An der Schwelle zwischen Profi und Trainer: Pavao Pervan im Interview.
Dass sich das Torhüterteam zu dieser Saison verändern würde und mit ihm auch seine Hierarchie, stand seit Längerem fest. Pavao Pervan, inzwischen die Nummer drei im Kader der Grün-Weißen, verrichtet sein Tagewerk indes genauso positiv, professionell und mannschaftsdienlich weiter, wie er es immer getan hat und geht auch in seiner siebten VfL-Saison unbeirrt seinen Weg. Im Interview gibt der 36 Jahre alte Schlussmann einen Einblick in sein Selbstverständnis, berichtet von klingelnden Kassen und erklärt, warum er den Wölfen fürs Werksduell etwas zutraut.
Pavao Pervan, beim Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt warst du in ungewohnter Rolle zu sehen: Weil Pascal Formann gesperrt war, hast du das Einschießen Kamil Grabaras übernommen. Wie hat dir das gefallen?
Pavao Pervan: Das war eine sehr schöne neue Erfahrung. Ich bin Pascal dankbar, dass er mir das Vertrauen geschenkt hat, diese wichtige Aufhabe erledigen zu dürfen. Es hat mir großen Spaß gemacht.
War das vielleicht ein Vorgeschmack? Du hattest in der Vergangenheit bereits angedeutet, dass du dir die Arbeit als Torwarttrainer für die Zukunft vorstellen könntest.
Pavao: Stimmt. Weiter auf dem Platz zu stehen und andere weiterzuentwickeln, das ist eine Idee, die mir gefällt. Ich habe in meiner Karriere ja verschiedene Rollen eingenommen, war also nicht immer Stammkeeper, sondern auch mal die Nummer zwei oder wie jetzt die Nummer drei. Das kann mir bestimmt zugutekommen, denn ich weiß, wie sich die verschiedenen Torhüter fühlen. Man sollte immer versuchen, das zu machen, worin man aufgehen kann, finde ich. Denn wenn du gern machst, was du tust, und es sich gar nicht wie Arbeit anfühlt, dann kannst du viel an andere weitergeben.
Hinter den beiden Neuzugängen Kamil und Marius Müller bist du in dieser Saison, du sprichst es selbst an, die Nummer drei beim VfL. Wie verändert es das Selbstverständnis, wenn man weiß, dass vermutlich kein Saisonspiel mehr dazukommen wird?
Pavao: Anfangs ist es hart gewesen, weil man natürlich so lange wie möglich seinen Platz verteidigen und so oft wie möglich spielen möchte. Dass meine Rolle jetzt eine andere ist, ändert aber nichts an meinem Ablauf. Ich mache alles wie vorher, bereite mich professionell auf einen Spieltag vor und halte mich bereit für den Fall, dass etwas passiert. So fühle ich mich am wohlsten. Das ist es, was nicht nur der Verein von mir erwartet, sondern vor allem auch ich von mir selbst. Ich möchte mir keine Vorwürfe machen müssen, falls der Tag x doch mal kommt. Davon abgesehen gibt es immer etwas, das man für die Truppe tun kann – egal, in welcher Rolle. So nehme ich diese Herausforderung an.
Im letzten Trainingslager sagtest du, dass der richtige Moment für das Karriereende noch nicht gekommen sei. Wie denkst du heute darüber: War die Entscheidung, den Vertrag noch einmal zu verlängern, richtig?
Pavao: Ja, definitiv. Ich fühle mich nach wie vor so fit, dass ich noch nicht Schluss machen möchte. Auf dem Platz zu stehen, ist einfach das Schönste. Ich habe das Glück, gesund zu sein, deshalb möchte ich so lange wie möglich Fußball spielen. Meine Karriere danach wird noch lang genug. Ich bin ja noch jung – vielleicht nicht in meinem Beruf, aber generell schon. Daher habe ich noch einiges vor.
Im Unterschied zur alten Saison verfolgst du die Spiele nun aus einer anderen Perspektive, nämlich häufig von der Tribüne aus. Wie ist das für dich?
Pavao: Bei Heimspielen ist es tatsächlich so. Ich sitze dann auf der Tribüne und bin abrufbereit für den Fall, dass etwas passiert. Auswärts darf ich dagegen mit auf der Bank sitzen, wenn auch nicht in Spielkleidung. Das gefällt mir besser, wenn ich ehrlich bin. Auf der Tribüne bin ich wesentlich unruhiger und fühle mich viel weiter weg von der Mannschaft.
Was sich nicht verändert hat: Du bist immer noch Kassenwart. Und kassierst, wie man hört, neuerdings sogar per Kartenlesegerät. Stimmt das wirklich?
Pavao: Ganz richtig – ich bin für alle Fälle gewappnet, bei mir gibt es keine Ausreden! Das Einzige, was ich nicht annehme, sind Krypto-Währungen (lacht).
Wünscht man sich in dieser Rolle eigentlich, dass die Mannschaftskasse gut gefüllt ist?
Pavao: Gute Frage. Einerseits sollte es mir lieber sein, wenn nicht viel eingezahlt werden muss, weil das für eine gewisse Disziplin spricht. Andererseits machen wir dadurch andere Menschen glücklich, weil wir mit dem Geld auch Gutes tun. Und wir selbst profitieren ebenfalls ein bisschen, wenn wir einen schönen Mannschaftsabend oder Ausflug veranstalten, was letztlich dem Teamgeist dient. Insofern ist es mir am liebsten, wenn die Kasse durch kleinere Undiszipliniertheiten immer gut gefüllt ist. Bis jetzt ist, seit ich hier bin, auch immer einiges zusammengekommen. Einige Mitspieler legen einfach großen Wert auf den Teamgeist (lacht).
Nach den ersten drei Spielen: Wie beurteilst du den Saisonstart? Sowohl auf die Ausbeute bezogen als auch auf das Team?
Pavao: Ich nehme wahr, dass wir körperlich einen sehr guten Eindruck machen. Natürlich müssen die neuen Spieler erst ankommen und die Bundesliga kennenlernen. Das ist völlig normal. Mit Bayern hatten wir einen sehr harten Auftaktgegner, dem wir sehr gut die Stirn geboten haben. Dann haben wir in Kiel gewonnen, was alles andere als einfach ist, und gegen Frankfurt unglücklich verloren. Das hätte nicht sein müssen. Um den Start wirklich zu beurteilen, müssen wir noch mehr Spiele bestreiten. Aber ich denke, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir sind körperlich topfit, um den Fußball zu zeigen, den wir spielen wollen. Das ist eine wichtige Basis. Die Feinheiten kommen dann im Laufe der Saison.
Jetzt geht es zum Deutschen Meister. Was kann man von diesem Spiel erwarten?
Pavao: Gemeinsam mit den Bayern zählt Leverkusen sicherlich zu den stärksten Teams, auf die man gerade treffen kann. Wie sich diese Mannschaft entwickelt hat, mit welcher Selbstverständlichkeit sie die Spiele angeht, auch die Ruhe behält bei einem Rückstand, das ist wirklich beeindruckend. Keine Frage, wir bekommen es mit einem Topgegner zu tun. Aber in den letzten Jahren haben wir uns in Leverkusen immer sehr gut präsentiert. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir für Bayer genauso ein harter Brocken sind. Es ist auf jeden Fall dort für uns etwas drin.
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