Frauen

„Habe noch sehr ambitionierte Ziele“

Svenja Huth über 299 Spiele in der Frauen-Bundesliga – und die Vorfreude auf etliche weitere.

Die Spielerin Svenja Huth des VfL Wolfsburg beim Training.

Wenn die VfL-Frauen am kommenden Freitag (3. Mai, Anstoß ist um 18.30 Uhr) den 1. FC Köln zum 20. Spieltag der Google Pixel Frauen-Bundesliga empfangen, dann könnte es für eine Wölfin ein ganz besonderes Jubiläum werden: Svenja Huth steht vor ihrer 300. Liga-Partie, 299 bestritt sie bislang für den VfL, Turbine Potsdam und den 1. FFC Frankfurt. Schon jetzt gibt es nur etwas mehr als eine Handvoll Spielerinnen, die auf genauso viele oder mehr Begegnungen kommen. Vor ihrem möglichen Jubiläum hat die VfL-Kapitänin über ihre Anfänge in der Bundesliga, Veränderungen auf und neben dem Platz und ihre Ziele für das kommende Jahr gesprochen. Denn: In Wolfsburg fühlt sich die Mittelfeldspielerin nach wie vor sehr wohl, ihren Vertrag bei den Wölfinnen hat sie erst vor wenigen Wochen um ein Jahr verlängert.

Svenja Huth, das Spiel gegen Köln könnte die insgesamt 300. Bundesliga-Partie in deiner Karriere werden. War dir bewusst, dass dieses Jubiläum jetzt ansteht?

Svenja: Wir haben irgendwann mal darüber gesprochen, dass es bald so weit sein könnte. Dass es das Spiel gegen Köln werden könnte, war mir aber nicht so bewusst. Dass es zusätzlich noch ein Heimspiel ist, ist natürlich sehr schön.

Kannst du dich noch an dein allererstes Bundesliga-Spiel am 2. Dezember 2007 erinnern? 

Svenja: Ja, wir haben mit dem 1. FFC Frankfurt in Saarbrücken gespielt. Ich bin zur Halbzeit eingewechselt worden, weil Kerstin Garefrekes sich verletzt hat. Für mich ging natürlich ein Traum in Erfüllung. Den hatte ich, seitdem ich als kleines Mädel mit dem Fußballspielen angefangen habe. Das Bundesligadebüt neben solchen großen namhaften Spielerinnen zu schaffen, das war ein sehr, sehr schönes Gefühl und hat Lust auf mehr gemacht.

Die erste Saison war direkt ein Erfolg, ihr habt das Double geholt. Wie war das für dich?

Svenja: Ich habe da schon gemerkt, dass man sehr viel investieren muss, um am Ende einen Pokal in die Höhe stemmen zu können. Ich konnte außerdem nicht nur im ersten Jahr, sondern auch danach viel von den erfahreneren Spielerinnen lernen und mitnehmen. Deshalb war es eine unglaublich prägende, schöne und erfolgreiche Zeit, an die ich gerne zurückdenke.

Klar ist, die Liga hat sich in den vergangenen Jahren sehr gewandelt. Was sind aus deiner Sicht die größten Veränderungen?

Svenja: Einmal natürlich, dass Vereine, auch Vereine mit Männer-Lizenzmannschaften im Rücken, mittlerweile viel mehr das Potenzial im Frauenfußball sehen und hinsichtlich der Professionalisierung und infrastrukturell große Schritte nach vorne gemacht haben. Die Spielerinnen haben mittlerweile viel mehr Möglichkeiten als vor einigen Jahren. Ich wünsche mir, dass dieser Weg genauso fortgesetzt wird, um den Wettbewerb noch enger und ausgeglichener zu gestalten. Aber ich denke auch, dass das Spiel an sich und die Spielerinnen viel athletischer, schneller und dynamischer geworden sind. Das ist eine Entwicklung, die überall stattgefunden hat. Egal, ob es im Weltfußball, im europäischen Fußball oder in Deutschland innerhalb der Liga ist. Ich bin froh, dass ich das miterleben durfte und darf.

Wenn du zurückblickst: Wie waren in deiner Anfangszeit die Bedingungen in der Kabine und auf den Plätzen und wie sind sie heute? Wahrscheinlich ist das kaum zu vergleichen, oder?

Svenja: Nein und vor allen Dingen in Wolfsburg nicht, weil der VfL da ein Vorreiter ist. Als ich damals in Frankfurt angefangen habe, waren die Bedingungen dort lange nicht so professionell, obwohl der Verein so erfolgreich war. Wir mussten im Winter teilweise in ganz Frankfurt rumfahren, um zu trainieren, weil die Plätze städtisch gesperrt waren. Wir hatten dementsprechend keine feste Kabine. 2015 bin ich nach Potsdam gegangen. Turbine war infrastrukturell von der Kabine her schon supergut aufgestellt. Über die Trainingsplätze konnte man streiten, weil die nicht optimal waren und die natürlich letztlich eigentlich am wichtigsten sind. Mit dem Wechsel nach Wolfsburg hatte ich dann den Schritt hin zu wirklich tollen Bedingungen. Aber auch wenn man die hat, muss man weiter Augen und Ohren offenhalten und gucken, was im europäischen Frauenfußball gerade das Maß aller Dinge ist. Um nicht Gefahr zu laufen, den Anschluss irgendwann zu verlieren. Grundsätzlich sind wir hier aber sehr gut aufgestellt. Es ist ein tolles, professionelles und auch familiäres Umfeld. Deswegen fühle ich mich so wohl hier.

Das ist schön zu hören. Du hast erst kürzlich deinen Vertrag hier um ein Jahr verlängert. Was hast du dir für die Zeit vorgenommen?

Svenja: Ich habe noch sehr ambitionierte Ziele – so wie der VfL insgesamt. Wir wollen in dieser Saison den Pokal gewinnen und auch im nächsten Jahr wieder eine erfolgreiche Saison spielen. Und das bedeutet, dass man am Ende etwas Zählbares in den Händen hat. Solange, bis ich meine Schuhe an den Nagel hänge, möchte ich gerne ehrgeizig und ambitioniert spielen. Von daher wird es nach der Sommerpause mit vollem Tatendrang in die neue Saison gehen. Es werden uns wieder Spielerinnen verlassen, es werden neue Spielerinnen kommen, wir werden uns als Team neu einschweißen. Aber wie wir schon vor drei Jahren gezeigt haben, kann so ein Umbruch auch wieder neue Chancen bringen und man kann sich so richtig in den Flow spielen. Da will ich weiter meinen Teil dazu beitragen. Ich habe es eben schon gesagt: Ich fühle mich sportlich und privat sehr wohl, deswegen möchte ich mindestens noch ein weiteres Jahr hierbleiben und meine Ziele erreichen.

Es gibt nur sehr wenige Spielerinnen mit ähnlich vielen Partien wie du. Natürlich gehört etwas Glück mit dazu. Hast du trotzdem ein Geheimrezept, wie man es schafft, so viel Spielzeit zu sammeln und weiter Spaß daran zu haben?

Svenja: Ich glaube, es ist fast mit das Wichtigste, dass man sich noch gut fühlt und Spaß hat. Ich habe durch meinen Kreuzbandriss 2013 auch eine schwere Verletzung hinter mir. Rückblickend muss ich sagen, dass ich daraus für mich viel Positives gezogen habe, weil sie ein Wendepunkt war. Bis dahin habe ich nebenbei noch gearbeitet. Zu dem Zeitpunkt habe ich beides nicht mehr 100-prozentig unter einen Hut bekommen, war vielleicht auch müde und dann ist diese Verletzung passiert. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, dass ich meinen Weg im Fußball weitergehen möchte, deshalb habe ich alles auf diese Karte gesetzt. Ich glaube außerdem, dass ich mich sehr professionell verhalte, um körperlich topfit zu sein. Mit meiner Familie habe ich einen guten Ausgleich, um immer wieder neue Kraft zu tanken. Die Profi-Karriere geht nur über eine begrenzte Zeit. Die möchte ich so lange, wie es geht, nutzen und genießen.

Trotz des Fokusses auf den Fußball hast du während deiner Karriere ein Sportmanagement-Studium abgeschlossen. Machst du momentan etwas „nebenbei“?

Svenja: Ich mache gerade Weiterbildungen im Finanzbereich. Ich glaube, es tut ganz gut, zwischendurch den Fußball Fußball sein zu lassen und nicht nur daran zu denken, sondern auch an andere Themen – beruflich und in der Freizeit. Das hilft dabei, den Kopf freizubekommen.

Du bist auf Social Media sehr aktiv und teilst, was dich beruflich und privat bewegt. Warum ist dir das wichtig?

Svenja: Ich glaube, es wäre naiv und blauäugig, wenn ich mich nicht zumindest ein bisschen darauf vorbereiten würde, was mir irgendwann nach dem Fußball liegen oder zu mir passen könnte. Mir ist es aber auch wichtig, gewisse Themen, die mich beschäftigen, anzusprechen. Einmal, weil ich das Gefühl habe, dass sie die Menschen interessieren. Aber auch, weil ich denke, dass es wichtig ist, manche Dinge nach außen zu tragen, um Prozesse anzustoßen und einen Mehrwert zu schaffen. Von daher glaube ich, dass ich eine ganz gute Mischung habe. Dass mein klarer Fokus auf dem Fußball liegt, ich aber auch immer wieder gucke, wo ich vielleicht das eine oder andere bewegen kann.