Von Liga drei bis ins internationale GeschÀft brauchte es nur sieben Jahre

Seit 15 Jahren ist der VfL ohne Unterbrechung in der Bundesliga dabei, und lĂ€ngst haben sich die Wölfe im Oberhaus fest etabliert. Blickt man auf die AnfĂ€nge dieser Erfolgsgeschichte zurĂŒck, dann landet man bei einem bedeutenden Ereignis, das sich in diesem Sommer zum 20. Mal jĂ€hrt: Genau zwei Dekaden ist es her, dass der VfL Wolfsburg nach langen Jahren in der Drittklassigkeit wieder an die OberflĂ€che kam. Beginnend mit dem Zweitligaaufstieg 1992 soll die erstaunliche Entwicklung der GrĂŒn-Weißen deshalb an dieser Stelle noch einmal nacherzĂ€hlt werden. 20 Jahre Wolfsburger Profifußball – Heute: Teil VI – Von Debrecen bis London: Gestatten, wir sind der VfL.

Der Tag, als in Wolfsburg ein neues Fußballkapitel begann, war ein lauwarmer Dienstagabend. Etwas mehr als 7.200 Zuschauer waren gekommen, sehr viel mehr waren am Elsterweg gar nicht erlaubt. Der sportliche Erfolg der GrĂŒn-Weißen, er war der dafĂŒr nötigen Infrastruktur noch erheblich voraus. „Die Europapokalspiele unter Flutlicht und mit einer fast vollen HĂŒtte waren trotzdem sehr besonders“, erinnert sich Claus Reitmaier. Der Keeper ging beim VfL gerade in seine zweite Saison. Und stand natĂŒrlich auch an diesem 14. September 1999 im Tor, als die Wölfe sich mit einem 2:0 gegen den VSC Debrecen erstmals in Europa bemerkbar machen sollten. Die historischen SchĂŒtzen fĂŒr das von Wolfgang Wolf trainierte Team hießen Charles Akonnor und Andrzej Juskowiak.

Im hart umkĂ€mpften RĂŒckspiel sollte die gute Ausgangslage zum Rettungsanker werden. Zwar lief zunĂ€chst alles nach Plan, Jonathan Akpoborie erzielte in der 25. Minute das scheinbar beruhigende 1:0. Doch in der zweiten Halbzeit kamen die Ungarn zurĂŒck. „Das war eigentlich ein ganz schlechtes Spiel von uns“, so Reitmaier. In der 54. Minute markierte Sabo zunĂ€chst den Ausgleich, um noch in der 90. Minute seine Mannschaft sogar in FĂŒhrung zu bringen. Eine am Ende Ă€rgerliche Niederlage fĂŒr die GrĂŒn-Weißen, das Ticket fĂŒr die zweite Runde aber war trotzdem gelöst. Die VfL-AnhĂ€nger feierten. „Ich glaube, etwa zwei Dutzend Fans hatten die Reise nach Debrecen auf sich genommen. Die konnten wir quasi mit der Hand begrĂŒĂŸen“, schmunzelt Reitmaier.

 

Überhaupt teilzunehmen war eine Sensation

Wie der VfL in den UEFA-Cup gekommen war, glich einem MĂ€rchen. „Wir sind praktisch von ganz unten gekommen“, erzĂ€hlt Reitmaier. TatsĂ€chlich standen die Wölfe in ihrer zweiten Bundesligasaison nach sieben Spieltagen auf dem letzten Tabellenplatz. „Aber dann haben wir fĂŒnf Spiele in Folge gewonnen und sind weiter durchmarschiert.“ Mit dabei war der legendĂ€re 7:1-Erfolg gegen Borussia Mönchengladbach – noch heute der höchste Bundesligasieg in der VfL-Historie. Am Ende war es vollbracht: Die Wölfe erreichten Platz sechs – und standen, kaum dass sie im Oberhaus angekommen waren, gleich zum ersten Mal in ihrer Geschichte im Europapokal.

Zu Ende ging dieses erste UEFA-Cup-Abenteuer in Runde drei, als sich Atletico Madrid zwar nicht als zu stark, aber zu groß erwies. Die Wölfe verabschiedeten sich jedoch nicht ohne ein ordentliches Spektakel. Nach einem knappen 2:3 im ersten Vergleich beherrschten sie im RĂŒckspiel klar das Geschehen, kĂ€mpften sich nach einem frĂŒhen RĂŒckstand wieder zurĂŒck. Claus Reitmaier: „Dass wir dort ausgeschieden sind, war völlig unnötig. Wir hatten Atletico im Griff und erspielten uns riesige Chancen. Wir hĂ€tten dort 3:1 gewinnen mĂŒssen. Ich war mir im gesamten Spiel so sicher, dass wir gewinnen.“ Am Ende kassierten Reitmaier und Co. jedoch ein „blödes Ding“, und so war nach einem 1:2 in der spanischen Hauptstadt das erste Kapitel Europapokal schließlich vorbei.

 

Rekordstarter im UI-Cup

Bis weitere folgten, sollte es zunĂ€chst etwas dauern. Nicht weniger als fĂŒnf Mal (2000, 2001, 2003, 2004, 2005) schafften es die GrĂŒn-Weißen in den kommenden Jahren zwar in den UI-Cup – hĂ€ufiger als jedes andere Bundesligateam. Das Ticket fĂŒr den UEFA-Pokal lösten sie auf diesem Weg allerdings nie. Reitmaier erinnert sich: „Da kamen viele Faktoren zusammen. Sicherlich gehörte etwas GlĂŒck dazu. Allerdings haben wir nie so konstant gut gespielt, wie wir es eigentlich konnten. Durch eine Saison im unteren Mittelfeld fehlte es uns mitunter am Selbstvertrauen. Deshalb hat es leider nicht funktioniert.“

Zum großen Comeback kam es drei Jahre spĂ€ter. Unvergessen allein das 4:2 in Dortmund, mit dem sich Marcelinho, Grafite und Co. am letzten Spieltag der Saison zum ersten und einzigen Mal auf Platz fĂŒnf vorarbeiteten. Teils packende Duelle mit Bukarest, Heerenveen, Braga und Portsmouth waren der Lohn. Zum echten Coup wurde das AuswĂ€rtsspiel in Mailand, wo der VfL dem großen AC Milan ein 2:2 abtrotzen konnte und noch vor dem siebenmaligen Champions-League-Sieger die Gruppe sogar gewann. Auch wenn eine Runde spĂ€ter gegen Paris St. Germain wieder Schluss war: Auf ihrer zweiten Europa-Tournee hatten die GrĂŒn-Weißen nicht nur mitgehalten, sondern ernteten am Ende auch grĂ¶ĂŸten Respekt von der europĂ€ischen Konkurrenz. Und wem der VfL Wolfsburg jetzt noch kein Begriff war, der sollte ihn spĂ€testens in der kommenden Spielzeit kennenlernen.

 

Im Kreis von Europas Elite

Mit den gelĂ€ufigen Fußball-Superlativen kam man im Kalenderjahr 2009 nicht mehr aus. Selten bis nie hatte eine Mannschaft, die zumal an Weihnachten noch unauffĂ€lliger Neunter war, sich binnen weniger Wochen derart selbst berauscht, dass niemand sie mehr aufhalten konnte. Dieses Team war nun der VfL Wolfsburg. Die Meisterschaft, sie war ein unvergesslicher und ewiger Triumph mit der Handschrift Felix Magaths. Und sie fĂŒhrte die Wölfe auf die ganz große BĂŒhne. Manchester, Moskau und Istanbul – nicht einmal sieben Jahre nach ihrer Eröffnung lud die Volkswagen Arena zur Königsklasse des Fußballs. Diese dritte Teilnahme am Europapokal, sie wurde nicht nur die intensivste, sondern auch die lĂ€ngste. Denkbar knapp schieden die GrĂŒn-Weißen erst am letzten Spieltag der Vorrunde aus. Als Gruppendritter aber machten sie in der Europa League weiter, eliminierten dort mit Villarreal und Rubin Kasan noch zwei richtig starke Teams und zogen sich erst nach dem Viertelfinale gegen Fulham FC vom europĂ€ischen Fußball – fĂŒrs Erste – wieder zurĂŒck.

Veröffentlicht am 28. Juni 2012.