Männer

Verdammt gute Zeit

VfL Wolfsburg bedankt sich bei Jörg Schmadtke für eine erfolgreiche Ära.

Jörg Schmadtke lacht mit Baseball Cap auf dem Kopf in die Kamera.

Ein bedeutendes Kapitel in der Vereinsgeschichte ist zu Ende gegangen. Mit Abpfiff des Pokalspiels bei Union Berlin hat Jörg Schmadtke die Kommandobrücke verlassen und als Geschäftsführer des VfL Wolfsburg aufgehört. Viereinhalb Jahre, die sich einerseits kürzer anfühlen, weil so unheimlich viel passiert ist. Andererseits kommt einem der VfL von 2018, den der Rheinländer einst übernommen hat, heute wesentlich weiter weg vor, als er es schon sein kann. Wie auch immer man es wendet und dreht: Unterm Strich steht eine Bilanz des Erfolgs, den man sich seinerzeit nicht hatte ausmalen dürfen. Und der angesichts der Richtung, aus der die Wölfe kamen, nicht selbstverständlich ist.

Den Fast-Absteiger nach Europa geführt

Erst Braunschweig, dann Kiel. Die Wölfe hatten ihren Fans viel zugemutet, zwei Mal in Folge nur über die Hoffnungsrunde die Bundesliga gehalten. Mit dem Dienstbeginn Jörg Schmadtkes, der sich sofort Marcel Schäfer als Sportdirektor an seine Seite holte, sollte nach den verstörenden Relegationsjahren nun eigentlich eine Phase der Erholung beginnen. Stattdessen ging der Nervenkitzel weiter. Denn plötzlich verblüffte Grün-Weiß die Bundesliga auf ganz andere Weise, legte mit Trainer Bruno Labbadia eine beachtliche Kehrtwende hin und zog mit Pauken und Trompeten – und einem 8:1-Knallbonbon am 34. Spieltag – als Sechster der Saison 2018/2019 in die Europa League ein.

Stars gemacht und Identität geschaffen

Den ganz großen Umbruch hatte es nicht einmal gegeben. Eine eher sukzessive Neuausrichtung mit ruhiger Hand und vernünftigem Kalkül sowie leise nach außen im Ton – das war es, wofür die neue Klubführung stand. Spannende Spieler fanden in den folgenden Jahren ihren Weg nach Wolfsburg, etliche von ihnen sollten erst hier zu richtig bekannten Fußballern werden. Gleichzeitig verfestigte sich, trotz aller üblichen Fluktuationen, im Team eine Identität, die man allein schon an jenen drei Spielern ablesen kann, welche bis heute während der gesamten viereinhalb Jahre unter Jörg Schmadtke dabeigeblieben sind: Koen Casteels, Yannick Gerhardt und natürlich Maximilian Arnold.

Erholt vom Kater der Königsklasse

Auf Rang sechs folgten Platz sieben – und danach die unfassbare Rückkehr in die Champions League. Der VfL war nicht nur wieder wer, sondern blieb es sogar. Drei Jahre nach dem Fast-Absturz stellte Grün-Weiß die viertbeste Mannschaft in Deutschland. Diese Früchte noch mehr auszukosten, hätte man den VfL-Fans gegönnt. Aber nachdem schon Corona die Welt im Würgegriff hatte, folgten unter veränderten Rahmenbedingungen nun sportlich komplizierte Monate. Als Erfolgstrainer Oliver Glasner weiterzog, kam Mark van Bommel, von dem wiederum vorzeitig Florian Kohfeldt übernahm. Mit Verzögerung setzte schließlich Niko Kovac den VfL-Zug wieder aufs Gleis und formte aufs Neue ein grün-weißes Team mit Perspektiven, die auch tabellarisch mittlerweile wieder spannend sind.

Längste Amtszeit nach Peter Pander

Wer den Laden wieder flottgemacht hat? Gewiss nicht Jörg Schmadtke allein. Aber unter der Hauptverantwortung dieses Mannes, der von 408 Spielen als aktiver Profi kein einziges gegen die Wölfe bestritt, wurde ein Bundesligaverein von der Klippe zur zweiten Liga weggeholt und zu einer renommierten Fußball-Adresse zurückgeformt. Einzig Peter Pander war seit dem VfL-Einzug ins Oberhaus in vergleichbarer Position länger im Amt. Diese bewegenden viereinhalb Jahre zeugen also auch von einer lange nicht mehr erreichten Kontinuität. 236 Bundesligapunkte, dazu 19 Partien im Europapokal – Jörg Schmadtke verlässt den VfL Wolfsburg, wie man heute zu sagen pflegt, als Ehrenmann. Für all das und noch Vieles mehr sagen wir: Herzlichen Dank!     

Wölfe TV: Abschiedsinterview mit Jörg Schmadtke