools, mit denen man Spieler analysieren kann. Es ist sicher gut, dass man ein bisschen weiß, wie der jeweilige gegnerische Stürmer funktioniert oder tickt. Aber schlussendlich kann dann auf dem Platz trotzdem alles anders sein. Ich selbst bin nicht der Typ, der sich unendlich Videos von jedem Gegenspieler anschaut. Mir ist einfach wichtig, dass ich die Basics kenne, wie sie sich bewegen. Aber im Spiel selbst musst du dann ohnehin klarkommen mit dem Stürmer, da brauchst du dann hundertprozentige Konzentration. Dann kann auch ein außergewöhnlicher Qualitätsstürmer in Schach gehalten werden.

Nach dem 3. Spieltag geht es in die Länderspielpause, wo ihr in der EM-Qualifikation als Tabellenführer im Kosovo und gegen Andorra antretet. Wie sehr freust du dich auf das große EM-Endrundenturnier 2024 in Deutschland und wie schätzt du eure Auswahl ein?

Cedric: Es ist sicher unser ganz klares Ziel, dass wir uns qualifizieren und wir hatten auch einen guten Start in die Qualifikation. Sollten wir die beiden anstehenden Spiele gewinnen, haben wir sicher einen ganz großen Schritt Richtung EM gemacht. Wir haben mittlerweile gewisse Ansprüche, was auch gut ist. Die kann man aber erst dann gemeinsam besprechen, wenn wir uns qualifiziert haben. Wir haben auch in der Schweiz inzwischen eine Breite mit vielen Spielern, die im Ausland spielen und Spielern, die sehr viel Erfahrung haben. Ich habe zudem das Gefühl, dass in den letzten ein, zwei Jahren immer mehr junge Spieler mit sehr viel Qualität dazugekommen sind. Und dieser Mix kann uns sehr, sehr weit bringen.

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