Frauen

„Schon immer wettkampforientiert“

Interview mit Jubilarin Joelle Wedemeyer über ihr 100. Bundesliga-Spiel für die VfL-Frauen, den internen Konkurrenzkampf und das Spiel gegen den SC Freiburg.

VfL-Wolfsburg-Spielerin Wedemeyer bejubelt einen Treffer im Spiel.

Das Spiel gegen die Frauen des FC Bayern München war für Joelle Wedemeyer gleichzeitig die 100. Bundesliga-Partie im Trikot des VfL Wolfsburg. Seit 2013 gehört sie zum Kader der Profimannschaft, vorher spielte sie bereits bei den grün-weißen B-Juniorinnen. Im Interview berichtet die 27-Jährige unter anderem über die Entwicklung des Frauenfußballs beim VfL und gibt einen Ausblick auf den 7. Spieltag der Google Pixel Frauen-Bundesliga mit dem Heimspiel gegen den SC Freiburg (Anstoß um 14 Uhr).

Joelle Wedemeyer, du hast inzwischen 100 Bundesliga-Spiele für den VfL bestritten, dazu erstmal einen herzlichen Glückwunsch! Denkst du manchmal darüber nach, wo die Zeit geblieben ist?

Joelle Wedemeyer: Ja, klar mach ich das. Gerade das letzte Jahr ist gefühlt durchgeflogen, weil wir so viele Highlights hatten. Aber 100 Spiele ist natürlich schon eine Hausnummer bei einem so großen und professionellen Verein.

Bei solchen Zahlen fällt einem schnell das Wort „Urgestein“ ein, was aber eher unpassend erscheint bei einer Spielerin deines noch jungen Alters…

Joelle: Wenn ich auf das Alter manch anderer Spielerinnen schaue, könnte ich mich schon ein bisschen wie ein Urgestein fühlen, aber mir kommen bei dem Begriff trotzdem doch eher Namen von ehemaligen Spielerinnen wie Martina Müller in den Sinn. Ich zähle mich daher noch nicht so sehr dazu – auch wenn ich weiß, dass ich inzwischen schon eine lange Zeit hier bin.

Wie hat sich der Frauenfußball beim VfL seit 2013 entwickelt?

Joelle: Der VfL war schon damals gut aufgestellt – auch was die Strukturen anging. Wir hatten zu dieser Zeit schon gute Trainingsbedingungen, hatten eigene Physiotherapeuten und die Wäsche wurde gewaschen. Es wurde da schon sehr früh sehr gute Arbeit geleistet. Ich glaube auch, dass der VfL daher seit langer Zeit oben mit dabei ist. In den letzten Jahren hat sich trotzdem einiges verändert – vor allem die Aufmerksamkeit für das, was wir tun, und es ist alles nochmal professioneller geworden. Seit ich hier bin, habe ich bereits drei Kabinen miterlebt, die Krafträume und alle Geräte, die dazu gehören, sind besser geworden. Von der medizinischen Abteilung bis zum Sportlichen entwickelt sich alles von Jahr zu Jahr weiter.

In den vergangenen eineinhalb Jahren ist ein regelrechter Boom rund um den Frauenfußball entstanden. Inzwischen gibt es ganz andere Zuschauerdimensionen als zu deiner Anfangszeit. Musst du dich noch manchmal kneifen, wenn ihr vor großer Kulisse spielt?

Joelle: Es ist einfach schön, so etwas erleben zu dürfen. Wir genießen es, dass wir die Aufmerksamkeit und den Support bekommen und die großen Stadien vollkriegen. Genau das sind dann auch die Spiele, für die man trainiert, für die man kämpft und für die wir Fußballerinnen geworden sind. Daher freuen wir uns über diesen Zuspruch und hoffen, dass wir weiterhin solche großen Spiele spielen können.

Du hast dich oft zum VfL bekannt und Verträge verlängert. Wahrscheinlich hättest du unter anderen Umständen in einem anderen Verein schon mehr Bundesliga-Spiele gehabt. Was hat dich dazu gebracht, diesen Konkurrenzkampf beim VfL immer wieder anzunehmen?

Joelle: Ich war schon immer sehr wettkampforientiert – auch als Kind – und habe mich nie vor Konkurrenz gescheut. Im Gegenteil: Sie hat mich eher noch stärker und besser gemacht. Der VfL ist für mich über die Jahre ein Zuhause geworden und ich weiß, was ich an diesem Verein zu schätzen habe. Hinzu kommt, dass ich mein privates Umfeld hier habe, was extrem schön ist. Außerdem war es mein Anspruch, mich auf hohem Niveau durchzusetzen. Das ist besser, als in einem anderen Verein vielleicht immer zu spielen, ohne mich allerdings optimal weiterentwickeln zu können. Ich möchte immer für mich selbst individuell besser werden und gleichzeitig mit der Mannschaft das Maximale erreichen. Deswegen war der VfL bisher immer die beste Lösung für mich.

Aktuell könnte die sportliche Situation beim VfL besser sein. Wo siehst du gerade Verbesserungspotenzial? Woran muss die nächsten Wochen gearbeitet werden, damit wieder mehr Konstanz reinkommt?

Joelle: Ich glaube, dass wir einfach wieder ins Spielerische reinkommen müssen, sodass wir mit Ball wieder schöne Passstafetten kreieren und Chancen rausspielen können. Auch wenn wir natürlich auf die reinen Ergebnisse Wert legen, wissen wir, dass es auch darum geht, wie wir die Spiele angehen und gewinnen. Jeder von uns weiß, dass da momentan noch Luft nach oben ist. Ich bin mir dennoch sicher, dass die alte Spielstärke jetzt von Spiel zu Spiel zurückkommen wird. Wir haben wegen des Ausscheidens aus der Champions League leider mehr normale Trainingswochen, in denen wir uns aber als Mannschaft weiterentwickeln können.
 

In der Tabelle steht ihr aktuell mit einem Punkt hinter dem FC Bayern München und somit weit weg von einer Vorentscheidung im Meisterschaftsrennen. Habt ihr deshalb umso mehr das Ziel, die letzten vier Ligaspiele in diesem Jahr und das Pokalspiel gegen Werder Bremen zu gewinnen? 

Joelle: Auch unabhängig von dem Bayernspiel wäre das unsere Zielsetzung gewesen. Trotzdem ist es jetzt mit der Niederlage umso mehr unser Plan, alle diese Spiele zu gewinnen. Nichtsdestotrotz reden wir angesichts der Bayern-Niederlage von keiner Vorentscheidung.

Mit dem SC Freiburg als nächsten Gegner kommt eine kleine Wundertüte nach Wolfsburg. Es ist eine Mannschaft, die in dieser Saison bislang ein Auf und Ab in den Leistungen zeigt. Wie schätzt du Freiburgs Situation ein?

Joelle: Gegen die großen Mannschaften und potenziell guten Gegner, die oben in der Tabelle stehen, haben die Freiburgerinnen echt gute Spiele gezeigt und gute Ergebnisse erzielt. Auf der anderen Seite haben sie wiederum gegen Essen oder Nürnberg Unentschieden gespielt und Niederlagen kassieren müssen. Das spiegelt aber auch ein bisschen die letzten Jahre von Freiburg wider: Sie haben gute Qualität in der Mannschaft, aber die Konstanz fehlt. Trotzdem müssen wir uns auf einen guten Gegner einstellen und auf ein Team, das viel Tempo und Kreativität in seinem Spiel hat. Für uns ist jedoch die Aufgabe klar: drei Punkte aus diesem Spiel.

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