Akademie

Härte und Humor

Im Interview: Marco Grimm über sein Image als „Kampfsau“ und einen verrückten Trainer-Streich.

Marco Grimm ist einer von nur drei externen Neuzugängen im Trainerkader der VfL-Akademie. Der ehemalige Bundesliga-Spieler steht U17-Cheftrainer Dennis da Silva Felix mit Rat und Tat zur Seite. Im Trainingslager in Opalenica hat sich der 52-Jährige die Zeit genommen, um mit uns über die Ursprünge seiner Tugenden, den Star seiner Kindheit und einen persönlichen Brief von Bayern-Präsident Herbert Hainer zu sprechen.

Marco Grimm, in den vergangenen Jahren warst du auch schon in Grün-Weiß unterwegs, allerdings noch als Co-Trainer der zweiten Mannschaft und U17 des SV Werder Bremen. Wieso hast du dich für den Wechsel nach Wolfsburg entschieden?

Marco Grimm: Ich finde, dass Wolfsburg schon seit langer Zeit eine spannende Nachwuchsabteilung hat, die immer wieder starke Jungs hervorbringt. Ich habe die Entwicklung über Jahre verfolgt und als sich die Chance ergeben hat, musste ich nicht lange nachdenken. Auch weil ich Familie und Arbeit nun noch besser vereinbaren kann. Denn ich wohne mit meiner Frau, unserem zwölf Wochen alten Sohn und unserem Golden Retriever in Braunschweig.

Bist du dann jeden Tag die knapp 200 Kilometer gependelt?Grimm: Nein, ich hatte auch ein kleines Apartment in Bremen. Da ich sowieso gefühlt die gesamte Zeit auf dem Trainingsgelände oder im Stadion verbracht habe, war die Hauptsache, dass ein Bett reinpasst. An den freien Tagen bin ich dann zu meiner Familie nach Braunschweig gefahren.

 

Ich lege sehr viel Wert auf Disziplin, das ist auch meinem persönlichen Werdegang geschuldet. Ich war nie das größte Talent, habe mir sehr viel erarbeiten müssen und bin so letztlich auch ans Ziel gekommen.
Marco Grimm

Was für ein Typ Trainer bist du? Was ist dir wichtig?

Grimm: Ich lege sehr viel Wert auf Disziplin, das ist auch meinem persönlichen Werdegang geschuldet. Ich war nie das größte Talent, habe mir sehr viel erarbeiten müssen und bin so letztlich auch ans Ziel gekommen. Hermann Gerland hat aber auch einen großen Anteil daran. Er war mein Trainer bei den Amateuren des FC Bayern München. Wer ihn kennt, der weiß, dass grundlegende Dinge wie Disziplin und Arbeitseinstellung für ihn das A und O sind.

Welche Erinnerung fällt dir an eure gemeinsame Zeit direkt ein?Grimm: Als ich 1993 zum ersten Training der Bayern-Amateure kam, waren seine ersten Worte an mich: „Kannst du auch laufen? Wenn nicht, kannst du gleich wieder nach Hause gehen!“ Zumindest wusste ich sofort, was mich erwarten würde. Mir war ohnehin klar, dass der Fußball nicht nur aus schönen Dingen, sondern auch aus harter Arbeit besteht. Deshalb habe ich das angenommen, jeden Tag hart gearbeitet und bin meinen Weg gegangen.

Und dieser Weg führte dich zu deinem Bundesliga-Debüt am 15. April 1995. Das Auswärtsspiel des FC Bayern München bei Eintracht Frankfurt ging auch wegen dir in die Geschichte ein…

Grimm: Das war echt verrückt. Aufgrund einiger Ausfälle standen mit Sven Scheuer und Sammy Kuffour zwei Spieler aus der Bayern-Reserve in der Startelf. Ich wurde nach etwa einer halben Stunde eingewechselt, mit Didi Hamann kam in der Schlussphase der vierte Vertragsamateur ins Spiel. Damals durften aber nur drei gleichzeitig auf dem Platz stehen. Sportlich haben wir zwar mit 5:2 gewonnen, doch die Partie wurde im Nachgang mit 0:2 gegen uns gewertet. Zu meinem 50. Geburtstag habe ich einen Brief von Präsident Herbert Hainer bekommen, in dem er auch noch mal darauf eingegangen ist, weil den Bayern kurz zuvor in Freiburg erneut ein Wechselfehler unterlief.

In deinen 16 Jahren als Fußballprofi hast du einige Titel abgeräumt. Welcher hat dir am meisten bedeutet?Grimm: Der DFB-Pokalsieg 1997 mit Stuttgart. Bitter war nur, dass ich das Halbfinale und das Finale aufgrund einer Bandscheiben-Operation verpasst habe. Bei allen anderen Spielen davor war ich dabei.

Hat die Medaille einen besonderen Platz in deinen vier Wänden bekommen?

Grimm: Die Medaille ist tatsächlich zuhause bei meinem Vater, der sie in meinem alten Kinderzimmer in Ehren hält.

Hängen dort auch noch Poster von den Stars deiner Kindheit?

Grimm: Ich hatte eigentlich nie solche Poster an der Wand. Aber ein Spieler, der mein Verständnis von Fußball geprägt hat, war Karlheinz Förster. Er ist Europameister geworden und hat unzählige weitere Erfolge gefeiert – und beim VfB Stuttgart gespielt. Ich war als kleines Kind ein großer VfB-Sympathisant. Zu meiner Zeit dort konnte ich ihn sogar persönlich kennenlernen, das war ein surrealer Moment.

Du warst ein unerbittlicher Innenverteidiger, wurdest von den Medien deshalb als „Kampfsau“ getauft. Wie hast du diesen Spitznamen mit Leben gefüllt?Grimm: Ich habe in jeder Sekunde alles reingehauen, nie aufgegeben und wollte immer gewinnen. Und so bin ich dann auch in die Zweikämpfe gegangen… Ich bin aber ganz froh darüber, dass sich der Spitzname nie so richtig durchgesetzt hat.

Zur Saison 1998/1999 bist du vom VfB Stuttgart zum Grazer AK nach Österreich gewechselt. Dort sollte mal ein gewisser Albertas Klimawiszys zum neuen Trainer werden…

Grimm: Das war im Nachhinein eine echt lustige Geschichte, aber zu dem Zeitpunkt, als sie passiert ist, war es ganz und gar nicht witzig. Beim Abschlusstraining vor dem Viertelfinale im ÖFB-Cup gegen Sturm Graz wurde der Trainerwechsel von Klaus Augenthaler zu Albertas Klimawiszys verkündet. Plötzlich stand Harpe Kerkeling vor uns. Das Problem an der Sache war nur, dass ihn niemand erkannt hat. Spätestens nach zehn Minuten ist uns aber aufgefallen, dass irgendetwas nicht stimmt, weil er dermaßen blödsinnige Anweisungen gegeben hat. „Rechte Hand an die Nase, linke ans Ohr, einmal drehen und dann schießen wir aufs Tor.“ Wir sind geschlossen vom Platz gegangen, wo uns unser Präsident aufgeklärt hat, dass es eine Aktion für die TV-Show „Darüber lacht die Welt“ war. Als wir uns die Episode mit der gesamten Mannschaft angesehen haben, kamen uns die Tränen. Das war einer der verrücktesten Tage meines Lebens.

„Darüber lacht die Welt“ ansehen