Männer

Die Ruhe nach dem WM-Sturm

Worauf sich Weltmeister David Odogu am meisten gefreut hat.

VfL-Wolfsburg-Spieler David Odogu posiert freudig mit dem WM-Pokal.

Allmählich kehrt im Leben von David Odogu wieder Normalität ein. Der historische Triumph bei der U17-Weltmeisterschaft in Indonesien hat für Wirbelstürme gesorgt, die auch noch Wochen nach der Rückkehr des deutschen Nationalspielers zu spüren waren. Der WM-Titel war für den Verteidiger der VfL-Akademie das letzte Mosaikstück seines illustren Jahreswerks.

„Habe es mir leichter vorgestellt“

Zwischen dem indonesischen Surakarta und Wolfsburg liegen 11.000 Kilometer, sechs Stunden und 30 Grad Celsius. Kein Wunder also, dass Odogu nach seiner fabelhaften WM-Reise, die am 2. Dezember mit dem Titel für die deutsche U17-Nationalmannschaft ein historisches Ende fand, erst einmal eine Weile benötigte, um sich wieder an den stinknormalen Alltag zu gewöhnen. Allzu viel Zeit blieb dem 17-Jährigen allerdings nicht, denn nur wenige Tage nach dem gewonnenen Finale musste er um 7.55 Uhr schon wieder die Schulbank drücken. „Ich habe mir die Umstellung ehrlich gesagt leichter vorgestellt. Die Zeitverschiebung hat mir ordentlich zu schaffen gemacht“, gesteht Odogu.

Terminhatz und Nachrichtenflut

In den vergangenen Wochen ist der frischgebackene U17-Weltmeister zwischen Schule und Training von Termin zu Termin geeilt. Hier ein Empfang, da ein Interview und unzählige Nachrichten. „Wenn ich WhatsApp und Instagram addiere, komme ich bestimmt auf über 500. Der ganze Trubel um einen herum ist in gewisser Weise echt anstrengend, ich weiß es aber sehr zu schätzen, dass sich die Leute für mich und meine Geschichte interessieren. Ich bin sehr dankbar dafür, wie die Stadt, der Verein und die Fans mich in Wolfsburg empfangen haben“, so Odogu.

Unbezahlbare Momente

In der Halbzeit des restlos ausverkauften Heimspiels gegen den FC Bayern München wurde der groß gewachsene Innenverteidiger noch einmal offiziell von den VfL-Geschäftsführern Michael Meeske, Marcel Schäfer und Dr. Tim Schumacher geehrt – mit einem knallbunten Strauß Blumen, einer eingerahmten Collage und vielen herzerwärmenden Worten. Das Grinsen war Odogu wie ins Gesicht gemeißelt. „Es war ein überwältigendes Gefühl. Wann steht man mit 17 Jahren schon mal vor 30.000 Zuschauern und wird für seine Leistungen geehrt? Das sind Momente, die man mit Geld nicht kaufen kann“, findet Odogu.

Es wird eng

Besonders das Kunstwerk hat bei ihm einen bleibenden Eindruck hinterlassen: „Das wird in Zukunft in jeder meiner Wohnungen einen Ehrenplatz bekommen. Es erinnert mich an eine unvergessliche Zeit, von der ich noch meinen Kindern erzählen werde.“ Allerdings hat es ihn auch vor eine neue Herausforderung gestellt. Denn die freie Fläche an den Wänden seines Zimmers in der VfL-Akademie ist ausgeschöpft. „Die Medaille und das Trikot aus dem Finale haben ihren Platz schon gefunden, allerdings musste ich dafür schon umräumen. Für das Bild muss dann wahrscheinlich etwas anderes geopfert werden“, scherzt Odogu.

„Nicht 365 perfekte Tage“

Der Blick auf seine Trophäenwand offenbart, dass der WM-Titel „nur“ die Krönung war. Der Deutsch-Nigerianer war zu Beginn des Jahres mit den VfL-Profis im Trainingslager, feierte mit den U17-Jungwölfen die Vizemeisterschaft, wurde beim Heimspiel gegen Mainz am 30. April erstmals von Trainer Niko Kovac in den Kader berufen und räumte dann noch die Goldmedaille bei der EM und WM ab. „Wenn mir das vor einem Jahr jemand gesagt hätte, hätte ich ihm den Vogel gezeigt. Die vergangenen zwölf Monate kann ich nicht in Worte fassen. Es war das beste Jahr meines Lebens“, meint Odogu, der im nächsten Atemzug betont, dass er nicht 365 perfekte Tage erlebt habe: „Wo Höhen sind, gibt es auch Tiefen. Natürlich hat es Phasen gegeben, in denen man nicht mit sich zufrieden gewesen ist. Zum Beispiel bei der Europameisterschaft, die ich größtenteils von der Bank aus verfolgt habe. Wichtig ist am Ende, wie man damit umgeht.“

Endlich Ruhe

Trotz der schier unendlichen Liste an Erfolgen ist sein Hunger längst nicht gestillt: „Den Schwung aus 2023 will ich ins nächste Jahr mitnehmen. Wir haben uns als Mannschaft das Ziel gesetzt, die U19-Meisterschaft zu gewinnen. Persönlich arbeite ich darauf hin, mein Debüt in der Bundesliga zu geben und mich langfristig im Profibereich zu etablieren“, so Odogu. Bevor diese Missionen beginnen, heißt es aber erst einmal Füße hochlegen. Die Weihnachtszeit hat der gebürtige Berliner im Kreis seiner Familie in der Hauptstadt verbracht. „Nach den turbulenten Wochen war die Freude auf die Feiertage wirklich riesig. Besonders auf die Ente mit Klößen und Rotkohl.“ Die hat er sich mehr als verdient.