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Wartezeit beendet

Im Interview: Kilian Fischer über Herz und harte Arbeit.

VfL-Wolfsburg-Spieler Kilian Fischer im Laufduell mit Xavi von RB Leipzig während der Partie in Leipzig.

Geduld ist eine Tugend, die Kilian Fischer gemeistert hat. 238 Tage musste der gebürtige Franke auf seinen ersten Startelfeinsatz in der laufenden Bundesliga-Saison warten. Dabei hat er sein Lächeln nicht verloren. Im Interview spricht der 23-Jährige über den Lohn harter Arbeit, Gespräche in aller Welt und eine Herzensangelegenheit.

Kilian Fischer, du warst bei der Niederlage in Leipzig einer der besten Wolfsburger auf dem Platz. Wie zufrieden bist du mit deiner Leistung? 

Kilian Fischer: Man muss die Situation differenziert betrachten. Einerseits ist man enttäuscht vom Ergebnis, andererseits war es ein unfassbares Gefühl, nach so langer Zeit wieder auf dem Platz zu stehen. Ich bin froh, dass ich die Chance bekommen und auch ein relativ ordentliches Spiel abgeliefert habe.

Das hat auch Ralph Hasenhüttl so gesehen, der im Nachgang meinte: „Kilian ist ein Spieler, auf den du dich verlassen kannst, der alles hereinwirft.“ Wie groß ist die Freude über so ein individuelles Lob?

Kilian: Ich habe mich extrem gefreut, jeder Mensch wird gerne gelobt. Besonders freut es mich, dass der Trainer in so kurzer Zeit erkannt hat, wofür ich stehe und was mich auszeichnet.

In einem früheren Interview hast du dich mal als „Gute-Laune-Bär“ bezeichnet. Ist die Stimmung nach deinem Startelfdebüt in dieser Saison noch besser?

Kilian: So ein positives Ereignis beflügelt einen und dann macht man mal einen lockeren Spruch mehr als sonst. Es gibt grundsätzlich Phasen, in denen man mal besser und mal schlechter gelaunt ist. Ich würde aber sagen, dass ich immer ein ganz gutes Level habe.

Wie frustrierend ist das eigentlich, wenn man so viel investiert und trotzdem zumeist unter dem Radar fliegt?

Kilian: Die größte Herausforderung ist es, sich immer wieder aufs Neue zu motivieren. Als Fußballprofi möchte man so viel spielen wie möglich – und dafür haut man sich Woche für Woche im Training rein. Wenn dabei wenig herausspringt, versetzt das einem natürlich einen Dämpfer.

Auf der rechten Seite haben bislang oft Joakim Maehle und Ridle Baku den Vorzug erhalten. Beim 1. FC Nürnberg warst du in einer vergleichbaren Situation. Wie bist du damit umgegangen?

Kilian: In Nürnberg war es extrem, weil ich als junger Spieler gekommen bin und auf meiner Position der Kapitän Enrico Valentini gespielt hat. Es hat bis zum Anfang der Rückrunde gedauert und eine Krankheit gebraucht, bis ich das erste Mal in der Startelf stand. Daher kenne ich diese Situation und bin vielleicht auch ein Stück weit geduldiger als andere. Ich weiß, wie schnell sich die Dinge im Fußball verändern können. Wichtig ist, dass man bereit ist, wenn sich irgendwann eine Chance auftut.

Du hast dich bereits zu deiner Zeit in Nürnberg für soziale Projekte eingesetzt, bist in Wolfsburg inzwischen Pate der Kinderklinik. Woher kommt dein Antrieb dafür?

Kilian: Es klingt vielleicht etwas abgedroschen, aber ich finde es einfach schön, etwas zurückzugeben. Man kann den Menschen mit einem vergleichbar kleinen Aufwand eine riesige Freude bereiten. Und spätestens, wenn ich die strahlenden Kinderaugen sehe, hat sich das mehr als gelohnt.

Vor deinem Wechsel zum „Club“ standest du bei Türkgücü München unter Vertrag, ausgebildet wurdest du im Nachwuchs von 1860 München. Wolfsburg ist deine erste Station außerhalb von Bayern. Was vermisst du am Süden?

Kilian: München und Bayern sind meine Heimat und haben mit den ganzen Seen und Bergen einen hohen Freizeitwert. Mit der Zeit habe ich aber festgestellt, dass Wolfsburg und Umgebung auch so einiges zu bieten haben. Ich werde von meinen Freunden gelegentlich als Rentner bezeichnet, weil ich gerne mal zuhause bin, früh ins Bett gehe und die Ruhe genieße. Auch für unseren Windhund Ella ist es hier super; zwei Schritte und wir stehen auf dem Feld.

Die Brisanz dieser Partie ist jedem Beteiligten bewusst. Wir liegen in der Tabelle so eng beieinander, deshalb ist das ein klassisches Sechs-Punkte-Spiel. Mit einem Sieg können wir uns ordentlich Luft verschaffen. Wir werden alles reinhauen. Es wird ein heißer Fight.
Kilian Fischer

Stefan Reuter, Leon Klassen und Noel Niemann, deine Fußballkumpels aus Münchner Zeit, sind mittlerweile in aller Welt verstreut. Wie bleibt ihr in Kontakt?

Kilian: Die Zeiten haben sich geändert. Früher haben wir uns jeden Tag gesehen, aktuell sind es nur ein-, zweimal im Jahr. Es ist gar nicht so leicht zu erfahren, was bei den anderen abgeht. Der eine ist in Los Angeles, die anderen sind in Moskau und Osnabrück. Wir werden uns aber nie so richtig aus den Augen verlieren, wir facetimen regelmäßig. Es ist auch schon lange ein gemeinsamer Urlaub geplant, aber der hat es noch nicht aus der Whatsapp-Gruppe geschafft… (lacht)

Eine deiner großen Leidenschaften ist Kaffee. Was macht die Karriere als Barista?

Kilian: Mein Bruder und ich haben oft davon geträumt, eines Tages ein italienisches Restaurant zu eröffnen. Ich würde mich dann dafür einsetzen, dass es auch ein schönes Cafe darin gibt.

Welche Figuren würdest du den Gästen in ihren Cappuccino zaubern?

Kilian: Ich trinke für gewöhnlich einen doppelten Espresso, deswegen fehlt mir die regelmäßige Übung und mein Repertoire ist begrenzt. Ein Herz sollte ich aber noch hinbekommen.

Lass uns zum Abschluss noch kurz über das kommende Heimspiel gegen Bochum sprechen. Was erwartest du vom VfL-Duell?

Kilian: Die Brisanz dieser Partie ist jedem Beteiligten bewusst. Wir liegen in der Tabelle so eng beieinander, deshalb ist das ein klassisches Sechs-Punkte-Spiel. Mit einem Sieg können wir uns ordentlich Luft verschaffen. Wir werden alles reinhauen. Es wird ein heißer Fight.

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