Frauen

„Frauenfußball stand in den Startlöchern“

Conny Pohlers über ihre Erinnerungen an das einzige Länderspiel am Elsterweg.

Conny Pohlers im Zweikampf um den Ball bei der Nationalmannschaft

Das VfL-Stadion am Elsterweg hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Seit dem Jahr 1947 diente das Stadion dem VfL Wolfsburg für insgesamt 55 Jahre als Heimstätte. Es war dabei Schauplatz mehrerer geschichtsträchtiger Partien. So feierte man 1997 in einem denkwürdigen Spiel den erstmaligen Aufstieg in die Bundesliga und auch die ersten europäischen Abende fanden am Elsterweg statt. Ein Länderspiel in der alten Heimat des VfL Wolfsburgs war den Zuschauern aber nur ein einziges Mal vergönnt. Doch dabei geschah bis heute Historisches: Eine Hauptrolle spielte dabei die spätere VfL-Torjägerin Conny Pohlers, die sich genau 20 Jahre nach dem Länderspiel an das Ereignis erinnert.

Conny Pohlers, heute vor 20 Jahren standest du in Wolfsburg für die deutsche Nationalmannschaft auf dem Platz. Klingelt es da bei dir?

Conny Pohlers: Wenn es für die Nationalmannschaft war, dann weiß ich es. Das müsste Portugal gewesen sein. Da habe ich fünf Tore gemacht. Zuvor wurde ich glaube nicht für die Europameisterschaft 2001 eingeladen und hatte scheinbar noch ein bisschen Wut im Bauch (lacht).

Absolut richtig. Deutschland spielte damals in der WM-Qualifikation gegen Portugal und dir gelangen als erster Spielerin fünf Treffer in einem Spiel für die Nationalmannschaft. Ein Rekord für die Ewigkeit?

Conny: Das glaube ich nicht. Inka Grings ist ja ein paar Jahre später das Gleiche gelungen und in den vergangenen Jahren war es auch immer wieder knapp. Wenn man sieht, welche Nationen gerade in der Qualifikation antreten, gehe ich schon davon aus, dass der Rekord irgendwann fällt.

2001 standest du in Diensten des 1. FFC Turbine Potsdam. Damals war nicht abzusehen, dass du nach deiner Karriere hier in Wolfsburg verweilen würdest. Wie ist dir das Stadion am Elsterweg in Erinnerung geblieben?

Conny: Es ist schon kurios, dass ich gerade hier in Wolfsburg nach meiner Karriere hängengeblieben bin. In meiner Karriere gab es einige außergewöhnliche Spiele, die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind. Dazu zählt neben dem Länderspiel beispielsweise auch das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 2014 in Wolfsburg. Am letzten Spieltag schlugen wir durch ein Tor in der 89. Minute den 1. FFC Frankfurt und verteidigten so den Titel für den VfL. Das Stadion ist mir daher schon ans Herz gewachsen.

Das Spiel in Wolfsburg war damals erst dein drittes Länderspiel. Was für eine Mannschaft war das damals?

Conny: Eine ziemlich zusammengewürfelte Truppe mit einigen jungen Spielerinnen wie mir, aber auch den Erfahrenen von damals. Ich war jedenfalls ziemlich glücklich, dass ich 90 Minuten spielen durfte. Rund um diese Zeit spielten in der deutschen Nationalmannschaft schon sehr starke Spielerinnen, die dann ja auch Weltmeisterinnen geworden sind.

Der Frauenfußball hat sich in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. Wenn du dich zurückerinnerst, wie weit war der Frauenfußball 2001?

Conny: Damals stand der Frauenfußball noch in den Startlöchern. Nach der Weltmeisterschaft 2003 erlebten wir dann einen Boom. Der Titel, mit dem Golden Goal von Nia Künzer, sorgte maßgeblich dafür, dass es in den Jahren danach bergauf ging. Ich freue mich, dass ich diese Entwicklung mitstarten durfte und in dieser Zeit aktiv dabei war. Auch wenn in den letzten Jahren so ein kleiner Schnitt zu beobachten war, ist es schon beeindruckend, was seitdem im Frauenfußball alles geschehen ist. Deutschland und der DFB müssen sich aber umschauen, den Anschluss nicht zu verlieren. England und auch Spanien haben in den vergangenen Jahren ein paar Schritte mehr gemacht.

Wie unterscheidet sich denn der jetzige Frauenfußball zu dem in deiner Zeit?

Conny: Ich hatte das Glück, dass ich in einer Zeit gespielt habe, wo gerade die Zuschauerzahlen ihr Maximum hatten. Ich durfte im Finale des UEFA Women’s Cup mit dem 1.FFC Frankfurt vor über 27.000 Zuschauern spielen. Wir sind eine andere Generation. Spielertypen wie wir es waren, gibt es heute kaum noch. Es ist spielerisch vieles anders geworden.

Die damalige Co-Trainerin Silvia Neid wurde nach dem Spiel am Elsterweg so zitiert: „Die Portugiesinnen sind sehr schwach und wirken nicht gut trainiert. Unsere Spielerinnen waren immer einen Schritt schneller und deshalb so überlegen.“ Glaubst du, so etwas würde es heute noch geben?

Conny: Mittlerweile darf man keine Mannschaft mehr unterschätzen. Deutschland spielt jetzt beispielsweise gegen Israel. Da ist man natürlich der haushohe Favorit, trotzdem sollte man jede dieser Mannschaften ernst nehmen. Portugal kann jetzt locker mithalten, das war damals nicht so. Wie sich verschiedene Länder in den Frauenfußball reingehängt haben, sieht man auch an den nationalen Ligen. Ob es deswegen schon sinnvoll ist, die Teilnehmerzahl von Welt- oder Europameisterschaften aufzustocken, ist eine andere Frage.