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Spannende Beschaulichkeit

Jesper Gaden war vor mehr als 25 Jahren der erste Praktikant des VfL Wolfsburg.

Jesper Gaden steht vor der Geschäftsstelle des VfL Wolfsburg und hat die Hände in den Hosentaschen.An alter Wirkungsstätte: Seine ersten Schritte ins Berufsleben machte Jesper Gaden vor einem Vierteljahrhundert in der Geschäftsstelle am VfL-Stadion.

Ob in der Medienabteilung, im CSR-Team, im Frauenfußball oder beim E-Sport – wer bei den Wölfen als Studentin oder Student ins Berufsleben reinschnuppern möchte, der hat einen bunten Strauß an Möglichkeiten. In der Anfangszeit der Grün-Weißen nach dem Bundesliga-Einzug sah das noch ganz anders aus. Als vor einem Vierteljahrhundert Jesper Gaden beim VfL Wolfsburg hospitierte, bestand sein Kollegium aus kaum einem Dutzend Personen. Sein Arbeitsalltag als erster Bundesliga-Praktikant in der Geschäftsstelle am Elsterweg klingt aus heutiger Warte gemütlich und etwas eindimensional. Der Pionier aber ging in seinen Aufgaben auf und ließ sich von der damaligen Aufbruchstimmung tragen.

Regelkundiges Familienoberhaupt

Der Vater hatte noch gewarnt. „Im Stadion darfst du alles tragen, es sollten nur keine Farben des Gegners sein‘, hatte er gesagt“. Wolfram Gadens Kumpel, der zum Heimspiel gegen den MSV Duisburg mitkam, wollte aber nicht hören. Kaum fing es zu regnen an, spannte er einen blau-weißen Schirm, auch noch mit einem aufgedruckten Mazda-Logo, auf. „Da gab es direkt Protest aus der Kurve, so dass er ihn wieder einklappen musste“, lacht Jesper Gaden. Werk, Stadt und Verein – diese besondere Verbindung war für den 45-Jährigen immer schon normal. Bereits zu Oberliga-Zeiten nahm ihn sein Vater mit zu den Wölfen. Später steuerte er den Elsterweg mit Schulfreunden an. Meist stellte er sein Fahrrad dann bei der Oma im Amselweg ab, ehe es zu Fuß im VfL-Trikot zum Treffpunkt ging. „Wir haben uns immer an der großen Anzeigentafel versammelt, die war nicht zu verfehlen. Mein Vater war oft noch dabei und hat sich dann mit seinen eigenen Leuten getroffen.“

Im Fahrschulwagen zum Endspiel 

Wer 1977 auf die Welt gekommen ist, in dessen Fanjugend ging es stetig bergauf. Den Zweitligaaufstieg erlebte Gaden als 14-Jähriger. Intensiver erinnert er sich an den folgenden Meilenstein, das Pokalendspiel 1995, und zwar aus doppeltem Grund. „Zu der Zeit habe ich gerade meinen Führerschein gemacht. Mein Fahrlehrer, riesiger VfL-Fan, fragte mich irgendwann, ob ich mit nach Berlin kommen wolle.“ Mit seiner Frau und einem Freund im Wagen sammelte der Mann ihn nicht nur zu Hause ein, sondern ließ den Jugendlichen das Fahrzeug auch direkt steuern. „Die Autobahnfahrt ist mir dann sogar angerechnet worden.“ Dass Grün-Weiß zwei Jahre später in der Bundesliga spielen würde, hätte sich Gaden zu dieser Zeit nicht träumen lassen. Und noch weniger, dass er kurz darauf selbst für den VfL arbeiten würde. „Bis zum Start des Studiums hatte ich noch Zeit zu überbrücken. Da habe ich mich einfach initiativ um ein Praktikum beworben und wurde genommen.“   

Den Neubau fast nur von außen gesehen

Beim VfL konnte man jede helfende Hand gut gebrauchen. Der Einzug in die Bundesliga war viel schneller gelungen, als die Infrastruktur hatte mitwachsen können. „Ich würde sagen, dass ich zehn bis 15 Kollegen hatte“, sagt Gaden und meint nicht seine Abteilung, sondern das Geschäftsstellenteam insgesamt. Noch im alten Gebäude über den Kabinen im ersten Obergeschoss befand sich sein Schreibtisch, eingesetzt wurde er im Marketing. „Durchs Fenster habe ich immer aufs schicke weiße Gebäude geschielt, wo die Geschäftsführung um Peter Pander saß. Dorthin kam ich allerdings nie – maximal für einen schnellen Botengang.“ Was er so zu tun bekam? „Wir haben damals für heutige Verhältnisse hemdsärmelig ein Warenwirtschaftssystem aufgebaut. Ich habe zum Beispiel mit Excel-Listen gearbeitet, Fanartikel im Shop verkauft, Ware mit Preisaufklebern versehen und Pakete für den Versand vorbereitet. An den Wochenenden hatte ich frei, deshalb bin ich zu den Heimspielen ganz normal mit meinen Freunden gegangen“, erinnert er sich. Als freudlos oder eintönig empfand der gebürtige Wolfsburger den Alltag gar nicht. „Ich fand es unheimlich aufregend. Es hat Spaß gemacht, die Aufbruchsstimmung mitzuerleben. Wenn ich abends die Tagesseinnahmen in die Bank bringen durfte, dann habe ich als VfL-Mitarbeiter richtig Ansehen gespürt.“

Inzwischen wieder nah dran am VfL

Vier Wochen blieb Gaden von Januar 1998 an am Elsterweg und hängte in seinen ersten Semesterferien in der gleichen Abteilung direkt noch ein zweites Praktikum dran. Zusammen machte das zweieinhalb Monate bei seinem Herzensverein, die er nicht nur genoss, sondern auch als berufliches Sprungbrett nutzte. Sechs Monate Praxissemester beim Hamburger SV, Diplomarbeit in der Autovision, ein Jahr Australien und dann zehn Jahre echtes Berufsleben mit Verantwortlichkeit für den Bereich Merchandising und Lizenzen des HSV hießen die weiteren Stationen. 2014 kehrte Gaden, inzwischen selbst Familienvater, in seine Heimatstadt zurück und arbeitet seitdem in der Volkswagen Sportkommunikation. Wieder hat er im Alltag nun mit den Grün-Weißen zu tun und verrichtet dabei Tätigkeiten, die es zu seiner VfL-Praktikantenzeit noch gar nicht gab: Als Fachreferent für Öffentlichkeitsarbeit steuert er beispielsweise die PR-Aktivitäten der mittlerweile drei großen Wolfsburger Profiteams: der Grizzlys sowie der Wölfinnen und der Wölfe. Zwischen den Vereinen und Volkswagen fungiert er als Schnittstelle.  

Aufstieg als Geschenk zum Abitur

Wer weiß, wie alles gekommen wäre, hätte der 11. Juni 1997 einen anderen Verlauf genommen. Nicht nur für die Wölfe, die an diesem Tag die Bundesliga enterten. Sondern genauso für Gaden: Ehe Grün-Weiß am Abend den 1. FSV Mainz triumphal mit 5:4 in die Knie zwang, hatte der nämlich vormittags eine markante Hürde zu nehmen. „Das war der Tag meines mündlichen Abis. Ich hatte einen gewissen Druck, noch eine bestimmte Punktzahl zu schaffen“, berichtet er lächelnd, „zumal wir gerade Besuch von den Verwandten meiner Mutter aus Dänemark hatten.“ Nach der gemeisterten Deutsch-Prüfung hatte Gaden im Kreis seiner „trinkfreudigen dänischen Familie“ somit doppelten Anlass zum Feiern. „Mit acht oder neun Leuten sind wir dann ins Stadion gegangen, mein Vater wie immer mit seiner dänischen Flagge zu Ehren unseres Familienidols Jann Jensen vorneweg. Und dann folgte dieses Wahnsinnspiel mit dem Aufstieg als Krönung. Es passte einfach alles zusammen.“ 

Jetzt bewerben um ein VfL-Praktikum

Heute beschäftigt der VfL Wolfsburg im Schnitt pro Jahr 40 Praktikantinnen und Praktikanten. Möglich ist ein Praktikum, das in der Regel auf sechs Monate ausgelegt ist und sowohl im Februar als auch im Juli bzw. August starten kann, in 17 verschiedenen Abteilungen und Bereichen an den Standorten Volkswagen Arena, VfL-Center, AOK Stadion und Elsterweg. Die Vergütung beträgt einheitlich 900 Euro brutto pro Monat. 

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