Frauen

„Zweiter waren wir schon“

Silbermedaillen-Gewinnerin Rebecka Blomqvist über Frust und Freude bei Olympia.

Es war nicht gerade ein erholsamer, dafür ein ereignisreicher Sommer für Rebecka Blomqvist. Die 24-jährige Schwedin, die im letzten Dezember zu den VfL-Frauen gewechselt war, zählte zum Kader der schwedischen Nationalmannschaft, die bei den Olympischen Spielen in Japan die Silbermedaille gewann. Oder Gold verpasste? In einem an Dramatik kaum zu überbietenden Finale gegen Kanada, das im Elfmeterschießen entschieden wurde und in dem Ex-Wölfin Hedvig Lindahl zwei Mal parierte, hatte Alt-Star Caroline Seger den Olympiasieg auf dem Fuß – doch die Kapitänin zielte deutlich drüber. Wenige Minuten setzte sich Kanada, im Halbfinale Überraschungssieger gegen die USA, zum ersten Mal die olympische Krone auf, während Schweden – wie fünf Jahre zuvor in Rio – Silber blieb. Blomqvist kam im Turnierverlauf nur im Gruppenspiel gegen Neuseeland zum Einsatz, erlebte das kollektive Nervenflattern ihrer Teamkolleginnen in den entscheidenden Minuten von Yokohama also von der Bank aus. Im Interview erzählt die Offensivspielerin über ihre Reise mit den Schwedinnen und die Rückkehr zum VfL Wolfsburg, mit dem sie in den kommenden Monaten einiges vorhat. 

Rebecka Blomqvist, der Olympiasieg war zum Greifen nah, als eure Kapitänin zum Elfmeter antrat. Wie hoch war dein Puls in diesen Sekunden und was ging in dir vor, als Seger den Ball über die Latte schoss?

Rebecka Blomqvist: Ein Elfmeterschießen ist schon kein Vergnügen, wenn man dabei ist – aber von außen ist es nochmal schlimmer. Ich war unglaublich nervös. Wir alle haben daran geglaubt, dass wir es schaffen und wir haben es Caroline Seger so sehr gewünscht, dass sie ihre Karriere mit diesem einen verwandelten Schuss krönen kann. Und genauso traurig waren wir, als sie den Ball drüber geschossen hat. Natürlich ist eine Silbermedaille auch ein toller Erfolg. Aber Zweiter waren wir eben schon mal – und nun wollten wir Olympiasieger werden.

Konntest du dich bei der Siegerehrung schon über die Silbermedaille freuen?

Rebecka: Nein, nicht in diesem Moment. Wie eben schon gesagt: Ich möchte nicht behaupten, dass es kein großer Erfolg ist, bei Olympia eine Silbermedaille zu gewinnen. Wir wussten aber, dass wir eine große Chance auf Gold hatten. Wir waren ein starkes Team in diesem Turnier. Und wir werden wohl für alle Zeiten daran denken, dass wir es eben nicht zu Ende gebracht haben.

Ihr habt ein starkes Turnier gespielt, vor allem der 3:0-Erfolg gegen die USA zum Auftakt war ein dickes Ausrufezeichen. Was war das Erfolgsrezept eures Teams?

Rebecka: Es war ein langer Prozess, bis wir dieses Niveau erreicht haben. Wir haben in jeder Trainingseinheit hart gearbeitet, immer mit dem Ziel, auch die kleinsten Details noch zu verbessern. Dazu herrschte ein harter Konkurrenzkampf, der uns als Team weitergebracht hat.

Der Frauenfußball hat traditionell einen hohen Stellenwert in Schweden. Habt ihr in Japan mitbekommen, dass euer ganzes Land mitgefiebert hat?

Rebecka: Wir haben tatsächlich viele positive und motivierende Botschaften aus Schweden erhalten. Man hat schon gemerkt, dass man in der Heimat stolz auf uns war. Und toll fand ich, dass das auch nach dem Finale nicht anders war. Auch da gab es nur aufmunternde Botschaften.

Es waren besondere Spiele, die im Zeichen strenger Hygienemaßnahme standen. Hast du dennoch den olympischen Geist gespürt? Oder war es eher ein normales Turnier?

Rebecka: Es waren ja meine ersten Olympischen Spiele. Meine Teamkolleginnen, die 2016 schon dabei waren, haben gesagt, dass es in Japan anders war. Wir hatten aber das Privileg, insgesamt drei Mal im Olympischen Dorf untergebracht zu sein – für die ersten beiden Gruppenspiele, dann zum Viertelfinale und schließlich für das Finale. Und da spürt man schon etwas vom olympischen Geist. Auch wenn alle Masken trugen und man die anderen Sportler teils gar nicht erkannte, kam man hier und da ins Gespräch. Und es war sehr beliebt, Pins zu tauschen.

Nach der Rückkehr aus Japan blieben nicht viele freien Tage bis zum Start des Trainingslagers. Wie war es für dich, zum VfL zurückzukehren und gleich auf so viele neue Gesichter zu treffen?

Rebecka: Es war ein tolles Gefühl. Ich hatte mich ebenso auf meine Mitspielerinnen gefreut, die ich schon kannte, wie auf die Neuzugänge und natürlich auch auf das neue Trainerteam. Und die Neuen sind alle sehr nett, sodass der erste Eindruck von der neuen Mannschaft insgesamt sehr positiv war.
 

Im Testspiel gegen Bremen hast du elf Minuten nach deiner Einwechselung das 7:3 erzielt. Kein allzu schlechter Einstand, oder?

Rebecka: Ja, das stimmt. Ich habe mich einfach gefreut, Spielzeit zu bekommen und zum ersten Mal auch mit den neuen Mitspielerinnen auf dem Feld zu stehen. Jede Minute ist wichtig, um wieder reinzukommen.

Du kamst seit deinem Wechsel zum VfL Wolfsburg in der Winterpause auf 15 Pflichtspiel-Einsätze, hast dabei fünf Treffer erzielt. Was sind deine persönlichen Ziele in der Saison 2021/2022?

Rebecka: Natürlich möchte ich auch in der kommenden Saison so viel wie möglich spielen und auch Tore erzielen, auch wenn vieles neu ist und wir uns als Team erst noch finden müssen. Aber wir haben ja viele Spiele, sodass wir alle auf unsere Einsätze kommen werden. Ich freue mich jedenfalls sehr, dass es bald wieder losgeht.

Zum Schluss noch eine Prognose: Champions League, Meisterschaft, DFB-Pokal – wie viele und welche Titel gewinnst du mit den Wölfinnen in der kommenden Saison?

Rebecka: In meinen ersten sechs Monaten beim VfL habe ich schnell gemerkt, dass ich bei einem Klub bin, der immer gewinnen will. Und ich bin überzeugt davon, dass wir mit diesem Kader auch wieder sehr weit in allen drei Wettbewerben kommen können. Unsere Saisonziele haben wir als Mannschaft noch nicht definiert, daher kann ich auch nichts Offizielles dazu sagen. Aber wenn ich für mich spreche: Ich möchte am liebsten alles gewinnen!

Sommerfahrplan der Wölfinnen