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Fehlentscheidung – Ja oder Nein?

Kaminabend beim VfL Campus mit Dirk Schlemmer.

Dirk Schlemmer während seines Vortrags vor den Studierenden des VfL Campus.

Am vergangenen Freitag war es wieder Zeit für einen Kaminabend am VfL Campus. Rund 50 Studierende konnten interaktiv die Herausforderungen eines Videoschiedsrichters erleben. Denn der VfL Campus lud Dirk Schlemmer, Head of Football Services beim International Football Association Board (IFAB) und mitverantwortlich für die Umsetzung des Videobeweises im Weltfußball, als Referent zum Thema „Technische Hilfsmittel im Fußball – von der Torlinientechnik bis zum Videoschiedsrichter“ ein, der nicht nur einen spannenden Vortrag hielt, sondern auch die Studenten eifrig mitwirken ließ.

Entscheidungsträger

Der International Football Association Board war zuvor nur einigen Studierenden des VfL Campus ein Begriff. Das Gremium ist der Entscheidungsträger bei Regeländerungen im Weltfußball. „Wir dienen dem Fußball als unabhängiger Wächter der Spielregeln“, so Schlemmer, der nach einigen Jahren als Manager Projekte & Innovationen bei der DFL Deutsche Fußball Liga GmbH nun für den IFAB arbeitet. In vielen verschiedenen Wettbewerben – wie in der Bundesliga – wird bereits seit einiger Zeit auf den Video Assistant Referee (VAR) gesetzt. Schlemmer kümmert sich dabei nicht speziell um eine Liga, sondern ist weltweit sowohl für die Implementierung des VAR als auch für die alltägliche Unterstützung von Konföderationen, Verbänden und Ligen bei diesem Thema zuständig. Die Einführung des VAR stellt Wettbewerbsorganisatoren vor unterschiedlichste Herausforderung. Nicht nur die Schiedsrichter benötigen eine intensive Vorbereitung, sondern auch technologische, kommunikative, finanzielle und rechtliche Aspekte müssen beleuchtet und involviert werden. „Wir wollen Wettbewerbsorganisatoren daher bestmöglich bei der Einführung unterstützen und unsere Erfahrungen mit ihnen teilen.“

Transparenz

Für den IFAB und für ihn persönlich ist es unterdessen wichtig, den Erwartungen gerecht zu werden. „Wir wollen den Fussball weiter gerechter und fairer machen und ihn dennoch in seiner ursprünglichen Form bewahren.“ Manchmal löst der VAR noch Konfusionen aus. Nicht selten stellt sich die Frage, warum ähnliche Spielsituationen des Öfteren unterschiedlich bewertet werden. „Der Schiedsrichter auf dem Platz muss seine eigene Entscheidung treffen. Viele der getroffenen Entscheidungen sind subjektiv und werden von Offiziellen verschieden wahrgenommen und bewertet. Deshalb hat er die Möglichkeit, die Szene noch einmal auf einem Bildschirm am Spielfeldrand anzusehen. Der Videoschiedsrichter soll nur dann eingreifen, wenn eine klare und offensichtliche Fehlentscheidung in einer spielentscheidenden Spielsituation vorliegt: Bei Toren, Elfmetern, Roten Karten oder wenn ein falscher Spieler des gleichen Teams eine Gelbe oder Rote Karte bekommt.“ Auch auf die Frage eines Studenten, warum der VAR bei einer Gelb-Roten Karte nicht eingreift, hatte Schlemmer eine Antwort: „Würde man die zweite gelbe Karte überprüfen müsste man die Erste auch überprüfen. Wenn man die erste gelbe Karte überprüft müsste man jedes Foul überprüfen – dies würde folglich zahlreiche Unterbrechungen nach sich ziehen und den Spielfluss zu sehr stören.“

Fußball fairer machen

Traditionell bestand der Kaminabend nicht nur aus theoretischem Fachwissen. Denn am Ende wurden die Studierenden selbst als Videoschiedsrichter aktiv. Schlemmer führte ihnen kurze Videos vor und versetzte sie dadurch in die Position, selbst zu erleben, wie schwer es in Wirklichkeit ist, Situationen in wenigen Sekunden schnell und richtig zu bewerten. Die daraus entstandene lebhafte Diskussion verdeutlichte, dass die Aufgabe komplizierter als zunächst noch angenommen war. Im Anschluss an den Vortrag nutzten einige Studenten die Gelegenheit, sich tiefergehend mit dem Fachmann auszutauschen. Da das Thema VAR auch für die Abschlussarbeit in Erwägung gezogen werden könnte, konnte mit Schlemmer direkt vor Ort ein Experte befragt werden.