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„Ich werde ständig auf den VfL angesprochen“

Meisterstürmer Grafite über alte und neue Champions-League-Freuden sowie die aktuelle Popularität der Wölfe in seiner Heimat.

Interview von VfL-Wolfsburg-Spieler Grafite.

Genau 16 Champions-League-Spiele hat der VfL bislang absolviert, mindestens sechs kommen in Kürze dazu. Die grün-weißen Anfänge auf der Bühne der Königsklasse verbindet man speziell mit Grafite, der nach einem persönlichen Prachtstart in der Gruppenphase 2009/2010 zur tragischen Figur werden sollte. Wie der 42-jährige VfL-Markenbotschafter jene Debütsaison erlebt hat, mit welchen Erwartungen er aktuell aus der Ferne mitfiebert und wie er das Interesse an den Grün-Weißen in Brasilien hochhält, das verrät der Bundesliga-Torschützenkönig von 2009, der seit drei Jahren mit seiner Familie in Rio de Janeiro lebt, im Kurzinterview.

Grafite, deine alte Mannschaft schuftet aktuell in der Saisonvorbereitung. Du hast 2018 deine Karriere beendet, verbringst also den dritten Sommer ohne diesen Drill. Hättest du das gerne zurück?

Grafite: Ein Stück weit fehlt mir der Fußball schon, muss ich gestehen. Allerdings weniger das Spiel selbst als diese einzelnen Momente drum herum: der Weg im Mannschaftsbus zum Hotel, der Nervenkitzel vor dem Anpfiff, die Gespräche hinterher in der Kabine. Das alles vermisse ich wirklich sehr. Die harten Einheiten vor der Saison wiederum nicht unbedingt (lächelt).

In Wolfsburg herrscht riesige Vorfreude auf die Champions League. Du warst eine prägende Figur der VfL-Mannschaft, die sich 2009 dort zum ersten Mal versucht hat. Bekommst du noch alle Gegner zusammen?

Grafite: Selbstverständlich! Manchester United, ZSKA Moskau und Besiktas Istanbul. Ich kann mich an jedes Spiel erinnern, in dem ich dabei war. Leider waren es nur vier, weil ich mich im Heimspiel gegen Besiktas habe provozieren lassen und vom Platz geflogen bin. Durch meine Sperre durfte ich erst wieder im letzten Spiel gegen Manchester mitmachen. Das haben wir durch drei Michael-Owen-Tore mit 1:3 verloren und waren somit leider draußen. Trotzdem war es eine riesige Erfahrung, gegen die Besten in Europa zu spielen. Und es ging dann ja noch in der Europa League weiter.

Auf jeden Fall freue ich mich sehr darauf, die Wölfe wieder in der Champions League zu sehen und drücke die Daumen, dass sie weit kommen.

Am intensivsten dürftest du dich wohl an das allererste Gruppenspiel gegen Moskau erinnern.

Grafite: Das war eines meiner schönsten Erlebnisse im Fußball überhaupt. Zum ersten Mal in der Champions League aufzulaufen, die Atmosphäre zu genießen und die Hymne zu hören, mit einem 3:1-Sieg zu starten. Und dann ist mir direkt auch noch ein Hattrick gelungen. Das war ein Traum.

Du lebst seit sechs Jahren wieder in deiner Heimat. Ist die Bundesliga in deinem Umfeld ein Thema?

Grafite: Oh ja, das kann man wohl sagen. Besonders seit viele Brasilianer in Deutschland gespielt haben wie Ze Roberto, Lucio, Elber, Marcelinho, Josue, Diego oder Ailton. In den letzten Jahren hat es vielleicht etwas abgenommen. Es spielen aktuell nicht mehr so viele Brasilianer in Deutschland, dazu spielen die Fernsehrechte natürlich eine wichtige Rolle. Früher gab es etliche Spiele am Wochenende im Free-TV zu sehen, dieses Angebot gibt es in der Form jetzt nicht mehr.

Wie populär ist der VfL Wolfsburg in Brasilien momentan? Kommt es vor, dass du nach den Wölfen gefragt wirst?

Grafite: Das ist nicht zu unterschätzen, der VfL ist hier wirklich sehr bekannt. Natürlich hat das viel mit 2009 zu tun, als Josue, Caiuby und ich in Wolfsburg gespielt haben. Die Meisterschaft und die Champions League haben damals eine Menge bewirkt. Aber auch Edin Dzeko ist jemand, der immer noch sehr populär ist und dessen Namen man auch mit Wolfsburg in Verbindung bringt. Von allen deutschen Vereinen hat Bayern München hier sicher die meisten Fans, aber die Wölfe kommen nicht weit dahinter. Und auf den VfL angesprochen werde ich ständig.

Wie genau sieht das dann aus?

Grafite: Durch meinen Job beim Fernsehen bin ich auch in den sozialen Medien sehr aktiv und poste regelmäßig über den VfL Wolfsburg. Und dann gibt es viel Resonanz. Wenn ich zum Beispiel wie neulich ein Bild vom VfL-Trikot veröffentliche, dann bekomme ich viele Anfragen von Leuten, die das auch haben möchten. Die Trikots kommen hier richtig gut an.

Nach eurer Premiere 2009 und der Real-Madrid-Saison 2015/2016 startet der VfL nun zum dritten Mal in der Königsklasse. Was erwartest du diesmal von den Wölfen?

Grafite: Das ist kaum zu beurteilen, solange man die Gruppe nicht kennt. Sicherlich gib es wieder sehr hochkarätige Gegner. Deshalb kann man sich natürlich nicht hinstellen und sagen: Wir wollen ins Finale. Aber mit der nötigen mentalen Stärke, die es braucht, um in der Bundesliga und der Champions League parallel zu bestehen, kann der VfL bestimmt eine gute Rolle spielen. Die Vorrunde zu überstehen, so viel kann man aus dem Stand schon sagen, wäre toll. Auf jeden Fall freue ich mich sehr darauf, die Wölfe wieder in der Champions League zu sehen und drücke die Daumen, dass sie weit kommen.