Im Sommer ist Schluss: VfL-Fanbeauftragter Michael Schrader blickt auf prägende Momente seiner 18-jährigen Amtszeit zurück.
Als einer der drei Fanbeauftragten ist Michael Schrader die erste Anlaufstelle für sämtliche Wünsche und Probleme der Fans des VfL Wolfsburg. Und das seit fast 20 Jahren. Im Sommer begibt sich der gebürtige Goslarer in die wohlverdiente Altersteilzeit. In der Volkswagen Arena und den anderen Stadien der Bundesliga wird man Schrader selbstredend weiterhin sehen, dann allerdings nicht mehr im Innenraum, sondern wieder in der Kurve.
„Vom Platz gescheucht“
Von seinem letzten Trainingslager möchte Schrader in Almancil nicht sprechen. „Ich war schon vor meiner Zeit als Mitarbeiter des VfL Wolfsburg dabei und werde es auch danach noch sein. Nur eben nicht mehr in der Funktion als Fanbeauftragter“, stellt der 59-Jährige klar. Die Erinnerungen an sein allererstes Trainingslager als Fan sind nach 18 Jahren noch nicht verblasst. „Das war 2007 am Wörthersee in Österreich unter Felix Magath. Er hat uns Fans förmlich vom Platz gescheucht, weil er uns nicht dabeihaben wollte. Pressesprecher war damals Kurt Rippholz, der uns aus Mitleid abends in die Hotelbar eingeladen hat. Dort haben wir auf Kosten des VfL getrunken. Das war ein riesiger Spaß“, erinnert sich Schrader zurück.
„Quantensprung“ durch Allofs
Nur wenige Monate danach, im Oktober 2007, übernahm der Vorstand der Supporters Wolfsburg das Amt des Fanbeauftragten. Durch den Perspektivwechsel war er nun viel näher dran. „Fußball ist eines der Premium-Produkte unserer Gesellschaft, und ich darf ein Teil davon sein. Das ist ziemlich cool“, dachte sich Schrader. Doch das nächste Trainingslager mit Fans sollte eine Weile auf sich warten lassen. „So richtig angefangen hat das unter Klaus Allofs, als wir 2013 nach Belek geflogen sind. Das war ein Quantensprung. Er hat Holger Ballwanz und mich in sein Büro bestellt und uns davon berichtet, dass es im Winter in die Türkei geht. Er wollte, dass Fans mitreisen, weil er es aus Bremen so gewohnt war“, erinnert sich Schrader. Die vielen Fragezeichen im Kopf des Fanbeauftragten-Duos verschwanden nach dem ausführlichen Austausch mit den Kollegen aus Bremen. „Sie haben uns erzählt, was uns alles erwartet. Die Realität hat aber unsere Erwartungen übertroffen“, so Schrader.
Dauerkarte seit Bundesliga-Tag eins
Teilweise enttäuschend hingegen fiel sein erster Ausflug an den Elsterweg in der Saison 1994/1995 aus. „Ein Bekannter überzeugte mich, mit ihm zu einem Heimspiel zu fahren. Spielerisch war das nicht so dolle, aber die Atmosphäre hat mir echt Spaß gemacht. In den Jahren darauf sind wir noch ein, zwei Mal hingefahren und so hat sich langsam und stetig die Liebe zum VfL entwickelt. Seit dem Sieg gegen Mainz und dem damit verbundenen Aufstieg in die Bundesliga 1997 habe ich eine Dauerkarte. Obwohl ich sie aufgrund meiner Arbeitsfunktion eigentlich nicht brauche, lege ich großen Wert darauf und freue mich, sie ab nächster Saison wieder intensiv zu nutzen“, so der gebürtige Goslarer.
Hecking sorgt für unvergesslichen Moment
Um auf sämtliche Highlights seiner Karriere zurückzublicken, bräuchte Schrader vermutlich „einen ganzen Nachmittag“. „Ich denke da unter anderem an unsere erste internationale Auswärtsfahrt nach Bukarest oder unser erstes Mal in Mailand. Während die mitgereisten Fans staunend vor dem Mailänder Dom standen, habe ich eine ganze Disco für uns reserviert. Wir haben mit Mitarbeitenden, Fans und Sponsoren bis ins Morgengrauen gefeiert“, so Schrader. Ein Ereignis bleibt aber auch nach dieser langen wie ereignisreichen Zeit unerreicht: „Nach dem Sieg im DFB-Pokalfinale kam Dieter Hecking in die Kurve und machte mit den Fans die Welle. Als er sich umdrehte, sah er mich in der Menge, kam auf mich zu und drückte mir den Pokal in die Hand. Er meinte: ‚Nimm ihn stellvertretend für die Fans!‘ In diesem Moment wusste ich, dass es kaum etwas gibt, das dieses Erlebnis übertreffen könnte.“
Ich will einfach danke sagen, dass ich so eine coole Zeit beim VfL Wolfsburg hatte. Was mir noch fehlt, ist ein internationaler Titel, aber ein paar Träume muss man sich ja aufheben. Den hole ich dann als Fan mit den Wölfen.
VfL-Fanbeauftragter Michael SchraderAustausch mit Architekten
Ein potenzielles Highlight hat sich Schrader noch offengehalten. Auf seinem Handy läuft ein Countdown, aktuell sind es noch 138 Tage. Als Zieldatum hat Schrader den 24. Mai 2025 hinterlegt, an dem „wir im Endspiel des DFB-Pokals stehen werden. Wenn das nicht passiert, wäre der 34. Spieltag mein formell letzter Arbeitstag. Zum Auswärtsspiel in Gladbach haben wir noch mal einen Sambazug am Start, da freue ich mich tierisch drauf.“ Wehmut kommt beim 59-Jährigen insbesondere auf, wenn er an den Fansaal denkt. „Das ist ein Stück weit mein Baby. Klaus Fuchs sagte vor meiner Einstellung: ‚Du wirst Fanbeauftragter und kümmerst dich um die Fankneipe. Wir setzen noch eine Etage auf das Fanhaus drauf, und du besprichst das mit dem Architekten.‘ Ich dachte nur: ‚Was?‘ Dass der Fansaal jetzt so aussieht, ist den Workshops mit den Fans zu verdanken. Meine Frau sagt manchmal, das sei mein erstes Wohnzimmer.“
„Ich will einfach danke sagen“
Auch wenn es noch etwas mehr als vier Monate bis zu seinem offiziellen Abschied sind, ist es Schrader ein Bedürfnis, ein paar Worte loszuwerden: „Ich will einfach danke sagen, dass ich so eine coole Zeit beim VfL Wolfsburg hatte. Was mir noch fehlt, ist ein internationaler Titel, aber ein paar Träume muss man sich ja aufheben. Den hole ich dann als Fan mit den Wölfen.“