Frauen

(W)interview mit Daniel Kraus

Wie der Sportliche Leiter der Juniorinnen die Ausgangslage vor dem Rückrundenstart einschätzt.

In wenigen Tagen beginnt für die Juniorinnen des VfL Wolfsburg wieder der Spielbetrieb. Im Interview äußert sich der Sportliche Leiter des VfL-Frauen-Nachwuchses und U20-Cheftrainer Daniel Kraus deshalb jetzt über die bisherige Saison seiner Jungwölfinnen, den aktuellen Stand der Nachwuchsteams und die Einführung von DFB-Talentförderzentren für Juniorinnen.

Das sagt Daniel Kraus…

…zur U20:

Daniel Kraus, nach dem Abstieg aus Liga zwei in der vergangenen Spielzeit ist die U20 in der Saison 2024/25 in der Regionalliga Nord an den Start gegangen. Wie schlägt sich deine Truppe da bisher?

Daniel Kraus: Grundsätzlich schlagen wir uns gut. Im Vergleich zur letzten Saison haben wir deutlich mehr Ballbesitz. Wir müssen jetzt mit Ball Lösungen finden und können das, was wir uns im Training erarbeitet haben, besser umsetzen. Dadurch können wir uns gut weiterentwickeln und Platz drei zur Winterpause zeigt auch, dass wir zu den Topmannschaften der Regionalliga Nord gehören. Wir sind eine sehr junge Mannschaft mit einem Altersdurchschnitt von knapp über 18 Jahren und trotzdem hätten wir, bis auf das Rückspiel gegen den Tabellenführerinnen des Hamburger SV, kein Spiel verlieren müssen. 

Was sind die gravierendsten Unterschiede zwischen Liga zwei und drei?

Daniel: In Liga zwei hast du mehr erfahrene Teams, die die Fehler, die junge Teams logischerweise machen, gnadenlos bestrafen. Wir sind in der letzten Saison oft in Rückstand geraten, ohne das schlechtere Team gewesen zu sein. Das ist in der Regionalliga etwas anders. Hier wird nicht jeder Fehler direkt bestraft und ich glaube, dass das für unsere Entwicklung und den nächsten Schritt der Spielerinnen nach der U17 eine gute Liga ist. 

Nach zwölf Spielen steht ihr mit 21 Punkten auf Rang drei. Vier Punkte hinter Holstein Kiel und zehn Punkte hinter dem HSV II. Wie zufrieden bist du mit euren Leistungen bis jetzt?

Daniel: Entscheidend für mich ist, dass die Mannschaft und die Spielerinnen sich kontinuierlich weiterentwickeln. Die Ergebnisse sind dann ein Produkt dessen. Dahingehend kann ich sagen, dass einige Spielerinnen einen großen Schritt nach vorne gemacht haben und auch die Mannschaft als Ganzes sich gut weiterentwickelt hat. Von daher bin ich zufrieden, auch wenn wir natürlich gerne die Lücke nach oben noch schließen würden.

Welche Ziele habt ihr euch für die Rückrunde gesetzt?

Daniel: Am Ende wollen wir das Maximum rausholen und so weit oben stehen wie möglich. Die zehn Punkte Rückstand auf den HSV II noch aufzuholen, wird schwierig und liegt auch nicht allein in unserer Hand. Dafür müssten die Hamburgerinnen noch ein paar Punkte liegen lassen. Holstein Kiel wollen wir aber definitiv noch vom zweiten Platz verdrängen!

… zur U17:

Kommen wir zu den U17-Juniorinnen, die dieses Jahr in drei(!) verschiedenen Wettbewerben an den Start gehen. Unter anderem spielen die Nachwuchswölfinnen seit dieser Saison in der U15-Landesliga der Junioren mit. Ein halbes Jahr ist nun um, wie ist deine Meinung zu dieser Neuerung?

Daniel: Eine abschließende Meinung konnte ich mir dazu noch nicht bilden. Wie so häufig gibt es positive, aber auch negative Aspekte. Vor dem Hintergrund, die Mädels jedes Wochenende fordern zu wollen, war eine Revolution mit Sicherheit sinnvoll. Aber ob die aktuelle Lösung die einzig wahre ist, weiß ich nicht. Vielleicht kann man in Zukunft darüber nachdenken, sich ein wenig am Modell der Jungs zu orientieren und mit den neu entstanden NLZs eine Liga zu bilden. Aktuell gibt es bundesweit zahlreiche Modelle. Am Ende sollte man sich einfach zusammensetzen und ergebnisoffen diskutieren, was das Beste für die Entwicklung der Juniorinnen ist.

Die U17 steht mit sieben Punkten nach der Hinrunde auf dem vorletzten Platz. Was kann das Team von Markus Herbst in der Rückrunde noch verbessern?

Daniel: Zunächst hat man gemerkt, dass das Spiel gegen Jungs ein ganz anderes ist. In der Liga wird viel intensiver und körperlicher Fußball gespielt und das müssen die Mädels annehmen. Fußballerisch können sie in der Liga definitiv mithalten. Wenn der Gegner physisch überlegen ist, dann muss man versuchen, im eigenen Ballbesitz weniger Zweikämpfe zu führen und noch mehr miteinander Fußball zu spielen. Im Training sieht das oft schon sehr gut aus. Im Spiel fehlen ab und zu noch die Ruhe und der Mut, den Ball laufen zu lassen. Wenn die Mädels da noch selbstbewusster werden, dann werden sie in der Rückrunde auch in der Tabelle noch den ein oder anderen Platz nach oben klettern und den Klassenerhalt schaffen.

Besser lief es bisher in den Vergleichen mit anderen B-Juniorinnen im DFB-Pokal und der ebenfalls neu eingeführten Talentliga. In letzterer treten zwölf der besten U17-Mannschaften aus dem Norden gegeneinander an. Dort stehen für die Nachwuchswölfinnen bisher ein Kantersieg gegen die Hertha und eine Niederlage gegen den HSV zu Buche. Was hältst du von dieser Liga?

Daniel: Grundsätzlich sehe ich diese Liga sehr positiv. Wir wollen uns gerne mit den anderen talentierten Teams hier in der Umgebung messen. Einzig der Zeitpunkt ist schlecht gewählt. Aktuell finden diese Spiele mitten in der Saison während des regulären Ligabetriebs statt. Das führt zu Überschneidungen und wir müssen häufig Spiele verlegen, um an beiden Wettbewerben teilnehmen zu können. Mein Vorschlag wäre, dass man diese Talentrunde in der Vorbereitung beispielsweise im Rahmen eines Blitzturniers spielt, um eben solche Terminschwierigkeiten zu umgehen.

Im DFB-Pokal steht ihr im Viertelfinale. Dort geht es am 9. März zum SC Freiburg. Was traust du dem Team dieses Jahr im Pokal zu? 

Daniel: Wenn man gegen Hamburg gewinnt, dann hat man schon mal nachgewiesen, dass man auf einem guten Level ist. Gleiches gilt aber auch für den SC Freiburg, der den 1. FC Köln im Achtelfinale geschlagen hat. Von daher braucht es auch im Viertelfinale eine Topleistung von uns. Alle Mannschaften, die jetzt noch dabei sind, haben die Möglichkeit, ins Finale zu kommen und den Pokal zu holen. Das ist auch unser Ziel!

Durch die Abschaffung der Juniorinnen-Bundesliga (Regionalliga) kommt es seltener zu direkten Duellen mit den anderen Topteams dieses Jahrgangs. Wo siehst du die aktuelle U17 im deutschlandweiten Vergleich?

Daniel: Das ist superschwierig festzustellen. Ich glaube, dass wir eine sehr gute U17 haben und uns auch dieses Jahr wieder im oberen Drittel deutschlandweit einordnen können. Das muss auch das Ziel für uns sein. Die Ergebnisse gegen die reinen Mädchenmannschaften spiegeln das auch so wider. Viel wichtiger ist für uns aber, dass unsere B-Juniorinnen intensiven und hochklassigen Leistungsfußball spielen können. Die U17 ist der letzte Bereich, wo die Mädels gegen Gleichaltrige spielen und wo wir die Schritte gehen müssen, um die Spielerinnen in Richtung Leistungssport zu entwickeln. Wenn ich sehe, dass die ersten U17-Spielerinnen jetzt schon bei der U20 mittrainieren, dann sind wir auf einem guten Weg.

… zum Talentförderzentrum Wolfsburg:

Seit dem 1. Januar 2025 gehört die weibliche Nachwuchsabteilung zu einem der ersten DFB-Talentförderzentren (TFZw) Deutschlands. Was genau steckt dahinter?

Daniel: Die Idee dahinter ist, den jungen und talentierten Fußballerinnen in Deutschland bundesweit Möglichkeiten für eine möglichst gute fußballerische Ausbildung zu bieten. Darüber hinaus sorgen die vom DFB festgelegten Vorgaben und Standards für professionellere Strukturen in der gesamten Organisation und Administration.

Was hältst du davon, dass jetzt auch weibliche Leistungs- und Förderzentren in Deutschland entstehen? Was ist der Vorteil solcher Einrichtungen?

Daniel: Das ist ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung der Professionalisierung des Frauenfußballs. Von daher sehe ich das Ganze natürlich positiv und freue mich darauf und auf die neuen Aufgaben und Herausforderungen, die daraus entstehen. Der große Vorteil ist, dass es jetzt eine Vergleichbarkeit zwischen den verschiedenen Nachwuchsabteilungen gibt und dadurch auch der Qualitätsstandard angehoben wird. Als Elternteil, das vielleicht nicht so viel mit Leistungssport zu tun hat, kann man sich nun sicher sein, dass die Tochter bei einem vom DFB zertifizierten Nachwuchsverein angemessen gefördert und betreut wird.