Männer

„Ein Schritt zurück, zwei nach vorne“

Patrick Wimmer im Interview über seinen Weg zurück ins Mannschaftstraining.

VfL-Wolfsburg-Spieler Patrick Wimmer lacht in die Kamera.

VfL-Außenspieler Patrick Wimmer hat Ende Oktober letzten Jahres beim Spiel in Augsburg eine schwere Sprunggelenksverletzung erlitten. Der Syndesmosebandriss musste schließlich operiert werden, seitdem quält sich der 22-Jährige in der Reha. Vor der Rückkehr aus dem Trainingslager in Portugal sprach der Österreicher unter anderem über Fortschritte und Rückschläge in seinem Genesungsprozess sowie seine Vorfreude auf die Rückkehr ins Wölfe-Team und zwei bevorstehende Höhepunkte im Sommer.

Hallo Patrick, wie fühlst du dich? Wie ist es dir hier im Trainingslager ergangen?

Patrick Wimmer: Das ist sehr wechselhaft: einmal gut, dann wieder etwas schlechter. Das ist aber ganz normal in der Reha. Dass es hin und wieder zwickt, gehört dazu. Das Wichtigste ist, dass der Fuß hält. Ich kann ohne Probleme Lauftraining machen, auf dem Platz war ich jetzt auch schon ein paar Mal. Hier im Trainingslager gibt es Top-Bedingungen, da gibt es nichts zu meckern. Es ist auf jeden Fall immer wieder schön, hier zu sein.

Wie schwer fällt es dir, hier deinen Mannschaftskollegen auf dem Platz zuzuschauen?

Patrick: Es tut natürlich weh, wenn man sieht, wie die Kollegen auf dem Platz voll trainieren, das machen können, was sie wollen und Spaß haben. Aber es war mir klar, was in der Reha und hier auf mich zukommt. Ich arbeite mit Michele (Putaro) ja genau auf das Ziel hin, bald wieder gemeinsam mit ihnen Spaß auf dem Rasen haben zu können. Wir werden es schon schaffen, dass ich bald wieder bei der Mannschaft bin.

Wie fühlt es sich an, die Spiele der Kollegen nur im Stadion oder TV sehen zu können, ohne selbst einzugreifen?

Patrick: Das geht einem komplett auf die Nerven, wenn man draußen sitzen muss in der Zuschauerrolle – gerade, wenn man sieht, dass es nicht so läuft. Dann brennt es noch mehr in den Füßen als sonst.

Wenn man einen Schritt zurückgeht, kann man wieder zwei nach vorne gehen. Das Wichtigste ist, dass man den Fortschritt sieht und es immer weiter vorangeht. Das Positive überwiegt also, wenn ich sehe, was sich jetzt schon getan hat und wie weit ich schon bin.
Patrick Wimmer

Das neue Jahr ist gerade angebrochen. Was hast du dir für 2024 vorgenommen? Welche Neujahrswünsche hast du?

Patrick: Vor allem natürlich, erst einmal gesund zu werden. Und dann natürlich der Mannschaft zu helfen, wieder dorthin zu kommen, wo wir hinkommen wollen. Dann stehen im Sommer natürlich noch zwei große Sachen für mich an: die Hochzeit mit meiner Verlobten in Salzburg – und danach natürlich noch die Fußball-EM.

Gibt es eine Prognose, wann wieder mit dir auf dem Rasen gerechnet werden kann?

Patrick: Bei einem Syndesmoseriss wird etwa mit drei Monaten gerechnet. Die wären Anfang Februar vorbei. Ich hoffe, dass ich dann wieder voll mit der Mannschaft trainieren kann. Wir müssen einfach schauen, wie es mir dann geht. Es ist wichtig, dass ich die Verletzung voll auskuriere, so dass ich mir wieder zu einhundert Prozent vertraue, wenn ich auf dem Platz stehe. 

Das ist deine erste richtig schwere Verletzung als Fußballprofi. Was ging in dir vor, als dir das bewusst wurde? 

Patrick: Am Anfang hatte ich Schmerzen, aber ich hatte eben einen Schlag abbekommen. Ich dachte, vielleicht schwillt es jetzt ein bisschen an oder so. Als der Knöchel in der Halbzeitpause dann abgekühlt ist, merkte ich, dass es doch ein bisschen mehr weh tut. Der Tag danach, also der Sonntag, war dann ganz schlimm, da konnte ich noch nicht mal auftreten. Als die MRT am Montag Aufschluss über die Verletzung brachte, war es natürlich nicht schön, als Borni (Dr. Stephan Bornhardt) mir die Diagnose mitteilte.  Schon ab dem nächsten Tag habe ich mich voll auf die Reha und das, was auf mich zukommt, eingestellt. Ich wollte mich dem Ganzen positiv und mit guter Mentalität stellen.

Nenn doch mal spontan Dinge, die in der Reha-Phase besonders nerven! Und Dinge, die du als positiv empfindest.

Patrick: Dinge, die nerven, sind natürlich immer die kleinen scheinbaren Rückschritte auf dem Weg. Wobei Rückschritte eigentlich das falsche Wort ist, weil man immer bewusst ans Maximum geht und den Fuß so belastet und reizt, damit man wirklich weiß, wie weit er schon ist. Es gehört dazu, wenn es dann auch mal schlechter ist. Das Positive ist: Wenn man einen Schritt zurückgeht, kann man wieder zwei nach vorne gehen. Das Wichtigste ist, dass man den Fortschritt sieht und es immer weiter vorangeht. Das Positive überwiegt also, wenn ich sehe, was sich jetzt schon getan hat und wie weit ich schon bin. So werden dann auch die nächsten Tage und Wochen verlaufen, so dass ich dann auch bald wieder zurück bin.

Du wirst schmerzlich vermisst. Gerade auf den offensiven Außenpositionen gibt es zwar einen hohen Konkurrenzkampf und viele Alternativen, allerdings fehlte hier zuletzt auch immer mal wieder die Konstanz. Wie zuversichtlich bist du, in der Rückrunde wieder an deine starken Leistungen der Vorsaison anknüpfen zu können?

Patrick: Klar bin ich zuversichtlich, weil ich einfach weiß, wie ich der Mannschaft in der letzten Saison und auch in den ersten Spielen der jetzigen helfen konnte. Ich weiß, was ich in die Mannschaft einbringen kann. Darum hoffe ich natürlich auch, dass ich meine Spielzeit bekomme, wenn ich wieder zurück bin.

Hier in Almancil wird verstärkt wieder die Viererkette trainiert. Das würde deinen Stärken entgegenkommen, oder?

Patrick: Da bei der Viererkette der klassische Flügelspieler gefragt ist, fühle ich mich dort schon am wohlsten. Aber letztlich ist mir das eigentlich ziemlich egal. Wir haben ja auch in der letzten Saison schon beides gespielt. Bei der Viererkette habe ich normalerweise auf dem Flügel agiert, bei der Fünferkette dann auf der Zehn oder als Stürmer. Man muss sich sowieso in jede Formation reinkämpfen. Auch wenn man sich als Spieler natürlich etwas wohler auf den gewohnten und eher eingespielten Positionen fühlt. 

Wie würdest du die Hinserie der Wölfe zusammenfassen? 

Patrick: Wir haben weniger Punkte, als wir es uns verdient hätten. Wir haben in manchen Spielen nicht den nötigen Druck nach vorne ausüben können, das war ein bisschen unkonstant. Man hat phasenweise gesehen, was wir können. Jetzt müssen wir alle gemeinsam daran arbeiten, einen Lauf zu bekommen und so zu spielen, wie wir es können und wollen.

Du warst VfL-Topscorer in der vergangenen Saison. In den Spielen vor deiner Verletzung warst du allerdings nicht mehr gesetzt. Was für Gedanken hattest du diesbezüglich?

Patrick: Ich habe mir darüber keine großen Gedanken gemacht. Jeder hat natürlich seine eigene Perspektive. Der Trainer hat in der Zeit nicht auf mich gesetzt und hat andere Spieler eingesetzt. Das ist vollkommen in Ordnung. Wir haben einen hohen Konkurrenzkampf, so dass nicht jeder spielen kann. 

Wie groß ist deine Hoffnung, bei der EM- dabei zu sein? Österreich gilt als ein Team, das dort richtig überraschen könnte.

Patrick: Das Wichtigste ist, dass ich wieder fit werde und dann auch auf meine Spielminuten komme. Dann, denke ich, habe ich gute Chancen, ein Teil der EM-Mannschaft zu sein. Es gibt gerade eine ziemliche Euphorie, was die Nationalmannschaft angeht, und wir wollen weiter auf dieser Welle surfen. Die Gruppe ist natürlich schwierig. Wir müssen von Spiel zu Spiel schauen und sehen dann am Ende, was dabei herausgekommen ist.