Akademie

Generationensache

Jonathan Akaegbobi im Interview: „Hat eine besondere Bedeutung für mich.“

Jonathan Akaegbobi, kurz Bobi, ist einer von vielen Youngsters, die sich regelmäßig im Training der VfL-Profis für eine Berücksichtigung im Bundesliga-Kader beweisen dürfen. Was für den 18-Jährigen noch „ungreifbar“ ist, wie herausfordernd die Anfangszeit bei den Wölfen war und wieso sein Zweitname eine besondere Bedeutung hat, erklärt er im Interview. 

Bobi, in der Länderspielpause sind zahlreiche Spieler der Wölfe und Jungwölfe mit ihren Nationalmannschaften unterwegs. Du stehst bei der deutschen U19 nur auf Abruf. Wie groß ist deine Enttäuschung darüber? 

Jonathan Akaegbobi: Ich war natürlich enttäuscht, habe die Nachricht aber schnell verdaut, weil ich gerade eine kleine Blessur auskuriert hatte. Außerdem habe ich so mehr Zeit, mich bei den Profis zu zeigen. 

Beim Testspiel gegen Hannover 96 standest du in der Startelf, hast in der sechsten Minute auch den ersten Treffer erzielt. Wie zufrieden warst du mit deiner Leistung? 

Bobi: Diese Partie war für meine Entwicklung ein wichtiger Schritt. Ich habe sehr viel gelernt, insbesondere was die Entscheidungsfindung und letzte Konsequenz vor dem gegnerischen Tor angeht. Dass ich dann auch noch den ersten Treffer für uns erzielt habe, macht den Moment noch bedeutsamer. 

Du bist seit geraumer Zeit ein fester Bestandteil des Trainings von Ralph Hasenhüttl. Wie schwer ist dir die Umstellung gefallen?

Bobi: Ich bin aktuell zum ersten Mal über einen längeren Zeitraum im Training der Profis dabei und muss sagen, dass das, was die Belastung und Intensität angeht, schon etwas ganz anderes ist. Besonders in der Anfangszeit hat es einige Tage gegeben, an denen ich nach dem Training erschöpft ins Bett gefallen bin. Ich war wirklich fertig. Mittlerweile habe ich mich aber an das Tempo gewöhnt.

Diese Partie war für meine Entwicklung ein wichtiger Schritt. Ich habe sehr viel gelernt, insbesondere was die Entscheidungsfindung und letzte Konsequenz vor dem gegnerischen Tor angeht.
Jonathan Akaegbobi über das Testspiel gegen Hannover 96

Inwieweit hat sich dein Alltag dadurch verändert? 

Bobi: Ich habe vor Kurzem mein Fachabitur mit dem Schwerpunkt Wirtschaft (Notendurchschnitt 2,3) abgeschlossen. Jetzt befinde ich mich in meinem letzten Jahr in der U19. Deshalb will ich mich voll und ganz auf den Fußball fokussieren. Danach werde ich ohnehin schauen müssen, was ich wie mache. Es gibt noch viele Fragezeichen. Durch das Training der Profis am Vormittag ist unter der Woche eine gewisse Struktur vorgegeben. Danach habe ich noch viel Raum für Kreativität. Ich bin noch auf der Suche nach etwas, wofür ich die Zeit produktiv nutzen kann.

Gibt es schon erste Überlegungen?

Bobi: Ich habe mich mit vielen Dingen beschäftigt, aber noch nichts gefunden, wofür ich mich so richtig begeistern kann. Aktuell setze ich mich aber gerne mal auf irgendeine Bank draußen und lese im Buch von David Goggins (Can’t Hurt Me) weiter. Seine Geschichte fasziniert mich. Wie er sich im Kopf gestärkt hat, um über Schmerzpunkte und Grenzen zu gehen. Dieses Mindset kann mir vielleicht auch helfen, im Training noch ein paar Prozent mehr herauszuholen.

Gegen den FC Bayern München standest du erstmals bei einem Heimspiel im Kader der Profis. Was war das für ein Gefühl?

Bobi: Es war völlig surreal: ein Trikot mit meiner Nummer und meinem Namen in der Kabine des VfL Wolfsburg. Mit jedem Blick wurde die Volkswagen Arena voller – und auf dem Platz siehst du Spieler, die du nur aus der Bundesliga-Konferenz oder von FIFA kennst. Erst am Abend habe ich so richtig realisiert, was da in den vergangenen Stunden eigentlich passiert ist… 

War daran schon zu denken, als du im Sommer vergangenen Jahres als 17-Jähriger von Dynamo Dresden an die VfL-Akademie gewechselt bist? 

Bobi: Nein, niemals. Ich bin hierher gewechselt, weil der VfL Wolfsburg ein größerer Verein mit einer gewissen Perspektive ist. Mein Ziel war es, so viel Spielzeit in der U19 zu sammeln wie nur möglich. Und dann ging alles so brutal schnell. Dass ich in meinem zweiten Jahr hier schon so etwas miterleben darf, ist ungreifbar.

Wo lebt deine Familie?

Bobi: Meine Mama, mein Papa und mein Bruder sind wegen Arbeit und Schule allesamt in Dresden geblieben. Ich sehe zu, dass ich sie zwei, drei Mal im Monat besuche. Das hängt natürlich stark vom Spielplan ab. Sie sind aber auch regelmäßig bei den Spielen in Wolfsburg dabei, unterstützen mich ohnehin auf jede erdenkliche Weise. Es ist schön zu wissen, dass man so einen Rückhalt hat.

Auf was freust du dich am meisten, wenn es in die Heimat geht? 

Bobi: Da gibt es nur eine Antwort: das Essen meiner Mama. Mein Lieblingsgericht von ihr ist Hühnchen mit Reis und Erdnusssauce. Das ist schon sehr stark. 

Wie steht es um deine Kochkünste?

Bobi: Die sind ausbaufähig (lacht). Ich wohne seit diesem Jahr allein in einer Ein-Zimmer-Wohnung und habe anfangs viel gekocht, auch um es zu lernen. Mit der Zeit war es mir aber zu teuer und aufwändig. Manchmal hat man auch einfach keine Lust. Da ist es schon sehr praktisch, dass es auf dem Trainingsgelände so gutes Essen gibt. 

Du besitzt neben der deutschen auch die nigerianische Staatsbürgerschaft. Von wem hast du die afrikanischen Wurzeln? 

Bobi: Die habe ich von meinem Papa. Ich war leider erst einmal in Nigeria, als ich sehr klein war. In den letzten Jahren haben wir uns mehrfach vorgenommen, dorthin zu fliegen, es hat aber durch die Vorbereitung und den Spielplan nie so richtig gepasst. Ich freue mich aber schon sehr darauf, in der nahen Zukunft meine Familie in Nigeria kennenzulernen und zu sehen, wie sie so leben.

Dein Zweitname Kenechi ist echt außergewöhnlich. Weißt du, wie deine Eltern darauf gekommen sind?

Bobi: Der Name wird seit vielen Generationen in unserer Familie weitergegeben. Es ist der erste Vorname meines Vaters – und er wiederum hat ihn von meinem Opa bekommen. Deshalb hat er eine besondere Bedeutung für mich.